Gegenüber der Berliner Zeitung äußerte sich Florian Hahn, der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion. Hahn ist bayerischer Bundestagsabgeordneter ebenso wie Petr Bystron von der AfD. Letzterer hatte das Thema jetzt wieder aufgewärmt und bekommt dafür Schützenhilfe des CSU-Abgeordneten.
Petr Bystron forderte die „Rückführung“ wehrpflichtiger Ukrainer in Deutschland, also gewissermaßen eine „Remigration“ an die Front. Florian Hahn greift diese Remigrationsforderung jetzt auf. Gegenüber der Zeitung sagt er unter anderem Folgendes:
„Die ukrainische Regierung habe wehrfähige Männer zur Rückkehr aufgerufen. Gleichzeitig haben die wehrfähigen Ukrainer in Deutschland vollständigen Anspruch auf Bürgergeld und über 125.000 beziehen dieses.(...) Diese Bürgergeldzahlungen konterkarieren indirekt die ukrainischen Verteidigungsanstrengungen und befinden sich auch mit unserem Verständnis von Wehrpflicht und Verteidigung des eigenen Landes nicht im Einklang. (...) Die Signalwirkung an die kämpfenden Ukrainer und auch nach innen ist schlecht, wenn wir auf der einen Seite von Kriegstüchtigkeit reden, andererseits aber den Wehrwillen indirekt beschädigen. (...) Deshalb spreche ich mich nicht nur dafür aus, die Bürgergeldzahlungen an wehrpflichtige Ukrainer in Deutschland auszusetzen. (Ich erwarte) in Abstimmung mit der ukrainischen Regierung eine schnelle Umsetzung und fortgesetzte Unterstützung, unter anderem durch Amtshilfeleistungen bei der Zustellung der Einberufungsbescheide“.
Diese Forderung ist mindestens hinsichtlich der Amtshilfe eine erneute Eskalation in dieser Frage.
Die CDU sprach sich noch am 18. Mai 2022 für die Sicherheit und Integration der geflüchteten Ukrainer aus. Die explizite Forderung, dass das nur Kinder, Frauen und Alte sein sollen, blieb aus. Niemand wurde an den Grenzen zurückgewiesen. Jeder, explizit auch wehrfähige Männer, kam sofort ins Bürgergeld, ohne hier einen Asylantrag stellen zu müssen.
Interessant in dem Zusammenhang sind aktuelle Zahlen zur Beschäftigung im Arbeitsmarkt. CDU-Chef Merz hatte dazu bereits Anfang des Jahres Angaben gemacht. Demnach seien in der Bundesrepublik nur 20 Prozent der ukrainischen Flüchtlinge in Arbeit, während die Quote beispielsweise in den Niederlanden bei 60 Prozent und in Polen bei 90 Prozent läge. Merz kritisierte damals, dass Ukrainer überhaupt Bürgergeld bekommen:
„Es war wahrscheinlich ein Fehler, dass wir vor zwei Jahren - unmittelbar nach Beginn der Flüchtlingskrise aus der Ukraine - zwischen Bund und Ländern entschieden haben, dass auch die ukrainischen Flüchtlinge praktisch sofort in das Bürgergeld gehen und nicht zunächst einmal für eine gewisse Zeit Asylbewerberleistungen bekommen.“
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Der Bundestagsabgeordnete Petr Bystron (AfD) konnte über eine kleine Anfrage weitere Zahlen in Erfahrung bringen. Demnach beziehen laut Angaben der Arbeitsagentur (Stand November 2023) rund 126.000 Ukrainer im Alter von 18 bis unter 60 Jahren Bürgergeld. Gemessen daran, dass sich über 200.000 Ukrainer in diesem Alter in Deutschland aufhalten, ist die Quote jener, die arbeiten oder eigenes Vermögen besitzen, besonders hoch und geht hier sogar Richtung 50 Prozent.
