Eine „Diskontinuität zur völkischen Ideologie der Nationalsozialisten“

Die Ampel verzichtet nun doch auf die Streichung des Begriffs „Rasse“

von Alexander Wallasch (Kommentare: 10)

Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache ...© Quelle: Pixabay/viarami

Im Koalitionsvertrag einigte sich die Ampel drauf, den Begriff „Rasse" aus der Verfassung zu befreien. Nach Einspruch des Zentralrates der Juden wird nun doch nichts gestrichen. Ansonsten behandelt die Ampel ihren Koalitionsvertrag weiter so, als seien es die 10 Gebote.

Schon gewohnheitsmäßig beruft sich die Ampelregierung bei unpopulären bis unsinnigen Entscheidungen darauf, es sei doch so im Koalitionsvertrag vereinbart worden. Bald so, als sei der dort zusammengeschriebene Arbeitszettel wie die zehn Gebote vom Himmel gefallen.

Mindestens für Christian Lindner ist das komfortabel. So kann er sagen, ihm seien die Hände gebunden. Das funktioniert aber nur, solange ihn niemand daran erinnert, dass er Co-Autor dieses Koalitionsvertrages ist. So wurden beispielsweise mit Zustimmung der FDP eine ganze Reihe von zuwanderungsbefördernden Maßnahmen schon im Koalitionsvertrag vereinbart, wie die grüne Heinrich-Böll-Stiftung lobend erwähnt.

Jetzt spräche nichts dagegen, diesen oder jenen Punkt zu ändern, zu streichen oder nachzubessern, also gemessen an den Verwerfungen der illegalen Zuwanderung, den entsprechenden Part der Koalitionsvereinbarung über Bord zu werfen.

Das geht auf Kosten der Glaubwürdigkeit? Offenbar nicht, denn es ist exakt so gerade passiert. Ein Punkt des Koalitionsvertrages wurde auf Anraten des Zentralrates der Juden gestrichen. Ein Punkt, der für die Tagespolitik unerheblich ist. Bei genauerer Betrachtung eine knifflige Angelegenheit: Es geht um den Begriff „Rasse“, der aus der Verfassung gestrichen werden soll.

Diese merkwürdigen Idee der Ampel, man könne mittels so einer Streichung Rassismus vertreiben, ist Josef Schuster, dem Präsidenten des Zentralrates aufgestoßen.

Das Saarland hatte den Begriff „Rasse“ schon im Sommer 2023 aus seiner Verfassung streichen lassen. Wie die Tagesschau berichtete, erklärte die SPD-Fraktionsvorsitzende Kira Braun damals, die wissenschaftlich längst widerlegte und trotzdem nicht minder gefährliche Idee einer Existenz menschlicher Rassen sei in rassistischen Theorien wie den Köpfen vieler Menschen nach wie vor verankert. Den Begriff aus der Verfassung zu tilgen, sei lange überfällig gewesen.

Das sieht Josef Schuster ganz anders und konnte sich jetzt bei der Ampel damit durchsetzen.

Aber warum besteht der Zentralrat auf das Wort „Rasse“? Die „Welt“ schreibt, Schuster sei gegen eine Streichung, weil das Wort an die Verfolgung und Ermordung von Millionen Menschen, „in erster Linie Jüdinnen und Juden“, erinnere.

Antwort aus Koalitionskreisen gegenüber der Rheinischen Post: „Die Einwände und Hinweise sind richtig.“ Auch sei es juristisch zu kompliziert, den Begriff einfach zu ersetzen: „Es gibt erhebliche Bedenken, welche Formulierung das gleiche Schutzniveau garantiert.“

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In Artikel 3 des Grundgesetzes steht:

„Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“

Die Tagesschau formulierte die Kritik daran im März 2021 in einem Satz:

„Die Kritik daran lautet aber, dass die Verfassung mit der bisherigen Formulierung auch die Vorstellung weiterhin transportiert, dass es menschliche Rassen gebe.“

Die letzte Merkel-Regierung wollte die besagte Passage bereits ändern lassen, scheiterte damit aber 2021 an Differenzen zwischen der Union und SPD. Die Tagesschau bescheinigte den Müttern und Vätern des Grundgesetzes, dass diesen 1949 noch nicht klar gewesen sei, dass es aus biologischer und genetischer Sicht keine Menschenrassen gibt. Die Passage zwinge jene, die sich darauf beziehen, in rassistischen Kategorien zu denken.

Sprache gerät hier scheinbar an seine Grenzen. Christian Kirchberg, Vorsitzender des Ausschusses Verfassungsrecht der Bundesrechtsanwaltskammer, nennt den Begriff „Rasse“ in Artikel 3 einen „polemischen“, der sogar bestehen bleiben müsse.

Wie begründet Josef Schuster seine Ablehnung der Streichung des Begriffs Rasse aus Artikel 3?

In einem Gastbeitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ schreibt der Präsident des Zentralrates, er habe sich deshalb gegen eine Streichung ausgesprochen. Denn streiche man diese Erinnerung, „werden wir sie irgendwann auch aus unserem Gedächtnis streichen.“

Es sei, so Schuster damals im FAZ-Artikel, zwar ein „hehres“ Anliegen, sich kritisch mit diskriminierender Terminologie auseinanderzusetzen, der Begriff „Rasse“ sei jedoch bewusst gewählt worden, um die „Diskontinuität zur völkischen Ideologie der Nationalsozialisten“ zu untermauern.

Für Schuster muss ein Verfassungstext „klar und schnörkellos“ sein. Jede Änderung des Grundgesetzes dürfe das bisherige Schutzniveau nicht beeinträchtigen. Eine Streichung könne aber dazu führen, dass auch die „Erinnerung an die Verfolgung und Ermordung von Juden aus unserem Gedächtnis gestrichen" werde.

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