Die Herrschaft des Unrechts

An der Ampel hielt eine schwarze Limousine mit Mutti Merkel

von Gregor Leip (Kommentare: 5)

Die Kanzlerin des humanitären Imperativs© Quelle: Gregor Leip

Angela Merkel wurde gerade 70 Jahre alt. Eine Woche zuvor feierte ich meinen 60. Geburtstag mit Frau und Tochter in Berlin. Der Reichstag war nur ein Ausflugsziel. Und dann bog sie plötzlich um die Ecke ...

Auf dem Fußweg zurück zum geparkten Auto hielten wir in einer Seitenstraße an einer Ampel. In einer dunklen Limousine saß Angela Merkel. Die Tochter machte Fotos, die Kanzlerin winkte. Ein surreales, stummes Erlebnis ohne jede Chance auf eine direkte Auseinandersetzung.

Ein Gefühl der Überrumplung. Verdammt, warum habe ich nicht wenigstens eine kleine Geste des Unwillens gezeigt? Merkels Politik ist doch ursächlich verantwortlich für den Zustand Deutschlands. Wieder zu Hause blätterte ich hin zu alten Reden von Angela Merkel und landete im November 2015.

Angela Merkel sprach 2015 und zwei Monate nach ihrem unsäglichen „Wir schaffen das“ und nach einer Million weiteren Flüchtlingen auf einem Jahresessen des Industrie Club Düsseldorf.

In der Rückschau bemerkenswert ist der persönliche Bezug von Merkel als DDR-Bürgerin. Die Kanzlerin bemühte in ihrer Rede die bewegte Geschichte Deutschlands mit zwie Weltkriegen, Weltwirtschaftskrise, Wiederaufbau und industriellem Strukturwandel.

Daraus schlussfolgerte sie, wie dankbar wir sein müssten, in einer Zeit zu leben, in der die Geschichte Deutschlands auch ihr gutes Gesicht zeige. Bemerkenswert war hier das Unterschlagen der „bewegten“ Geschichte der DDR als zurückliegender Teil ihres persönlichen Lebens. Merkel schwor ihre Zuhörer auf eine deutsche „Bringschuld" ein. Dankbar sollten wir sein für „gute Zeiten", die ja für ehemalige DDR gar nicht so gut gewesen sein können.

Und dann spannte Merkel einen Bogen, von der „guten Zeit" hin zu Problemen in anderen Ländern, die doch als Bewährungsprobe für unser Land zu verstehen seien.

Krisen in anderen Ländern wurden in Merkels Rede zum Teil einer globalen Krise und von dort aus umstandslos zu unserer deutschen Krise gemacht. Zwei Monate nach Merkels humanitärem Imperativ und Deutschland als Haus der offenen Türen fragte Merkel, wie wir mit solchen Herausforderungen umzugehen gedenken.

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Dabei unterschlug sie, dass sie es war, die doch zwei Monate zuvor diese „Herausforderungen“ explizit geschaffen hatte:

„Wir müssen bei den Ursachen ansetzen, um die Ströme zu ordnen, zu steuern. Wir müssen die Ursachen bekämpfen, um in der Folge auch die Zahl der Flüchtlinge, die zu uns kommen zu reduzieren.“

Das Kind ist in den Brunnen gefallen und die Hauptverantwortliche legt die Verantwortung für das angerichtete Desaster einfach in die Hände der verdatterten noch ganz vom „Welcome Refugee“ besoffenen Deutschen.

Grenzsicherungen und Flüchtlingsregularien wurden von Merkel über Bord geworfen, eine Millionen Flüchtlinge an Bord geholt und die Mannschaft soll nun sehen, wie sie den Kahn zurück in den sicheren Hafen bekommt?

„Wir haben jetzt die Aufgabe, die bei uns ankommenden Flüchtlinge willkommen zu heißen und das Notwendige zu tun. (...) Ich weiß aber auch, das es eine riesige Aufgabe ist, dass mancher bis an den Rand seiner Kräfte gehen muss bzw. mancher auch über sich hinauswachsen muss, um diese Arbeit zu leisten.“

Im weiteren Teil ihrer Rede appellierte Merkel an die deutschen Werte:

„Für uns gilt, dass wir natürlich bezüglich unserer Werte herausgefordert sind. (...) Die Würde des Menschen ist unantastbar.“

Nicht etwa die „Herrschaft des Unrechts“ und eine fehlende Grenzsicherung sei verantwortlich, sondern das deutsche Volk wird auf seine Werte eingeschworen und soll die Würde von Millionen Flüchtlingen wiederherstellen.

Jahre später wird der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck die Deutschen an ein deutsches „Ur-Gen“ der Solidarität erinnern, wenn es um den Bau von Turbo-Waffenfabriken für die Ukraine geht.

Aber zurück zur Kanzlerin Ende 2015: Unsere Wertvorstellungen sollen jetzt dafür sorgen, dass Menschen mit anderen Wertvorstellungen gut in Deutschland leben können. Wie das geht, wusste Merkel damals auch schon:

„Ich finde, das Allerwichtigste ist, dass wir sie auch wenn es noch so viele sind niemals als Masse, als große Menge bezeichnen, sondern dass wir in jedem Einzelnen eine eigene Person sehen.“

Und damit das alles später nicht missdeutet werden kann, sagt Merkel in derselben Rede auch das Gegenteil dessen, was sie gerade meinte. Man kann es eine gegenseitige Rückversicherung nennen: Merkel also im Allradantrieb 2015:

„Wenn wir das schaffen wollen, bedeutet das, dass wir denen, die aus wirtschaftlichen Gründen kommen, sagen müssen: Ihr müsst wieder nachhause zurückkehren."

Nachträglich herzlichen Glückwunsch, Frau Merkel. Ich komme ohne Geschenke. Sie haben uns bereits reichlich beschenkt.

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