Noch Mitte November 2021, also vor wenigen Wochen, hatte Christian Drosten die Omikron-Apokalypse unmittelbar ausgerufen, der Deutschlandfunk zitierte: „Drosten warnt vor weiteren 100.000 Coronatoten“.
Konkret sagte der Virologe: „Also wir müssten uns darauf vorbereiten, noch mindestens 100.000 Tote in Deutschland zu bekommen, bevor sich das Fahrwasser beruhigt.“
Nun das große Erstaunen: Ohne das ihm das aktuell geschadet hätte, sagt Drosten schon wenig später etwas vollkommen anderes, da ist sogar von „Optimismus“ die Rede. Die ganzen Warnungen also alle nur Teil einer Drohkulisse?
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„Die Daten hatten früh in diese Richtung gewiesen.“ - Damit kritisiert der Nachrichtensender n-tv schon im Einleitungssatz die vorhergehenden Warnungen von Christian Drosten und Co. Weiter heißt es da: „Nun sind auch immer mehr Virologen zuversichtlich, dass der Verlauf einer Infektion mit der Omikron-Variante schwächer verlaufen könnte als mit Vorgänger-Variationen.“
Gegenüber dem ZDF sagte Drosten gerade: „In gewisser Weise kann uns das beruhigen. Südafrika ist sicher ein Blick in eine Zukunft, in eine endemische Situation, die sich dort gerade einstellt.“
Ein plötzlicher Sinneswandel, gar Sorge um die spätere Bewertung der steilen These von gestern? Oder doch nur Taktik, weil man begriffen hat, dass die Drohszenarien nicht mehr wirken wollen und jetzt immer mehr Bürger zu Spaziergängen auf die Straße gehen?
Mal ganz ehrlich, möchten Sie heute in Christian Drostens Haut stecken?
Der nämlich ist – gewissermaßen - Staatsvirologe der Bundesregierung. Auf seinen Rat wurde gehört, seine Einschätzungen waren bestimmend in der Pandemie-Politik unter Kanzlerin Merkel und Gesundheitsminister Spahn.
Drosten ist Chefvirologie an der Berliner Charité. Mit den ersten Corona-Fällen in Deutschland erweiterte sich sein Aufgabengebiet und damit auch die Verantwortung. Deutschland.de, eine Webseite in Zusammenarbeit mit dem Auswärtigen Amt, nennt Drosten einen der „einflussreichsten Männer in Deutschland“.
Weiter heißt es da: Drosten gibt Ratschläge, denen „die Kanzlerin und das Bundeskabinett, Landesregierungen und regionale Behörden folgen.“ Schaut man kurz vor dem Jahreswechsel 2021/22 zurück, kann man erkennen, dass dem Virologe schon frühzeitig über die enorme Aufmerksamkeit hinaus ziemlich mulmig wurde.
Die Frankfurter Rundschau fasst diese Beobachtung sogar schon Ende März 2020 in einer Schlagzeile so zusammen: „Coronavirus-Experte Christian Drosten: Der Mann, der nicht lächelt“.
Seinen neuen Arbeitsalltag beschriebt Drosten Anfang 2020 so: „Die vergangene Woche war für mich ein Gehetze zwischen Ministerien und Senatsbehörden.“
Die Zeitung charakterisierte den nach Ferdinand Sauerbruch bekanntesten Mediziner Deutschlands so: „Drosten besitzt genügend Eitelkeit und Sendungsbewusstsein, sein Wissen mit der Öffentlichkeit zu teilen.“
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Rückblickend erstaunt es zudem, was für rührseligen Sätze die linkspopulistische Rundschau damals schon für den späteren Liebling der Altmedien fand:
„Er hat schon ein bisschen was von einem wunderlichen Professor, etwas verwuschelt Nerd-haftes. Aber er ist zugleich ein Mensch aus dem Leben.“
Mindestens ebenso rasch wie Karl Lauterbach, der Gesundheitsexperte der SPD, hatte auch Christian Drosten verstanden, dass der apokalyptische Blick auf das Pandemiegeschehen der erfolgreichere sein könnte: Lauterbach ist heute Bundesgesundheitsminister. Nicht einmal seine vielen
Fehlprognosen konnten diese Ernennung verhindern.
Christian Drosten ist demgegenüber zweifellos das kommunikativere Talent. Der Virologe hat schnell verstanden, auf welch wackligem Eis er seinen Thesen serviert und sich schon früh selbst eine Art Generalamnestie ausstellen wollen: Wiederholt erwähnte er, wie vollkommen neu das Pandemiegeschehen sei und das, was er heute sagen würde, morgen doch schon Schnee von gestern sein könne.
Später formulierte er den viel zitieren Satz: „Wir haben eine steile Lernkurve gemacht.“
Schon im März 2020 schrieb Deutschland.de: „Er hat sich in einzelnen Punkten korrigiert – und das öffentlich.“
Aber befreit ihn das fast zwei Jahre später von seiner Verantwortung? Viele direkt aus Drostens Expertise abgeleitete Corona-Maßnahmen der Bundesregierung haben einen immensen Schaden angerichtet sowohl wirtschaftlich, gesellschaftlich als auch gesundheitlich.
Es gibt viele Opfer der Corona-Maßnahmen der Bundesregierung – wiegt dieser Kollateralschaden tatsächlich jene Schäden auf, die laut Drosten und Co so abgewendet wurden?
Auch die neue Bundesregierung unter Kanzler Olaf Scholz setzt auf Drosten im Expertenrat. Aber es gibt eine Neuerung: Unter Scholz soll auch der partiell den bisherigen Maßnahmen kritisch gegenüberstehende Virologe Hendrik Streeck dem Rat mit angehören.
Der neue Gesundheitsminister kündigte jedenfalls bereits an, dass für ihn die enge Zusammenarbeit mit den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Rates Grundlage seiner Politik. "Wir kennen uns schon lange", erklärte Lauterbach. Beruhigend klingt auch das das allerdings keineswegs.
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Kommentar von Hammerschaedel
sowas muss doch Konsequenzen haben, der dürfte doch nie wieder irgendwas zu entscheiden haben.