Eine konzertierte Leithetze

Die Hetzkampagnen der Herrschenden

von Alexander Wallasch (Kommentare: 9)

Die Correctiv-Affäre nutzt vor allem auf Martin Sellner – Aber schadet sie der AfD?© Quelle: Pixabay / Designundfotoart

Vor drei Tagen veröffentlichte Correctiv.org einen Artikel mit dem Titel „Geheimplan gegen Deutschland“. Befindet sich der polit-mediale Komplex an einem Kipppunkt? Wie schwer getroffen ist der Elefant, nach welcher Seite wird er umkippen und wen dabei erdrücken?


Das sind die spannenden Fragen dieser Tage. Misst man den Erfolg der Hetzkampagnen gegen den politischen Mitbewerber am Absatz der Müllermilchflaschen, der gerade durch die Decke geht, dann erreichen die Kampagnen der – Achtung, ein Kampfbegriff der Linken – herrschenden Klasse zuverlässig das Gegenteil dessen, was beabsichtigt schien.

Was Müllermilch angeht, war es ein Treffen des Seniors des Unternehmens irgendwo am Mittelmeer mit Alice Weidel, die im blütenweißen Hemd mit elegant schlichtem Strohhut auf einer Außenterrasse heimlich fotografiert wurde. Für Müller war das auch ohne Spenden an die AfD eine lukrative Entscheidung, seine Produkte sollen sich seitdem besser verkaufen, berichten verschiedene Medien, und die linken Milchbärte schäumen.

Zu zwei prominent vergleichbaren Fällen, der Fährsituation mit Habeck und einem privaten Treffen von AfD-Politikern und anderen mit dem Gründer der Identitären Bewegung, Martin Sellner, gleich mehr. Beide Fälle waren von Politik und Medien ebenfalls als Kampagne angelegt. Der Bauernprotest gehört ebenfalls dazu.

Wie entstehen solche Hetzkampagnen gegen die Opposition, gibt es Auftraggeber? Hier ist die einfachere Erklärung häufig die wahrscheinlichere: So attraktiv es für Krimi-Fans auch sein mag und so sehr es die Corona-Inszenierung nahegelegt haben mag: Es gibt mutmaßlich keinen Masterplan „Geheimtreffen“, keine Nazi-Verschwörung unter Landwirten oder etwa einen Masterplan „Fährstürmung“. Alles zu mühevoll!

Viel naheliegender ist doch, dass solche Ereignisse im Moment ihres Entstehens aufgegriffen und als Waffe gegen den politischen Gegner umgedeutet werden. Hier kann es dann durchaus passieren, dass Politik, Medien und Dienste an einem Strang ziehen. Aber sie machen es weniger am Kartentisch und ihrerseits bei Geheimtreffen, es funktioniert – jedenfalls der Systematik nach – wie bei IS-Terroristen, deren autonome Zellen überhaupt keine Briefings oder Schulungen mehr brauchen, man weiß von alleine, was zu tun ist.

Interessant ist jetzt, dass diese Front aus Selbstverständnis zunehmend aufbricht. Nur schlichtere Gemüter unter den Medienvertretern halten der Fahne der grünen Ideologie mit all ihren Verwerfungen noch die Stange: Ein als Rechtsextremismusexperte durch die öffentlich-rechtliche Medienlandschaft tingelnder Olaf Sundermeyer etwa hetzt unermüdlich weiter gegen jede oppositionelle Bewegung, ganz gleich, ob dass die AfD, die Corona-Maßnahmenkritiker oder jetzt die Bauern sind. Die Glaubwürdigkeit geht hier gegen null, aber seine Auftritte werden weiter bezahlt. Es gibt demnach im Sender Köpfe, die meinen, dass diese Hetzauftritte Sundermeyers auf welche Weise auch immer die herrschende Klasse stützen, also wird der „Experte“ eben weiter eingeladen. Eine Fehleinschätzung?

Am Beispiel des so genannten „Geheimtreffens“ kam es in den Folgetagen noch einmal zu einer eruptiven Entladung in den Medien, die Kommentarflut überstieg vorhergehende noch einmal, die Erregungskurve und das „Nazi“-Geschrei waren überlaut aber eben auch auf bemerkenswerte Weise schrill und fast komisch.

Die spannende Frage, die sich hier stellt: Wer wird davon noch erreicht? Lohnt sich der Aufwand solcher Kampagnen noch, woher nehmen die einzelnen Medien- und Politikvertreter noch die Energie, hier einer imaginären Leithetze zu folgen? Was ist der Lohn?

