„Der Putinsche Imperialismus“

Bundestag beschließt totale Kriegsunterstützung der Ukraine

von Alexander Wallasch (Kommentare: 14)

Die Sicherheit Deutschlands wird an der Front im Donbass verteidigt.© Quelle: Pixabay / ELG21

Gestern beschloss der Bundestag mit den Stimmen der SPD, der Grünen und der FDP einen Antrag der Ampel-Fraktionen. Das Papier trägt den Titel „Zehn Jahre russischer Krieg gegen die Ukraine - Die Ukraine und Europa entschlossen verteidigen“.

Die Ampel hat bereits im Titel ihres Antrags klargestellt, dass sie nicht bereit ist, einer Erzählung zu folgen, die eine „Vorgeschichte“ dieses grausamen Krieges behauptet und in irgendeiner Weise der Ukraine oder dem Westen eine Schuld zuweist.

Das ist insofern bemerkenswert, weil es Publikationen wie der „Frankfurter Rundschau“ und weiteren etablierten Medien eine Falschberichterstattung unterstellt. Die Rundschau schrieb nämlich noch 2022 davon, dass die ukrainische Armee Ende Mai 2014 eine „Anti-Terror-Operation“ begonnen habe, welche im Donbass-Krieg mündete.

Und die Rundschau ruft außerdem eine Statistik der OSZE-Beobachtungsmission als Beleg auf, welche besagt, „dass im Donbass-Krieg mehr Zivilpersonen auf der separatistischen Seite sterben als auf der Regierungsseite“. Fachleute erklären das, heißt es da weiter, „mit der Wahl der Waffen. Während die Separatisten meist Scharfschützen zum Einsatz bringen, die gezielt Soldaten töten, sterben durch das Artilleriefeuer der ukrainischen Armee häufiger Zivilpersonen.“

In besagtem Artikel steht ebenfalls, dass Amnesty International auf beiden Seiten Kriegsverbrechen wie Entführungen und Folter dokumentiert habe.

Der Antrag der Ampel lautet von solchen und weiteren etablierten Medienberichten unbeeindruckt: „Zehn Jahre russischer Krieg gegen die Ukraine“.

Was hat der Bundestag beschlossen, was steht drin in diesem Antrag, den CDU, AfD, Linkspartei und Gruppe BSW einträchtig gegen eine Ampelmehrheit abgelehnt haben?

Die Ampelparteien sind der Auffassung, dass Putin mit seinem „Überfall“ auf die Ukraine, „den nächsten, bislang drastischsten Schritt seiner seit Jahren immer aggressiveren Politik gegen das freie und demokratische Europa“ vorgenommen habe.

Putin führe diesen Krieg „für den eigenen Machterhalt und die imperialen Großmachtfantasien seines Regimes. (...) Er tat dies, weil die russische Führung willens und militärisch in der Lage ist, ein Nachbarland zu überfallen und internationale Regeln zu brechen, wenn sich die Gelegenheit bietet.“

„Der Putinsche Imperialismus“ wird in diesem Antrag als Begriff benutzt bzw. überhaupt neu in die Debatte eingeführt.

Im Antrag steht, die Unterstützung der Ukraine sei mehr als nur ein Akt der Solidarität. Die Ampel betrachte die Milliardenausgaben für Waffenhilfen als „eine notwendige Investition in unsere Sicherheit und den Frieden in Europa und Deutschland“. Die Sicherheit Deutschlands werde danach an der Front im Donbass gegen die russische Armee verteidigt.

Von „zahlreichen Kriegsverbrechen Russlands“ ist die Rede:

„Gezielte Angriffe auf Wohnhäuser, zivile Infrastruktur, Tötung von Zivilistinnen und Zivilisten, sexualisierte Gewalt gegen Kinder, Frauen und Männer, das Forcieren von Hunger und Kälte, Folter, Deportationen und Verschwindenlassen von Menschen.“

Im Antrag heißt es unter Berufung auf ukrainische Quellen:

„Bisher wurden nach ukrainischen Angaben knapp 20.000 ukrainische Kinder nach Russland und Belarus deportiert, ihren Familien entrissen, aus Kindereinrichtungen, Waisenhäusern und Schulen verschleppt, in russischen Umerziehungslagern einer Gehirnwäsche unterzogen und teils in Russland zur Adoption freigegeben.“

Die Ampel hat formuliert, es gehe der russischen Führung „um die Vernichtung der Ukraine, eines Landes mit über 40 Millionen Bürgerinnen und Bürgern, ihrer Sprache, Identität und Kultur.“

Mehrheitlich wurde auch das folgende klare Bekenntnis beschlossen:

„Deutschland steht fest und unverbrüchlich an der Seite der Ukraine.“ Und das „russische Regime“ müsse „die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen uneingeschränkt wiederherstellen“.

