Welt-Herausgeber und Kriegslobbyist Ulf Poschardt und Co

Deutsche Helden der Ukraine im Wahlkampfteam für Friedrich Merz

von Alexander Wallasch (Kommentare: 1)

Reichelt über NATO-Einsatz: „Militärische Intervention oder einem Völkermord zusehen“© Quelle: X/ulfposh, Wikipedia, Montage: Wallasch

Die Frage ist einfach: Was hat es noch mit Journalismus zu tun, wenn der heutige Welt-Herausgeber Ulf Poschardt von der ukrainischen Führung Ende 2022 dafür einen Orden verliehen bekommen hat, dass er Propaganda für mehr Waffenlieferungen in die Ukraine gemacht hat?

Folgendes schreiben nicht wir, dass schreibt die „Welt“ selbst über diese Ordensverleihung inklusive eines Fotos von Poschardt im vertrauten Gespräch mit dem früheren ukrainischen Botschafter Andrij Melnyk:

„Drei Journalisten des Axel-Springer-Verlags erhalten einen ukrainischen Verdienstorden. Darunter WELT-Chefredakteur Ulf Poschardt. Er habe dazu beigetragen, die deutsche Regierung zu Waffenlieferungen an die Ukraine zu bewegen, schrieb Andrij Melnyk auf Twitter.“

Weder Poschardt noch „Welt“ oder Springer haben hier widersprochen, sie haben stattdessen stolz auf ihre Verdienste hingewiesen und sich das Blech dritter Klasse an die stolzgeschwellte Brust heften lassen.

Kaum zwei Jahre später ist Poschardt Herausgeber der „Welt“, weiter hoch geht’s nicht mehr, ansonsten wäre er Besitzer. Kaum zwei Jahre später macht Poschardt gemeinsam mit Julian Reichelt von „Nius“ Wahlkampf für Friedrich Merz, der seinerseits garantiert hat, die Waffenlieferungen an die Ukraine inklusive Taurus-Systeme weiter auszubauen.

Unmissverständlich erklärte Friedrich Merz im Dezember 2024 anlässlich seines Besuchs in der Ukraine:

„Wenn unsere Unterstützung für die Ukraine schwächer wird, dann wird dieser Krieg länger dauern. Wenn unsere Unterstützung für die Ukraine konsequent ist, dann wird dieser Krieg schneller enden.“

Zurück zur Verleihung des Verdienstordens für Poschardt: Er wurde nicht allein ausgezeichnet. Zwei weitere alte Bekannte auch von Nius-Chef Julian Reichelt gehörten zum Kreis der Erlauchten. „Welt“ schreibt:

„Ausgezeichnet werden WELT-Chefredakteur Ulf Poschardt, der stellvertretende „Bild“-Chefredakteur Paul Ronzheimer und der verantwortliche Redakteur im 'Bild'-Ressort Politik, Julian Röpcke.“

Das Journalisten-Portal „Newsroom“ schrieb dazu unter anderem: „Einst waren Paul Ronzheimer und Julian Reichelt so eng wie Brüder.“

Und über Kumpel Röpcke schrieb Reichelt enthusiastisch: „Es gibt nicht viele Menschen, die noch den Mut aufbringen, Dinge so klar zu benennen wie Julian Röpcke“.

Das Innenverhältnis Poschardt zu Reichelt hat sich zwischenzeitlich zu einer erquicklichen Win-Win-Situation entwickelt. Es eint sie nicht nur der verdeckte Wahlkampf für den ukrainischen Waffenlieferanten Friedrich Merz, es sind 1:1 die alten Herrenrunden von Springer, die hier agieren – fehlt eigentlich nur noch das klare Bekenntnis des Springer-Vorstandsvorsitzenden Mathias Döpfner zur Herrenrunde.

Zum Ukrainekrieg hatte sich Döpfner allerdings schon viel früher eindeutig geäußert:

Kurz nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine fordert Döpfner in der Bild-Zeitung, die Nato-Mitglieder müssten „jetzt handeln“ und ihre Truppen und Waffen dorthin bewegen, „wo unsere Werte und unsere Zukunft noch verteidigt werden“.

"Europas mächtigster Verleger schreibt den dritten Weltkrieg herbei“, lautete daraufhin ein Kommentar in der NZZ.