Insgesamt halten sich in der EU etwa 650.000 wehrfähige männlicher Ukrainer auf. Von Demonstrationen gegen den Krieg und für Friedensverhandlungen ist aus dieser großen Gruppe bisher wenig bis gar nichts zu vernehmen. Auch gibt es bis auf wenige Stimmen keine Lobby für diese Männer. Ende 2023 hatte Estland bereits angekündigt, dass man wehrpflichtige Ukrainer ausliefere, sollte Kiew das wünschen. Die Berliner Zeitung zitiert dazu Innenminister Lauri Läänemets:
„Wenn die Ukraine es braucht, kann Estland diese Personen finden und sie an die Ukraine ausliefern. Im Allgemeinen wissen wir, wo diese Menschen sind und was sie tun. Die meisten von ihnen gehen zur Arbeit und haben einen Wohnsitz in Estland.“
Klaus Ernst, der ehemalige Parteivorsitzende der Linkspartei, der jetzt zum Bündnis Sahra Wagenknecht überwechselte, kommentierte die Forderungen von Hahn (CSU) und Bystron (AfD) via X:
„Viele Menschen aus der Ukraine wollen nicht ihr Leben für einen sinnlosen und aussichtslosen Krieg opfern. Unsere Kriegstreiber sind aber nur zu gerne bereit, das Leben anderer aufs Spiel zu setzen. Vertreter der Union wollen den ukrainischen Flüchtlingen nun die Gelder streichen. Man will sie zur Rückkehr bewegen und treibt sie damit in den Tod. Das ist diese widerliche Doppelmoral, die uns zunehmend umgibt, von Strack-Zimmermann bis Friedrich Merz. Die ungeprüfte Grenzöffnung für Ukrainer war gegenüber anderer Flüchtlinge ein Problem. Aber, dass wir Menschen schützen, deren Leben durch den Einsatz in diesem Krieg bedroht ist, muss eine Selbstverständlichkeit sein! Dieser Vorschlag ist abscheulich! 200.000 Geflüchtete zeigen, dass die Menschen in der Ukraine nicht mehr kämpfen wollen!“
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Kommentar von Max Meier
Die besagten männlichen Ukrainer sind weder Deserteure noch fahnenflüchtig, schlicht und ergreifend deswegen, weil sie noch keine Soldaten waren, also keinen Fahneneid geleistet haben, bevor sie ausgereist sind. Als ehemaliger Berufssoldat habe ich auch volles Verständnis für jeden Mann, sei er Ukrainer, Russe, Deutscher oder sonst was, der sich in diesem Krieg nicht sinnlos verheizen lassen will.
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Kommentar von Sven Korte
Hm, laut Text hat Herr Bystrom nur eine Anfrage nach den Zahlen gestellt. Ich lese da aber nicht, dass er die Ukrainer in den Krieg schicken will, so wie das die CDU will.
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Kommentar von Eugen Karl
"Feiglinge und Verräter" sind nicht die Deserteure, diese sind vielmehr klug und besonnen, Feiglinge und Verräter sind diejenigen, die junge Männer in den Krieg schicken und dabei selbst in sicheren Büros sitzen, Diäten verkonsumieren und Maulaffen feil halten.
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Kommentar von Palmström
Na da sehe ich doc schon wie Herr Bernd Neumann im Stechschritt in Berlin vor der russischen Botschaft auf und ab marschiert.
In der Ukraine leben mehrere Ethnien. Die wiederum von den „echten“ Ukrainer drangsaliert werden. Andere Ukrainer sind Pazifisten und friedliebende Menschen.
Das Geplärre von diversen Politikern ist unsäglich.
Von vorn herein hätte den Menschen von dort ein Asylstatus auf Antrag gegeben werden müssen. Dann wären das klare Verhältnisse.
Ds hinterhältige der Politik war die Übernahme in das Sozialsystem mit der Hoffnung Menschenmaterial für den Arbeitsmarkt zu haben.
Aber wie sollen Politiker ohne Beruf und Abschluss auch wissen wie die Anforderungen auf dem Arbeitsmarkt sind.
Wenn jemand aus der Ukraine nun aus dem Bürgergeld raus soll, wird er Asyl beantragen. Auch gut. Weniger Geld ist immer noch besser als durch das Minenfeld zu springen.
Die ukrainischen Systemlinge in ihren dicken Autos werden verschwinden, die werden mit Asyl nicht ihr Leben gefährden wollen.
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Kommentar von hans
… im 'Wertewesten nix Neues' - zum Kriegsgeschrei der 'BRD'-Kamarilla erinnere ich, wieder 'mal, an Erich Maria Remarque; '… ich dachte immer, jeder Mensch sei gegen den Krieg, bis ich herausfand, dass es welche gibt, die dafür sind, besonders die, die nicht hingehen müssen.'
… ohne die 'BRD' und die EU-Kommissare wäre der 'Russland/Kokaine-Konflikt' in 2-Tagen beendet. Nix spräche dagegen Ukrainer dann zum Wiederaufbau heim zu schicken. 'Man' muss es nur wollen.
