Jessica Tatti: „Meine alte Partei war zu feige“

Als das BSW zum Gewissen des ganzen Bundestages wurde

von Alexander Wallasch (Kommentare: 6)

Die Kriegskredite verhindern.© Quelle: Bundestag.de, Screenshot

An so einem trostlosen Tag mit so einem düsteren Ergebnis, muss man Lichtblicke mit der Lupe suchen. Die BSW-Abgeordnete Jessica Tatti hat gestern im Bundestag die Ehre des Hauses im Alleingang gerettet wie schon zuvor Sevim Dağdelen auf der Straße.

Jessica Tatti (BSW):

Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Wir werden auch heute für den Geschäftsordnungsantrag der AfD-Fraktion stimmen, diesen elenden Tagesordnungspunkt abzusetzen, und zwar nicht, weil wir die AfD so toll finden, sondern weil wir als Gruppe diesen Antrag nicht selbst stellen können und weil es um ein Anliegen geht, das wir richtig finden: die Kriegskredite verhindern.

Daher fehlt mir auch jedes Verständnis, Christian Görke, warum meine alte Partei zu feige war, zumindest den Versuch zu unternehmen, den neuen Bundestag einzuberufen.

Dann hätte diese Sitzung womöglich Geschichte sein können, und die neuen Kriegskredite könnten auch Geschichte sein. Die Abgeordneten der Linkspartei haben damit eine historische Chance vertan.

Wenn man diese Kriegskredite wirklich verhindern will, dann versucht man es, auch wenn die juristische Chance noch so klein ist.

Ihr habt es nicht versucht, weil ihr lieber das größte Aufrüstungsprogramm der bundesdeutschen Geschichte in Kauf nehmt, bevor ihr in einer formalen Frage eine Mehrheit mit der AfD bildet. Wer soll euch noch ernst nehmen,
wenn ihr von Abrüstung redet?

Und das zeigt auch, wie notwendig es war, das BSW zu gründen. Es sieht nicht so aus, als wären wir im nächsten Bundestag vertreten. Aber bei dem knappen Ergebnis und den vielen Fehlern bei der Wahlauszählung: Wer weiß, was noch kommt.

Wir werden auf jeden Fall weiter gegen diese kranke Politik vorgehen, auch außerhalb des Parlamentes. Es ist ein historischer Tag, und Sie begehen einen historischen Fehler.
(
Der neue Kanzler ist noch nicht mal im Amt, und da folgt ihm der alte schon unterwürfig, samt der SPD. Sie wenden sich heute Friedrich Merz zu und werden mit ihm für die Aufrüstung stimmen. Und morgen stimmen
Sie mit ihm für Kürzungen bei der Rente, beim Bürgergeld, beim Elterngeld.

Experten sagen schon, dass sich durch Ihren Aufrüstungswahn die soziale Ungleichheit verschärfen wird. Von Friedrich Merz hätte man überhaupt nichts anderes erwartet.

Aber für die SPD ist das wieder einer dieser Tage in der Geschichte, an dem man noch die letzten echten Sozialdemokraten aus der Partei treibt.

Einer von ihnen schrieb mir nach der Debatte am vergangenen Donnerstag, wie enttäuscht er von seiner Partei ist, und schickte mir eine Kopie seines Austrittsschreibens an Lars Klingbeil. Es endet mit den Worten: Erspart uns bitte das Waffenrasseln und die atomare Drohkulisse! Bemüht euch um baldigen Frieden und eine Verständigung mit Russland, mit dem uns viel Gutes verbinden könnte! Da dies aber offenbar nicht gewünscht ist, gehe ich nach langem Zögern und Hoffen diesen Schritt, nachdem die SPD ihre alten Ideale verkauft hat: Freiheit, Gerechtigkeit, Solidarität und Frieden.

Die Rede in der Originalaufnahme des Bundestags

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