Konkret ging es vielfach um eine Haltung zur illegalen Massenzuwanderung. Deutschland befand sich im vierten Durchgang der Merkel-Regierung; die Demokratie hatte bereits Schlagseite, als die etablierten Parteien alles in die Waagschale warfen, um die AfD, die seit 2017 im Bundestag saß, als Mitbewerber auszuschalten.
Beispielhaft titelte der „Focus“ 2019:
„Angst vor Tabus: Viele Deutsche trauen sich nicht, ihre Meinung zu sagen“.
Untermauert wurde die Aussage damals zum einen durch die Shell-Jugendstudie und zum anderen durch eine ARD-Umfrage. Erstere hatte unter anderem ermittelt, dass 68 Prozent der Befragten zwischen 12 und 25 Jahren folgender Aussage zustimmten:
„In Deutschland darf man nichts Schlechtes über Ausländer sagen, ohne gleich als Rassist beschimpft zu werden.“
Die Öffentlich-Rechtlichen hatten 2019 bei Infratest Dimap eine Befragung beauftragt, die unter anderem ergab, dass 64 Prozent der Brandenburger und 69 Prozent der Sachsen die Aussage bejahten: „Bei bestimmten Themen wird man heute ausgegrenzt, wenn man seine Meinung sagt.“
Mit Allensbach kam damals ein weiteres Institut zu dem Ergebnis, dass die Mehrheit der Deutschen glaubt, sich in der Öffentlichkeit nicht mehr zu allem frei äußern zu können.
Sechs Jahre später untersucht der INSA-Meinungstrend erneut, wie es um die Wahrnehmung der freien Meinungsäußerung bestellt ist:
Wenn man davon ausgeht, dass die freie Meinungsäußerung ein Gradmesser für eine funktionierende Demokratie ist, sind die neuesten Ergebnisse von INSA alarmierend. Die Bundesregierung selbst betonte anlässlich des 75. Jahrestages des Grundgesetzes:
„Ohne freie Meinungsäußerung und ohne freie Berichterstattung durch die Presse ist Demokratie nicht vorstellbar.“
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INSA Meinungstrend fragte:
„Glauben Sie, dass manche Personen ihre politische Meinung nicht äußern, weil sie Angst vor Konsequenzen haben?“
Mit Blick auf den Zustand unserer Demokratie sind die Antworten erschreckend: 76 Prozent der Befragten bejahten diese Aussage, während nur zehn Prozent der Meinung waren, dass dies nicht der Fall sei.
Ebenso bedenklich: Auch die persönliche Betroffenheit wurde abgefragt. Hier gab jeder Dritte an, schon einmal seine politische Meinung nicht geäußert zu haben, weil er Angst vor Konsequenzen hatte. Dabei muss berücksichtigt werden, dass viele Menschen grundsätzlich kein Bedürfnis haben, eine politische Meinung öffentlich zu äußern, oder gar keine gebildet haben – dieses Drittel wiegt daher besonders schwer.
INSA untersuchte auch die unterschiedlichen Altersgruppen. Dabei zeigt sich, dass die Angst mit zunehmendem Alter kontinuierlich abnimmt. Die 30- bis 39-Jährigen haben mit 45 Prozent der Befragten am häufigsten Angst, offen ihre Meinung zu sagen. Sie haben noch viele Arbeitsjahre vor sich und in der Regel mehr zu verlieren als die 60- bis 69-Jährigen, bei denen noch 27 Prozent Angst haben, sich politisch zu äußern.
Zuletzt fragte INSA nach der Parteianhängerschaft. Wenig überraschend sind es die AfD-Anhänger, die mit 46 Prozent am meisten Angst haben, ihre Meinung zu äußern. Am sorglosesten sind die Anhänger der Grünen mit 25 Prozent. Man kann also vermuten, dass diejenigen, die anderen am häufigsten einen Maulkorb verpassen wollen, selbst am wenigsten Sorge haben, einen verpasst zu bekommen.
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Kommentare
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Kommentar von Max Meier
Da eine missliebige Meinung hierzulande nach eigenem Ermessen eines Richters als Hass und Hetze oder auch als strafbewehrte Politikerbeleidigung ausgelegt werden, existiert selbstredend keine Meinungsfreiheit mehr.
Daher ist es unerheblich, ob man noch dran glaubt (an die Meinungsfreiheit).
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Kommentar von Rainer Möller
Letzten Endes ist Desillusionierung und Zynismus der einzige Weg zur Besserung. Die Leute glauben den schönen Reden und Versprechungen der Politiker nicht mehr. Und daher ist sogar auch der (heimliche) Zynismus der herrschenden Klasse begrüßenswert - unter den 76 Prozent sind zweifellos auch viele, die es geradezu prima finden, dass sich der Pöbel nicht mehr traut, seine Meinung zu äußern. So zerfällt die Ideologie "unserer" Demokratie und irgendwann auch ihre Realität.
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Kommentar von Schwar Zi
Klappe halten ist das NEUE / ALTE Narrativ. Aber warum? Ganz einfach, weil viele schwiegen, als sie ihre Stimme hätten erheben müssen. Und auch wenn mir wieder Sezession vorgeworfen wird, die Hauptschuld sehe ich bei den Beschwichtigern in den gebrauchten Bundesländern. Ich betone, beim Beschwichtigungsbürgertum. Nicht pauschal bei allen Bewohnern dieser Bundesländer.
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Kommentar von F. Lo
„Hier gab jeder Dritte an, schon einmal seine politische Meinung nicht geäußert zu haben, weil er Angst vor Konsequenzen hatte. Dabei muss berücksichtigt werden, dass viele Menschen grundsätzlich kein Bedürfnis haben, eine politische Meinung öffentlich zu äußern, oder gar keine gebildet haben – dieses Drittel wiegt daher besonders schwer.“ Sehr richtig. Dabei muss man ja nicht mal unbedingt „Angst vor Konsequenzen“ haben, wenn man eine politische Ansicht offenbart. Im kleineren Kreis von mutmaßlich SPD- und Grünen-Wählern ist oft einfach die Lust gering, unergiebige Diskussionen anzuzetteln, aus Selbstschutz und zur Zeitersparnis.
Grundsätzlich sind aber die zitierten Befunde sicherlich alarmierend. Und unter der neuen Koalition mit SPD-Justizminister*in dürfte sich wenig ändern.
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Kommentar von Red Marut Jr.
Wessen Meinung nicht auf woker Linie ist, hält seit längerem mit der seinen sich besser zurück. Wozu braucht es da noch Umfragen? Selbst im näheren Bekanntenkreis wird sich seit Corona über Blumen, Tiere und eine Zeit unterhalten, in der das Brötchen Pfennige, nicht den Euro kostete. In ihrer Demokratie ist es besser die Klappe zu halten. In ihrer Demokratie würden sie sagen, seine dumme Fresse zu halten. Besser ist das.