Gerade auch alternativen Medien sollte das Leben schwer gemacht werden. Möglicherweise in der damals totalitär anmutenden Manier und dem bewussten Willen, kritische Perspektiven zu unterdrücken, beschloss man ohne großes Aufsehen eine Anpassung des entsprechenden Staatsvertrags in Paragraf 19, welcher es künftig Aufsichtsbehörden erlauben sollte, selbst gegen den einfachen Online-Blogger vorgehen zu können, wenn sich dieser nicht an die Pflicht zu berufsethischem Handeln hält.
Während es Fernsehsender und Tageszeitungen sind, die der Selbstregulierung unterliegen und sich Entscheidungen des Presserates oder Rundfunkräten verpflichtet fühlen, ist es die veröffentlichende Einzelperson gewesen, welche sich bis zu diesem Zeitpunkt nicht unter der Fuchtel eines externen Beobachters wiederfinden musste. Schließlich hielt man Art. 5 GG hoch, um prinzipiell jedem die Gelegenheit zu geben, sich frei äußern zu können.
Und während zahlreiche Experten und Verfassungsrechtler scharfe Kritik daran übten, dass nicht nur die schwammige Formulierung in der Neuregelung Tür und Tor für Missbrauch öffne, begannen die ersten Landesmedienanstalten damit, Influencer oder Aktivisten zu ermahnen, wenn sie beispielsweise auf einer eigenen Webseite regelmäßig, auf Dauer und gewerbsmäßig (also durch Werbung oder Abos finanziert, vgl. https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/online-medien-aufsicht-hinweisschreiben-medienanstalten-presserat-medienstaatsvertrag-verfassungsrecht) redaktionelle Texte zur Verfügung stellten, hierbei aber vergaßen, Quellenangaben für die von ihnen bereitgestellten Informationen anzugeben.
So baute sich nach und nach eine ganze Welle an zensorischen Eingriffen ziemlich willkürlich und eigenständig agierender Ordnungshüter auf, deren Unabhängigkeit infrage gestellt werden muss, weil sie am Ende doch selbst nicht gewährleisten können, Ferne von den regierenden Machthabern zu praktizieren. Aktuell hat es nun Alexander Wallasch getroffen, der mit einem ellenlangen Schreiben eines solchen Kuratoriums aus Niedersachsen bedacht wurde.
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3000 Artikel soll er überarbeiten oder löschen, weil er angeblich nicht dokumentiert habe, ob von ihm angeführte Darstellungen von Migrantengewalt unter vornehmlich syrischen und afghanischen “Flüchtlingen” mit Blick auf ihre Richtigkeit hinreichend verifiziert wurden.
Auch seine Berichte über die Pandemie wurden erwartungsgemäß gerügt, entsprechen sie doch nicht dem hoheitlichen Narrativ, dass damals alles richtig gemacht wurde. Und so ist es für den Kollegen nun eine existenzielle Frage, wenn ihm die Einleitung eines förmlichen Verfahrens mit erheblichen Kosten und Strafen angedroht wird, sollte er dem Ersuchen eines halboffiziellen Kontrollorgans nicht nachkommen, welches sich auf höchst unklare Definitionen beruft. Zwar besagen die Publizistischen Grundsätze in Ziffer 2, dass “Informationen in Wort, Bild und Grafik […] mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen und wahrheitsgetreu wiederzugeben [sind]”.
Doch wann stellt ein Beitrag eine Nachricht und wann einen Kommentar dar? Denn gerade für persönliche Ansichten und individuelle Auffassungen, so hat das Bundesverfassungsgericht immer wieder betont, braucht es keine weitergehende Untermauerung: “Meinungsäußerungen müssen jedoch grundsätzlich nicht begründet werden, sondern genießen unabhängig davon Grundrechtsschutz, ob sie rational oder emotional, begründet oder grundlos sind”, entschied man im Beschluss vom 9. November 2022 unter Az.: 1 BvR 523/21 (vgl.: https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2023/bvg23-005.html).Ob die im Genre der Kolumne zu Rate gezogene Aufmacher und Hintergründe tatsächlich der Angabe eines Ursprungs bedürfen, ist insofern höchst umstritten.