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Kommentar von I. Bieger
@Bernd Neumann
Was für ein abstoßender, selbstherrlicher Kommentar - in welchem Krieg haben Sie denn gekämft? Aber vom Sofa aus alles besser wissen - widerlich.
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Kommentar von I. Bieger
@Bernd Neumann
Was für ein abstoße
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Kommentar von Paul
Ich halte diesen Vorstoß für falsch. Er basiert auf einer schiefen Ebene und auf falschen Prinzipien.
Es ist falsch, den Männern die Einberufungsbescheide zuzusenden. Was geht es uns an, ob sich die Leute in diesem Krieg verheizen lassen wollen? Ich persönlich hätte keine Lust, beispielsweise für Deutschland in den Krieg zu ziehen. Wir haben kein Recht, über das Leben anderer zu entscheiden.
Richtig wäre es, Flüchtlingen im allgemeinen kein Bürgergeld zu zahlen, sondern einzig Unterkunft, Verpflegung und womöglich ein Taschengeld zu gewähren. Einen solchen Antrag könnte man unterstützen. Hier ist die schiefe Ebene, auf der wir uns befinden.
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Kommentar von hans
… genau, Bernd Neumann, 'Deserteure sind Feiglinge und Verräter' und Agnes Strack-Rheinmetall ist Oma Courage.
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Kommentar von Bernd Neumann
Deserteure sind Feiglinge und Verräter - und das gilt bei allen Völkern der Welt, Doch halt - nicht bei den Deutschen, die so eifrig aus ihrer Geschichte gelernt haben und nun Feigheit und Verrat für eine Zier halten und denken, das brächte „Frieden". Darum sollen ja auch immer andere für ihre Sicherheit sorgen. Nachdem das 70 Jahre die Amerikaner getan haben, kommen bei einigen nun die Russen in Mode. Hauptsache, man muß selbst nichts tun und behält die moralische Narrenkappe auf.
Deutschland muß sich nicht zum Richter über ukranische Fahnenflüchtige und Verräter machen, aber es muß sie auch nicht schützen und alimentieren. Männliche Ukrainer zwischen 18 und 35 haben in Deutschland nichts verloren. Die meisten, die hier in diesem Forum neurechtem Vulgärpazifismus frönen, würden gleiches einem Afghanen oder Ivorer nicht zubilligen - dabei suchen auch diese in Deutschland nur ein besseres Leben. Über den Schutz oder die Förderung russischer Pazifisten und Deserteure hört man hier nichts.
Aber zum Glück sehen die meisten Deutschen das anders. Auch Linke mögen keine feigen Drückeberger.
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Kommentar von .TS.
@Hans Walter Müller: Danke für die Ziffern zum relevanten Kontext!
Insbesondere die in der Antwort getätigte Aussage "Insofern kann die Studie – trotz ihrer eingeschränkten Repräsentativität – als Bestätigung für den von Deutschland bei der Aufnahme ukrainischer Flüchtlin-
ge eingeschlagenen Weg gesehen werden" ist bezeichnend, denn es ist schon gewagt die Tatsache daß Deutschland statt des kulturell und sprachlich näheren Polens bevorzugt wird ein Gütesiegel für den deutschen Sonderweg sei.
Allerdings fehlt mir weiterhin die Aussagen Bystrons dazu - würde mich nämlich schon sehr interessieren ob er tatsächlich Rückführung zum Fronteinsatz oder nur eine Gegenleistung für den Aufenthalt hier fordert.
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Kommentar von Hans Walter Müller
@Kommentar von .TS. - 25.03.2024 um 11:48 Uhr
Vermutlich stammen die zitierten Zahlen aus der kleinen Anfrage
"04.12.2023 BT-Drucksache 20/9619 (Kleine Anfrage Fraktion der AfD)"
und der Antwort der Bundesregierung dazu
"29.12.2023 BT-Drucksache 20/9946 (Antwort Bundesregierung)"
Die Originale sind zu finden im "Dokumentations- und Informationssystem für Parlamentsmaterialien (DIP) "
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Kommentar von R.S.
Film "Leben und Sterben im Donbass "von Filmemacher Domke-Schulz."Noch" bei Youtube zu sehen.
Domke-Schulz hat drei Jahrzehnte für ARD und MDR gearbeitet.
"Donbass-Filmer werden in Deutschland verfemt und verfolgt,"sagt der Filmemacher.
