Julian Adrat live aus der Hauptstadt

Alles für das Tierwohl: Vegane Göttin in Unterwäsche

von Julian Adrat (Kommentare: 2)

Noch eine Demo im Berliner Mauerpark© Quelle: Julian Adrat

Die Meldung lautete: „Wir positionieren uns mit unseren Körpern in Unterwäsche gegen die Ausbeutung von Tieren! Wir sind für die körperliche Freiheit von Mensch und Tier und klären über Veganismus und Tierethik auf.“

Ich hatte mit einer meiner Tochter einen Besuch im Schwimmbad geplant, der Tag würde aufklaren und - selbst wenn nicht - meine Tochter sieht auch keinen Widerspruch darin, bei Regen schwimmen zu gehen. Nasser als im Schwimmbad könne einen der Regen auch nicht machen. Womit sie Recht hat.

Aber zuerst Mauerpark, wo uns am rechten Aufgang zur Anhöhe ein Schild begrüßt: „Hier nur chillen, nicht grillen“. Die Hänge stehen in prachtvoller Blüte der lila Lupinen. Eine Frau Ende vierzig mit blondem Pferdeschwanz und ihr alter Dackel sind die einzigen Parkbesucher - und die Dealer. Linkerhand kauern vier im Gebüsch, zwei auf Plastikstühlen.

An der Hinterlandmauer - Berlins berühmtestem Graffiti- Wall -, die den Mauerpark am höchsten Punkt vom Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark trennt, sprayen zwei biodeutsche Teenager. Zwischen uns fährt ein bulliger Schwarzer mit langen Rastas und Sonnenbrille hindurch. Der alte Dackel beeilt sich, zwischen den Pfützen hindurch sein Frauchen wieder einzuholen, das schon am nächsten Dealer-Grüppchen angekommen ist, welches um die Säuleneichen herumlungert.

Auch das Amphitheater ist leer, bis auf eine Frau mit Hörgerät und einem jüngeren Mann in den untersten Rängen, der in sein Handy versunken ist. Hier hätte ich die Demo eigentlich erwartet. „Wer Katzen liebt - kassiert!“, heißt es auf einem großen Werbe-Plakat am Ende der Anhöhe.

„Tausende Katzenbabies sterben jedes Jahr elendig, bevor sie 6 Monate alt werden. Stoppt das Katzenleid - kastriert! Straßenkatzen sind keine Wildkatzen. Sie werden von Freigängern gezeugt.“

Meine Tochter ist schon auf dem gepflasterten Weg angekommen, als mich ein Dealer aus seinem Versteck anruft. Bedauernd verneine ich lächelnd. Sollte es so sein, dass Tierschützer vor ein bisschen Regen kuschen, und nur die Dealer eisern ihrer Kundschaft harren?

Der Tag würde aufklaren, es sind 23 Grad gemeldet und schon jetzt füllt sich merklich der Park, der von Bauabschnitten durchzogen ist. Die aktuelle „Qualifizierung Mauerpark“, heißt es auf einem Schild, ist finanziert aus der „Städtebauförderung in Höhe von 5.836.000 Euro.

Mit dem Rasenplateau wird die raumprägende Fläche des ursprünglichen Mauerparks unter Berücksichtigung der etablierten Nutzungen und der Wünsche der Bürgerinnen und Bürger behutsam saniert. Am Falkplatz entsteht ebenfalls in enger Abstimmung mit den Bürgerinnen und Bürgern ein Quartierspark, der gleichermaßen Raum für Mensch und Natur bietet.“

Weiterlesen nach der Werbung >>>

Ihre Unterstützung zählt

Mit PayPal

An den mit Warnband abgesperrten Wildbereichen hängen Schilder, auf Deutsch und Englisch: „Die Wiese muss wachsen für Bienen und für andere Insekten. Bitte nicht betreten. Vielen Dank!“ Wir geben auf. Meine Tochter hat Durst, wir wollen noch ins Schwimmbad und ihr kleiner Bruder muss schon in zweieinhalb Stunden vom Kindergeburtstag abgeholt werden.

Aber gerade als wir den Park verlassen, erkenne ich sie sofort: Zwei Frauen in Unterwäsche bekleidet, ein junger Mann mit weißer Mütze, oberkörperfrei, dessen modische Hose tief hängt und weiblich anmutende Reizwäsche offenbart. Ich lasse meine Tochter an den Schutzpollern am Ausgang warten und nähere mich der winzigen Demo. Die Frau mit langen blonden Haaren trägt ein Schild, auf dem angekettete Hände eines Schwarzen neben mit Ketten gefesselten Elefantenfüßen abgebildet sind:

„Gleichberechtigung für alle. Egal wer sie sind! Leb vegan!“, ein traurig schauendes Kälbchen: „Nicht-Veganer finanzieren Tierversklavung! Leb vegan!“. Ein durch Gitterstäbe durchquerendes Schwein: „Die Tiere erleiden Qualen in den Gaskammern! Leb Vegan!“

Sie haben noch eine Menge weiterer Plakate dabei, „Veganismus ist unsere ethische Verpflichtung!“, grausame Bilder, die verstören, aber die Frage trotzdem nicht beantworten: Was tun mit den Tieren? Mit Mäusen, Hühnern? Entließe man die Kühe in die Wildnis, die Tode wären nicht minder grausam. Was tun mit sich frei fortpflanzenden Nutztieren? Sollte man alle kastrieren und schrittweise aussterben lassen?

Ihre Unterstützung zählt

Mit PayPal

Einen Kommentar schreiben

Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen. Aufgrund von zunehmendem SPAM ist eine Anmeldung erforderlich. Wir bitten dies zu entschuldigen.

Kommentare