Ich hatte in der Nacht zu wenig geschlafen, bis um 2 Uhr noch Texte gelesen und bearbeitet. Aber die biologische Uhr klingelte in der Früh dennoch so schrill wie immer, ich saß also weit vor neun nach einem Katzenfrühstück im ersten Stockwerk des alten Hauses am Rechner.
Die frühe Frühlingssonne zauberte Schlieren aufs Fensterglas, gegenüber kontrastierten die dunkelgrünen Tannenspitzen mit dem hellblauen wolkenlosen Himmel. Ansonsten Stille. Wer aus der entfernten Nachbarschaft zur Arbeit muss, der war längst losgefahren. Der Weg in die Stadt ist weit, aber viele bleiben wohnen, weil die Mieten außerhalb immer noch billiger sind.
Ich bastelte gerade an ein paar Interviewfragen herum, als es aus heiterem Himmel hektisch wurde auf der Straße. Da mein Schreibtisch sehr tief ist, kann ich nicht so ohne weiteres aus dem Fenster schauen, sondern muss mich auf Zehenspitzen stellen und weit nach vorn herüberbeugen.
Was ich dann sah, nachdem ich aus Versehen erst einmal einen der Monitore umgeschmissen hatte, gab Anlass für eine unmittelbare tiefgreifende Beunruhigung: Vor meinem Haus fuhren in schnellem Tempo fünf oder sechs Mannschaftswagen der Polizei vor. Die Türen öffneten sich, schwarzgekleidete vermummte Polizisten verließen zügig die Fahrzeuge und stülpten sich beim Aussteigen noch ihre Einsatzhelme über die Sturmhauben. Es ging eindeutig in Richtung meines Hauseingangs, der erste Beamte in der Kolonne hatte eine dieser schweren dunklen Rammen in den Händen.
Ich muss wohl niemandem beschreiben, wie einem in so einem Moment zumute ist. „Mulmig“ ist nicht einmal annähernd eine passende Zustandsbeschreibung. Reflexartig schlüpfte ich in meine Adidas „Hamburg“, griff mir eine Jacke und ließ mich wieder in meinen Bürostuhl fallen, abwartend, was nun kommen würde. Später erzählte ich noch jemandem, ich hätte mir schnell noch aus dem Bad noch eine Zahnbürste geholt und in die Jacke gesteckt. Aber das war geflunkert.
Nach ein paar dumpfen Schlägen splitterte schon das Holz. Sollte ich mich gleich auf den Boden legen? Gott sei Dank war Frau mit dem Hund unterwegs und die Kinder nicht im Haus, ich hatte ja für den Moment genug mit mir selbst zu tun.
Ich wartete eine Minute und noch eine weitere. Aber es blieb still im Haus. Die seltsamste Stille, die man sich vorstellen kann. So, als zünde man einen Kanonenschlag an, werfe ihn schnell weg, aber der „Wumms“ will sich einfach nicht einstellen. Draußen auf der Straße waren weiter Stimmen zu hören nebst einem hektischen Hin-und- her-Gerenne.
Nach einer gefühlten Ewigkeit kam ich aus dem Bürostuhl hoch und ging zum Flurfenster, um gebückt ganz vorsichtig auf den Weg zum Hauseingang zu schauen. Ich würde nicht sagen, dass es Erleichterung war, die fühlt sich ganz anders an. Aber was ich sah, gab mir immerhin die Kraft zurück, erhobenen Hauptes einen Fuß vor den anderen zu setzen und die Treppe hinunter zur Tür zu gehen. Die war allerdings gar nicht kaputt, wie ich fest angenommen hatte.
Tatsächlich war die Tür des Nachbarhauses eingerammt worden. Auf dem kurzen Weg von der Straße zum Hauseingang nebenan herrschte jetzt ein reges schwer uniformiertes Treiben. Dazu muss man wissen, dass der Besitzer des Hauses nebenan schon länger plant, sein Haus von Grund auf zu renovieren und Teile abzureißen. Dort wohnt schon seit Jahren niemand mehr.
Als sich ein ausnahmsweise nicht in Kampfmontur daherkommender Beamter in einer Warnweste näherte, fragte ich, was denn hier los sei. Der Mann erschrak, denn ich hatte ihm die Frage mit einem gewissen Übermaß an Erregung entgegengeschleudert, im selben Moment überrascht, dass ich diese nicht herrunterregeln konnte.
Die Auflösung ist schnell erzählt: Der Hausbesitzer von nebenan kannte jemand, der jemanden kennt, und so wurde sein leerstehendes Haus für eine Einsatzübung angefragt.