Weiterlesen nach der Werbung >>>

Ihre Unterstützung zählt

Mit PayPal

Die Ampel bekräftigt zudem, ohne ihn beim Namen zu nennen, dass Putin vor ein Gericht gehört:

„Deutschland wird alle Anstrengungen unternehmen, dass die Verantwortlichen für die grausamen Verbrechen in der Ukraine zur Rechenschaft gezogen werden.“

Weiter stellt die Ampel klar, dass es keinen Frieden mit Putin geben darf, sondern allenfalls einen mit Russland: „Niemand darf im 21. Jahrhundert einen Angriffskrieg führen und dabei straflos bleiben.“

Im Zentrum des Antrags steht: „Der Deutsche Bundestag verneigt sich vor den Ukrainerinnen und Ukrainern.“

Das Schriftstück erteilt jedweden Neutralitätsvorstellungen für die Ukraine als Ergebnis von möglichen Friedensverhandlungen eine Absage. Unmissverständlich heißt es dazu, der Deutsche Bundestag bekräftigt „das auf dem NATO-Gipfel in Vilnius unterstrichene Bekenntnis zur vollständigen euroatlantischen Integration der Ukraine und zur Zukunft der Ukraine in der NATO“.

Die militärische Unterstützung der Ukraine soll nicht nur fortgesetzt, sondern noch „intensiviert“ werden. Der Bundestag hat außerdem beschlossen, dass Russland Reparationszahlungen in Höhe von bisher mindestens „486 Milliarden Euro“ zu leisten habe. Ob das auch eine Rückerstattung der deutschen Zahlungen und Waffenlieferungen an die Ukraine beinhaltet, bleibt hier offen.

Bekräftigt wird zudem, dass Deutschland eine gewichtige Rolle beim Wiederaufbau der Ukraine spielen soll. Hier folgt ein Hinweis auf die in Berlin 2024 stattfindende Konferenz für eben diesen Wiederaufbau.

Der Antrag stellt weiter die Behauptung auf, „die Verantwortlichen in Russland“ hätten verdeutlicht, „dass sie die Ausbreitung der Demokratie als gegen Russland gerichtet betrachten“. Die Erweiterung der NATO und der EU werden hier von der Ampel mit „Demokratie“ gleichgesetzt.

Deutschland sagt Anstrengungen zur Beschaffung von Artilleriemunition zu, einschließlich des „Ausbaues der verteidigungsindustriellen Kapazitäten“. Der Antrag fordert Deutschland dazu auf, seinen Beitrag für den Frieden noch zu steigern. Damit gemeint ist hier in erster Linie der massive Ausbau der Rüstungsindustrie in der Ukraine und Zahlungen zum Wiederaufbau zerstörter Infrastruktur. Der Antrag betont, dass diese Unterstützung eine langfristige sein muss.

Explizit wurde festgeschrieben, dass eine „Befreiung der Krim“ ein wichtiges Ziel sei, aber dieses Ziel nur erreicht werden könne, „wenn Deutschland und seine Partner die vorhandenen Kapazitäten zur Rüstungs- und Munitionsproduktion sowie zur Instandsetzung bereits gelieferter Güter für die Ukraine erheblich vergrößern“.

Betont wird, dass Deutschland und seine Partner die Ukraine befähigen müssen, den Krieg auch auf russisches Gebiet zu tragen, um, wie es da heißt, „Angriffe auf militärische Ziele wie Munitionsdepots, Versorgungsrouten und Kommandoposten weit hinter den Frontlinien durchzuführen“ zu können. Deshalb begrüße der Bundestag „die Lieferungen von Lenkflugkörpern unserer französischen und britischen Partner an die Ukraine“.

Ein Kernsatz des mit Mehrheit vom Bundestag beschlossenen Ampelantrags lautet:

„Für den Frieden in Europa und darüber hinaus ist es essenziell, dass die Ukraine diesen Verteidigungskampf gewinnt. Russland darf aus diesem Krieg nicht gestärkt hervorgehen. Präsident Putin und sein Regime müssen diesen Krieg verlieren; Russland muss scheitern, mit dem was es sich vorgenommen hat.“

Die Bundesregierung wird aufgefordert, genau soviel Militärhilfe zu leisten, wie erfoderlich ist, die „vollständige territoriale Integrität und Souveränität der Ukraine“ wiederherzustellen. Insbesondere „weitreichende Waffensysteme“ samt Munition sollen von Deutschland finanziert und zur Verfügung gestellt werden, um „strategisch relevante Ziele im rückwärtigen Bereich des russischen Aggressors“ zu treffen.

Deutschland selbst soll zudem die eigene Rüstungs- und Munitionsproduktion erhöhen, um die Ukraine zu versorgen. Auch sollen die Sanktionen gegen Russland noch einmal verschärft werden „mit dem Ziel, die russische Kriegsfähigkeit weiter zu schwächen“. Welche konkreten Wirkungen die bisherigen Sanktionen hier erzielt haben, wird nicht genannt.

Der Bundestag hat weiter beschlossen, dass Deutschland sich „in enger Abstimmung mit der Ukraine und allen in der Kerngruppe engagierten Partnerstaaten und -organisationen für die Einrichtung einer Gerichtsbarkeit für das Verbrechen der Aggression gegen die Ukraine einzusetzen“.

In Vorausahnung, dass dieser Antrag nicht überall in Deutschland auf Begeisterung stößt, heißt es hier vorausschauend, der Deutsche Bundestag fordere die Bundesregierung dazu auf, „ein öffentliches Bewusstsein über die Desinformationskampagnen und Meinungsmanipulationen als Instrumente der hybriden Kriegsführung Russlands zu schaffen und diese wirksam zu bekämpfen“.

Ihre Unterstützung zählt

Mit PayPal

Einen Kommentar schreiben

Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen. Aufgrund von zunehmendem SPAM ist eine Anmeldung erforderlich. Wir bitten dies zu entschuldigen.

Kommentare