Aber wenn man den Film gesehen hat,weiß man,warum Ukrainer hier sind und eben nicht an der Front.
Es gibt auch einen Artikel dazu bei den Nachdenken Seiten
https://www.nachdenkseiten.de/?p=97152
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Kommentar von .TS.
Kann man die Originalaussagen von Bystron irgendwo finden? Im Text werden leider nur die anderen Aussagen zitiert bzw. verknüpft.
Generell ist es begrüßenswert daß die Vorkommentatoren sich nicht der verantwortungslos populistischen Forderung anschließen sondern erkennen daß es sich bei den ukrianischen Männern um berechtigte Flucht vor einem sinnfreien Ende als Kanonenfutter in einem von außen angeheizten Stellvertreterkonflikt zwischen zwei sehr nahestehenden Volksgruppen handelt, ganz anders als bei den unzähligen "Klimaflüchtlingen", Scheinschwulen, Bartjugendlichen usw.
Daher sollte man auch klar trennen zwischen der berechtigten Gewährung von Sicherheit und der fragwürdigen Vollversorgung leistungsfähiger Personen.
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Kommentar von Bernhard Rossi
Die Talkschau-Stichwortgeber wie Kiesewetter, Strack, Zimmermann, Hofreiter, Baerbock, Lang, Nouripour, Lindner & Co. mögen ihre Kinder und ihre Neffen dorthin schicken. Dann geht es auch schneller mit einem unverzüglichen Friedensvertrag. Es gilt: Die Leute narrt man aus der Entfernung, aus der Nähe nur sich selbst.
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Kommentar von Christiane Moser
Wer bläst hier eigentlich zum Kampf und will den Krieg nicht beenden ? Macron will Bodentruppen in die Ukraine schicken, damit hat er gewiß nicht die Ukrainer gemeint.Sollen Franzosen, Spanier, Polen oder Deutsche dort kämpfen und sterben, während die wehrpflichtigen Ukrainer hier geschützt werden ? Das Problem wäre doch schnell zu lösen, wenn man wollte. Setzt Euch endlich an den Verhandlungstisch und beendet das Sterben auf allen Seiten !
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Kommentar von Eugen Karl
Ja, die AfD will ja auch die männerdiskriminierende Wehrpflicht wieder einführen. Davon halte ich gar nichts. In einem Land, das das Recht auf Kriegsdienstverweigerung im Grundgesetz führt, wirkt es höchst befremdlich, wenn es vor Kriegsdienst Geflohene in ein Land ausliefern will, das dieses Recht nicht kennt. Und überhaupt: was war eigentlich mit den vor Krieg geflohenen Syrern? Da waren solche Ideen nicht zu hören.
Andererseit bin ich auch grundsätzlich gegen Bürgergeldzahlungen an wen auch immer. Heizung, Kleidung, Lebensmittel, mehr braucht man in der Not nicht (ich würde vielleicht noch Bücher hinzusetzen).
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Kommentar von Carl Peter
Ich möchte die Worte vom Innenminister Lauri Läänemets aus Estland etwas umschreiben:
„Wenn die Ukraine es braucht, können die europäischen Länder genügend wehrfähige Menschen finden und sie in die Ukraine schicken. Im Allgemeinen wissen diese Länder, wo diese Menschen sind und was sie tun. Die meisten von ihnen gehen zur Arbeit und haben einen festen Wohnsitz .“
Aber im Ernst, Parteien, die Menschen in einen Krieg schicken, halte ich für unwählbar.
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Kommentar von Siggi S.
Da erscheint die Wiedereinführung der Wehrpflicht und die Mobilmachung in D. unter einem anderen Licht. Für die hier Schutzsuchenden habe ich allerdings größtes Verständnis.
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Kommentar von August Klose
Ich kann jeden jungen Ukrainer verstehen, der sich nicht für Sleepy Joe's Stellvertreterkrieg verheizen lassen will. das zum Ersten. Ich kann aber genauso wenig verstehe, dass diese jungen Männer Bürgergeld auf Dauer bekommen. Es gibt genug Arbeit im Land um seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Das zum Zweiten. Also: Lebensschutz in Deutschland JA, aber um den Preis der Einbringung in die gesellschaftliche Wertschöpfung.
Antwort von Alexander Wallasch
Ja, aber wie Sie dem Text entnehmen können, ist die Quote derjenigen, die sich hier einbringen besonders hoch unter den "wehrpflichtigen" Ukrainern