Tatsächlich wäre es überheblich, anzusagen, dass niemand mehr auf diese machtkontaminierten Multiplikatoren hören würde. Wer außerhalb seiner Blase mit Nachbarn, Bekannten oder Unbekannten spricht, der trifft hier zwar nicht mehr 1:1 auf diese Hetze, dem schlägt aber noch oft genug ein weitverbreitetes Unbehagen entgegen: Ja, man weiß ja, dass das vielfach ganz schön verhetzt ist, aber ...

Tatsächlich scheint diese kleine unscheinbare „aber“ nach wie vor der Lohn zu sein, auf den die Hetzer hoffen. Und hoffen dürfen. Denn die Redewendung, dass immer etwas hängen bleibt, ist zwar besonders abgegriffen, aber sie bleibt dennoch wahr.

Berufsideologen wie die grüne Katrin Göring-Eckardt verstehen es auf besondere Weise, ihrer Hetze zusätzlich einen religiösen Anstrich zu geben. Immer geht es um die Rettung vor dem ultimativen Bösen, die Rede ist von der Verteidigung der Demokratie – dabei klingt das wie ein Aufruf zu einem Endkampf – aber es wird immer deutlicher, dass es hier um einen antidemokratischen Kampf allein um den Erhalt von Herrschaft geht.

Das muss im Übrigen gar nicht monetär hinterlegt sein, hier wird auch um Deutungshoheit gekämpft. Diese schrille Hysterie im Auftritt liegt auch darin begründet, dass man sich am Ende diese Marsches durch die Institutionen schon auf dem Siegertreppchen sah, sich jetzt aber wieder jenen konservativen Kräften gegenübersieht, die man schon besiegt glaubte. Nun fehlt die Kraft, es fehlt – und genau so kann man es ausdrücken – diesen an Herrschaft gewöhnten grünideologischen Eliten die Ausdauer und die Lust zur Demokratie.

Demokratie aber bedeutet Streit und Auseinandersetzung, derer man jetzt müde geworden ist. Das tragische Häuflein Elend, dass bei seiner Verabschiedung aus dem Bundestag im grünen Jürgen Trittin zu beobachten ist, bildet diese Müdigkeit auf perfekte Weise ab.

Die Absage an die Demokratie wird ganz offen ausgetragen. Wer sich etwa Gespräche zwischen den ideologischen Vordenkern dieser neuen antideutschen Antidemokratie, dem taz-Redakteur Peter Unfried und Minister Robert Habeck, anhört, der kann nicht anders, als diesen Protagonisten hier totalitäre Geständnisse aus dem Herzen der Finsternis zu bescheinigen. Dann jedenfalls, wenn man die religiös aufgeladene Sprache von Göring-Eckardt verwendet.

Diese Analyse kann man jetzt endlos so weiterführen, an Beispielen mangelt es nicht. Stattdessen kann man sich aber einen Moment noch mit diesem „Geheimtreffen“ befassen und was es daran möglicherweise jenseits der Hetze tatsächlich zu kritisieren gab.

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Denn auch das ist ja ein besonderer Effekt: Eine interne Auseinandersetzung oder Kritik im konservativen Lager fällt praktisch flach, weil jetzt alle Strömungen geeint sind in der Empörung über so eine Hetzkampagne. Ganz wertfrei ausgesprochen: So eine Empörung nutzt und stärkt vor allem den Neuen Rechten und Rechten innerhalb dieser Blase die Rücken.

Es soll nicht automatisch ein Organigramm des Schreckens oder der Freude sein. Es soll nicht mehr sein, als die notwendige nüchterne Einschätzung, wer in dieser größer werdenden Blase mit wem agiert: Im Zentrum steht hier zweifellos Götz Kubitschek mit seinem „Antaios-Verlag“ und dem „Institut für Staatspolitik“ (IfS) und weiteren von ihm als „neurechte“ bezeichneten Projekten.

Kubitschek kommt ursprünglich aus der Schmiede von Dieter Stein, er war lange wichtiger Autor für den Gründer der Zeitung „Jungen Freiheit“. Auch die Gründung des IfS ist dort beheimatet. Und Kubitschek – und wir fassen das weiter vollkommen wertfrei zusammen – ist enger Intimus und Mentor einer Reihe von relevanten Protagonisten in der rechten politischen Szene, von einflussreichen Personen, die sich selbst wohl eher als rechts als denn konservativ bezeichnen würden, deshalb soll es hier auch so sein.

Da ist zunächst der mit seinem bei Kubitschek erschienenen Buch zur Remigration (Abschiebungen) im Zentrum der Correctiv-Affäre stehende Martin Sellner.

Auch der Thüringer AfD-Chef Björn Höcke zählt zu den besonders engen Freunden Kubitscheks und der AfD-Spitzenkandidat Maximilian Krah bekennt offen im Youtube-Gespräch mit dem Ehepaar Kubitschek/Kositza, dass er ohne Kubitschek nicht dort stände, wo er heute steht.