Julian Reichelt – schon nicht mehr bei Springer – sekundierte Matthias Döpfner und ging weit über dessen Forderungen hinaus. Was Reichelt hier schreibt, muss sich heute jeder, und Wort für Wort, immer wieder gegenseitig vorlesen:

„In Deutschland will man es noch nicht wahrhaben, aber die Ukraine kann diesen Krieg - auch mit Waffenlieferungen - nicht allein gewinnen. Unsere Regierung wird bald entscheiden müssen: Militärische Intervention oder einem Völkermord zusehen. Und mit "zusehen" ist gemeint, dass NATO Soldaten in Polen das Morden auf der anderen Seite der Grenze mit eigenen Augen sehen werden, bis hin zu der Möglichkeit, dass nur wenige Kilometer von Auschwitz entfernt Giftgas wie Sarin gegen die ukrainische Bevölkerung eingesetzt werden wird. ... Es ist historisch gewissenlos, nicht schon jetzt jegliche Überweisungen an das Putin-Regime sofort einzustellen und strategisch über militärische Optionen nachzudenken.“

Das alles muss man mitdenken – das  ist die Vorgeschichte – wenn man sich die heutigen Bemühungen von „Nius“ und „Welt“ für Friedrich Merz anschaut, die längst über den Charakter einer verdeckten koordinierten Wahlkampfkampagne hinausgehen.

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Der ehemalige Botschafter Melnyk kann als so etwas wie die Schnittstelle zwischen Kiew und den Journalisten verstanden werden, er war einer der inoffiziellen Führungsoffiziere der Journalisten für Kiew:

„Lieber Ulf, mein herzlicher Glückwunsch zu dieser Würdigung! Du persönlich und all Deinen Kollegen bei der Welt haben einen gewichtigen Beitrag geleistet, damit die #Ampel meine Heimat - auch mit Waffen - unterstützt 💪Danke für Eure Empathie für meine Ukraine“.

Dabei verlinkt Melnyk auf eine Post von Poschardt – mutmaßlich ein Kommentar zur Ordensverleihung – der allerdings mittlerweile nicht mehr abrufbar ist.

Die „Welt“ schreibt dazu im zeitlichen Zusammenhang zur Ordensverleihung:

„Sie erhalten jeweils den ukrainischen Verdienstorden dritter Klasse, wie aus dem Dekret Selenskyjs vom 4. November hervorgeht. Poschardt schrieb auf Twitter, er freue sich im Namen aller Kollegen über die Auszeichnung.“

Der „Welt“-Artikel endete damals mit einem Satz, der Poschardt als Verantwortlichem für diesen Artikel über ihn selbst besonders gut gefallen haben muss:

„Einen Orden bekam auch Selcuk Bayraktar, Chef des türkischen Drohnenherstellers Baykar.“

Springer, Welt und Poschardt in einem Boot mit türkischen Kriegswaffenproduzenten: Embedded Journalism.

Immerhin der „Cicero“ schrieb damals über diese Form des Journalismus:

„Orden für Hofberichterstattung: Immer dabei sein, nicht dazugehören – das war einmal die Maxime guten Journalismus. Doch die Zeiten sind vorbei. Journalismus wird zunehmend zum Aktivismus. Und das nicht nur auf linker Seite.“

Und weiter hieß es da über Poschardt und Kollegen: Einseitigkeit und undifferenzierte Parteinahme seien das neue Ideal dieser „Journalisten“.

Und noch ein Satz aus diesem einordnenden Artikel lässt aufhorchen, weil er die direkte Linie zwischen Ronzheimer, Poschardt und Reichelt zu ziehen vermag:

„Spätestens seit der Flüchtlingskrise 2015 gehört es endgültig zum guten Ton, sich auch noch trotzig zum Haltungsjournalismus zu bekennen.“

Und darüber, wie dieser Haltungsjournalismus von Reichelt und Co genau aussah, schreibt auch Ulf Poschardt in seinem neuen Buch „Shitbürgertum“, (eine seltsame Form der literarischen Eigenrehabilitation):

„'Wir schaffen das', dekretierte Merkel. 'Refugees welcome', sagten Kai Diekmann und Julian Reichelt bei der 'Bild“' In den Nachrichtensendungen strahlten die Bürger:innen (sic!) mit Applaus-Corsi um die Wette – und natürlich war das, wie auch das berühmte Selfie der Kanzlerin, ein Pullfaktor.“

Auf dem Portal „Nius“ war nun vor wenigen Tagen zu lesen:

„In der vergangenen Woche haben Friedrich Merz und die Union nichts weniger als eine politische Zeitenwende eingeleitet.“

Abschließend bleiben eigentlich nur noch drei Fragen offen:

Wie traurig war eigentlich Julian Reichelt, dass er keinen Orden bekommen hat?

Hat er vielleicht doch einem bekommen?

Und welche Orden wird ein Kanzler Merz seinem loyalen Wahlkampfteam an die Brust heften?

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