„Ja ist es denn nicht möglich, vorher wenigstens Bescheid zu sagen??“, fuhr ich den Beamten an. Der sagte entschuldigend: „Wollte ich doch gerade machen.“ Aber wann wäre „gerade“ gewesen? Nach dem Übungseinsatz?
Zurück im Haus rief ich meinen Nachbarn an, dessen Telefonnummer ich hatte, falls etwas mit seinem Haus sein sollte. Und damit war gerade tatsächlich etwas passiert. Nein, ich rief ihn nicht an, ich schrie ihn an. Er schob aber sofort alles auf die Beamten, die ihm gegenüber fest zugesagt hätten, Bescheid zu sagen, damit sich die Nachbarn nicht wundern. „Aber warum hast Du mich nicht einfach gestern angerufen?“
Eine Entschuldigung fiel ihm hörbar schwer. Mein Bruder sagte später, eigentlich sollte ich eine Anzeige aufgeben. Aber weswegen und gegen wen?
Dass ich mich als unbescholtener Bürger erschrecke, wenn morgens fünf bis sechs Mannschaftswagen vorfahren, um im Rahmen einer Übung das leere Nachbarhaus zu stürmen, ist allein meine Sache und sicher kein Straftatbestand. Im Gegenteil, die Beamten trainieren ja, um Straftaten zu vereiteln. Und offensichtlich muss das wohl ab und an mitten im Wohnviertel sein, um es realistischer zu gestalten.
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Kommentare
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Kommentar von diediejetztfassungslosist
Was für ein gequirlter Müll… sorry „Artikel“.
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Kommentar von H. Jacobsen
Das zeigt wie sehr die Nerven in Anbetracht der aktuellen Politik doch blank liegen. Vor einigen Jahren wäre man nach unten gegangen und hätte nachgeschaut und gut wäre es gewesen. Dieser Schleier der Angst ist alles andere als gut für unsere Gesundheit, so dass ich der Meinung bin, dass man spätestens den seit 2012 amtierenden Bundesregierungen bescheinigen muss, eine permanente Körperverletzung zu betreiben.
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Kommentar von WF Beck
Mao, oder Lenin, einer dieser menschenverachtenden Massenmörder soll gesagt haben, bestrafe Einen, erziehe Hunderte. Für solches Handeln, gibt es im "besten Deutschland aller Zeiten", genügend Beispiele.
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Kommentar von SuperlogenRegierenDieWelt
Das Dumme daran ist nur, dass danach einem sowas als Zeichen einer höheren Macht als letzte Warnung in den Sinn kommt, was dann als Zensur-Schere im Kopf zu arbeiten beginnt.
Rein praktisch sollte man Backups seiner Daten ausserhalb der Wohnstätte lagern - die IT wird nämlich regelmäßig beschlagnahmt (z.B. Prof. Hockertz berichtert darüber auf Odysee: https://tinyurl.com/4xzwsu65 )
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Kommentar von Jürschn
Daß es Sie nicht treffen würde, habe ich schon an der Uhrzeit erkannt. 9 Uhr ist viel zu spät für so einen Einsatz. Die kommen üblicherweise im Morgengrauen. Da ist man so schön unvorbereitet und kann auch seine vermeintlichen "Komplizen" nicht erreichen und vorwarnen.
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Kommentar von Trudi
ach du dickes Ei!
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Kommentar von Frank Danton
Wenn der Verfassungsschutz kommt, und der wird es nach Lage der Politisierung aller Staatsorgane sein, der ihnen nachstellt, also wenn der VS kommt dann haben sie schon Wochen vorher eine Ahnung davon. Erst einmal werden sie nach Stasiart observiert. Fremde Autos, fremde Menschen, fremde Trenchcoats die so unauffällig um ihr Haus schleichen das sie auffallen müssen. Dann bekommen sie Besuch vom Stromableser, Handwerker, oder Schornsteinfeger die sie nicht erwartet haben. Falls sie mal mehrere Stunden unterwegst sind und nach Hause kommen, fällt ihnen auf das sich Dinge in ihrer Wohnung bewegt haben, verstellt sind und die Tür nur einmal verschlossen ist, obwohl sie sicher sind das sie zwei Mal zugeschlossen haben. Spätestens Stunden vor ihrer Hausstürmung würden sie die vielen Kameras und Journalisten auf der gegenüberliegenden Strassenseite irritieren die auf ihren Eingang fokusiert sind. Beim ÖRR/NTV könnten sie zudem in Echtzeit verfolgen wie das SEK in ihre Strasse einbiegt. Theoretisch haben sie also Zeit in ihrem, hoffentlich hinter dem Haus geparkten Fluchtfahrzeug das Weite zu suchen. Sie müssen es dann nur noch in ein Land schaffen das politisch Verfolgte nicht an die DDR ausliefert.