Auch hier ließen sich diese Organigramme noch ewig weiter spinnen, aber darum geht es nicht. Hiermit soll lediglich erkennbar sein, wer einen Nutzen daraus zieht, wenn die Hetzkampagnen der Herrschenden dafür sorgen, dass die konservative und die rechte Opposition hier in ihrer Empörung so zusammengerückt werden.

Der Nuis-Autor Felix Perrefort hatte sich zuletzt in einem bemerkenswerten Thread auf X so geäußert:

„Die Neue Rechte spricht mich nicht an. Wo sie einen ethno-kulturellen Volksbegriff ins Zentrum rückt, gehe ich von bürgerlicher Gesellschaft aus. Bei den heutigen „Demokraten“ weiß man allerdings nicht einmal, woran man ist, auf was sie sich berufen. „Demokratie“ und „Vielfalt“ sind als gesellschaftlicher Rahmen zu diffus. Ihre Orientierungslosigkeit ist gefährlich.“

Auch Perrefort hatte also explizit wahrgenommen, dass die hetzerischen Angriffe von außen einer inneren Auseinandersetzung ein Stück weit entgegenstehen. Hier sah der Autor die Notwendigkeit, gegenzusteuern und sich abzugrenzen. Wichtig hier: Nicht etwa, um sich gegenüber dem Mainstream zu rechtfertigen, sondern viel glaubwürdiger aus einer ganz persönlichen politischen Hygiene heraus.

An einer Stelle sagte Götz Kubitschek einmal, Martin Sellner würde seit Jahren besonders unter den Diffamierungen des polit-medialen Komplexes stehen. Das ist zweifellos richtig. Wäre Sellner nicht in der reinen Außenwirkung ein junger, sportlicher und durchaus menschlich charmanter Charakter und hätte er eher die Aura dieses oft so sehr schräg daherkommenden Björn Höcke, Sellner stände genauso wie Höcke mit dem Rücken zur Wand.

So tragisch es für die Beteiligten erscheinen mag: Schön wäre es natürlich, wenn jeder sein Image frei bestimmen kann, aber so etwas passiert nicht. So funktioniert die Welt nicht. Auch hier gibt es Opfer. Und Täter. Solche, die bewusst ein Image beschädigen oder erhöhen können. Der Protagonist selbst bleibt Beteiligter und nicht Zuschauer.

Am meisten profitiert von der Correctiv-Affäre sicherlich Martin Sellner. Selten noch haben sich so viele Konservative schützend vor ihn geschmissen, weniger weil es um Sellner ging, viel mehr noch, weil es gegen die Hetzer ging. Und sicherlich auch in der Sorge, irgendwann der Nächste zu sein, frei nach Martin Niemöller: Erst haben sie Sellner verhetzt und als sie mich verhetzten, war niemand mehr da, der dagegen protestieren konnte.

Sellners Haltung in der Sache ist eine gewachsene, der Aktivist nicht erst seit gestern im Geschäft. Ablesen lässt sich diese Haltung besonders gut an einem Text, den Sellner schon 2017 in Kubitscheks Publikation „Sezession“ veröffentlicht hat, auch so ein Schwergewicht im neurechten Kosmos von Götz Kubitschek.

Sellner schreibt damals geradezu schwärmerisch rückblickend über eine in den Jahren 2015/16 gewesene Ausdehnung der rechtskonservativen Blase:

Diese „innerdeutsche Teilung“ ist durch uns infrage gestellt. Da wo bisher nur eine karge Todeszone war, wächst jetzt ein neurechtes Wäldchen, das zum Ort der Begegnung wird. Es bietet „Aussteigern“ aus beiden Lagern Deckung. Auf seinen Lichtungen finden die seltsamsten Begegnungen statt und unter seinem Blätterdach treiben die seltsamsten Blüten. Führte bisher die „Republikflucht“ zum Schuss in den Rücken durch die Mauerwächter, so bieten sich jetzt zugewucherte Schleichwege hinaus. Vom Cicero über Achgut bis hin zur JF findet über viele Pfade ein reger Ideenschmuggel ins Zentrum der Meinungsmacht statt. Die offenen Renegaten, von Maximilian Krah bis Tichy, von Imad Karim bis Matthias Matussek, die es wagen, mit der Bande des Wäldchens zu reden, sind nicht die eigentliche Gefahr.

Es mag also tatsächlich so sein, dass die Correctiv-Affäre vor allem auf Martin Sellner und die seinen einzahlt. Aber war es für die AfD ein Minusgeschäft?

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