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Kommentar von akimo
Mensch! ich habe das Schlimme für möglich gehalten!
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Kommentar von Pascal
Uff ja, da wäre ich aber auch sauer auf meinen Nachbarn.
in den USA gibt es diesen bösartigen Joke namens 'Swatting', bei dem man dem ungeliebten Nachbarn, der/dem Ex oder wem auch immer, dem man böse mitspielen will, mit falschen Anschuldigungen, z.B. wegen terroristischer Aktivitäten das SEK auf den Hals hetzt.
Früḧer oder später wird das, so wie all die tollen Trends der USA auch bei uns Einzug halten.
Dann können wir froh sein, wenn dies nur bei Nachbars leer stehendem Haus passiert und nicht bei uns selbst.
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Kommentar von Peter Löcke
Na ja. Als Paul Brandenburg von der GSG 9 Besuch bekam, war es Realität. Dass Ballweg mehr als neun Monate im Knast saß ebenso.
Wir leben in Zeiten, in denen jede Regierungskritik als Delegitimierung des Staates oder Hass umgedeutet werden kann. Aber der selbsternannte Freiheitsminister Buschmann wirds schon richten. Also der Buschmann, der nun Twitter stärker kontrollieren möchte. Der Buschi, der von einem "möglichst grundrechtsschonenden Konzept" [sic] sprach. Buschmann lügt auch nie. Der aktualisiert nur seine Meinung.
In den letzten drei Jahren lese und höre ich ständig etwas von einer gewissen "liberalen Demokratie", die es zu verteidigen gilt. Am häufigsten übrigens aus grünen Mündern, auch wenn die Linguistin Baerbock die richtige Reihenfolge von Adjektiv und Nomen nicht immer fehlerfrei auf die Kette bekommt.
Als ich noch in einer liberalen Demokratie gelebt habe, hörte ich nie etwas von einer liberalen Demokratie. War schließlich eine Selbstverständlichkeit. Anders gesagt: Ich glaube an die Liebe und Treue meiner Frau ohne dass sie mir das ständig sagen muss. Wenn Sie mir plötzlich ab morgen fünf mal am Tag ihre ewige Liebe und Treue schwören würde, würde ich vermutlich misstrauisch werden.
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Kommentar von peter struwwel
Völlig überreagiert. Die tun doch nix, die wollen nur spielen. Also, ruhig Blut bewahren,
gelassen bleiben und erst einmal ... o Gott, jetzt hätte ich fast "abschalten" gesagt.
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Kommentar von Montgelas
Wie schon andere schrieben: Das eigentlich Erschreckende ist, dass man dieses Vorgehen gegen Kritiker der Politik ohne weiteres jederzeit für möglich hält!
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Kommentar von Sal Peregrin
"Folter beginnt mit dem Zeigen der Instrumente."
"Honi soit qui mal y pense!"
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Kommentar von Helene
Äußerst beunruhigend finde ich es, daß ich es für möglich gehalten habe, daß man Ihnen die Tür eintritt. Das sagt doch mehr über diesen Staat als über mich aus, oder nicht?
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Kommentar von Walter
Vielleicht möchten die Ordnungsbehörden das ja auch nur als kleine Warnung an "Delegitimierer", "Querdenker" und "Nazis" in der Nachbarschaft der Veranstaltung verstanden wissen.
Kritik an den aktuellen, bestqualifizierten Regenten ist schließlich unzulässig.
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Kommentar von StephanU
Erst mal einen Klaren auf den Schreck. Trotzdem empfehlenswert, Jacke und Zahnbürste immer griffbereit zu haben. Ein missgelaunter Staatsanwalt könnte Regierungskritik auch mal als Haß und Hetze deuten und nach dem Rammbock rufen.
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Kommentar von Cornelia
Puh, hab mich selber erschrocken! Ich dachte schon, man hätte Ihnen die Türe eingerammt... das klingt allerdings furchterregend, was Sie da beschreiben!
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Kommentar von Seeber
Das beunruhigende ist nicht der Einsatz an sich, sondern die Tatsache das man damit rechnet der nächste zu sein.
Wir sind zwar noch nicht dort, aber der Schatten Berias ist schon zu sehen.