Zwar ist auch bei dieser Sparte davon auszugehen, dass der Autor stets mit gesundem Menschenverstand darauf achtet, schlichte Falschbehauptungen zu unterlassen. Doch in der Regel genügt es, wenn eine Neuigkeit auf ihre Plausibilität abgeklopft wird (vgl.: https://www.journalistenkolleg.de/lehrgang/aufbau/a010-journalistisches-recherchieren). Zudem kann davon ausgegangen werden, dass bereits in der Breite bekannte Sachverhalte nicht zitierwürdig sind und durch Nachweis gesondert bezeugt werden müssen: “Unter Allgemeinwissen versteht man Inhalte, die in vielen Quellen zu finden sind, die nicht neu oder ungewöhnlich sind und insgesamt als gültig akzeptiert gelten”, so der gängige Maßstab innerhalb und außerhalb wissenschaftlichen Arbeitens (vgl.: https://www.med.uni-freiburg.de/de/verwaltung/akademische-angelegenheiten/promotionen/dr-med-dr-med-dent-alte-po/med-fakultaet-zitierleitfaden-2aufl.pdf).
Daher ergibt sich in der Gesamtschau nicht nur die Fragestellung, inwieweit es mit dem Grundgesetz vereinbar ist, jeden Einzelnen von uns ab einem gewissen Grad der Professionalisierung unter Beobachtung zu stellen, wenn es für die Beurteilung seines Handelns keine der Eindeutigkeit Genüge tuenden Explikationen oder Klarlegungen gibt. Wir befinden uns sodann im Rahmen des Gutdünkens, Spekulierens und Feilschens um die korrekte Auslegung von Normen und Werten in Lust und Laune.
Gleichsam ist unser Miteinander vor das schlichte Problem gestellt, dass die von einer außer Rand und Band geratenen Überwachungskavallerie beliebig genutzten Gradmesser für das Moralisieren und Büßenlassen bis heute keine Verbindlichkeit in einem kollektiven Minimalkompromiss gefunden haben.
Es bleibt daher zutiefst beanstandungsfähig, in welch dreister Mentalität ein System gerade dort Willkür ausübt, wo das demokratische Prinzip doch eigentlich einen Konsens des Souveräns erfordert.
Besonders zu loben ist daher der Ausdruck von Rückgrat und Courage, wenn der Gescholtene die Bevormundung von außen zurückweist und angekündigt hat, erlassene Vorgaben nicht widerspruchslos hinzunehmen. Er darf sich hierbei auch meiner Unterstützung und Solidarität sicher sein.
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Kommentar von Mathias Markert
Ja, stimmt alles. Ich schreibe den Staatsanwaltschaften immer: Das stelle ich als allgemein bekannt und offenkundig unstrittig.
Hat noch niemand etwas dagegen eingewendet. Bei sehr sehr vielen Strafanzeigen und Strafanträgen von mir.
Ansonsten rate ich einfach... drehen wir den Spieß mal um;
"So ist es. Und ich empfinde und werte das als Nötigung und Bedrohung. Also die Zensur, Aber ich bin da der Einzige. Schade!
https://x.com/MathiasMarkert/status/1864327910493942042
JEDER kann da aber mitmachen ... oder mir bei diesem Projekt helfen ...
"Strafanzeige, Strafantrag, Meldung beim Verfassungsschutz Habeck. 240, 241 StGB Nötigung und Bedrohung Meinungsfreiheit, Zensur".
Jeden "Faktencheck" habe ich schon bestanden für meine Arbeiten ... und insbesondere den "#Merz"! habe ich auch auf der Liste ... "
Der Einzige, weil niemand diese Strafsache multipliziert .. sehr bedauerlich .. aber wie sagt man so schön:
Das war bei uns schon immer so!
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Kommentar von .TS.
Forderung aus Niedersachsen. Dort sitzt auch der heise-Verlag mit Telepolis daß erst kürzlich sämtliche potentiell neubewertungsbelüsteten Texte schlicht platt gemacht hat. So ein Zufall aber auch!
Nur: In dem LMN-Brief steht nichts von 3000 Beiträgen, sondern nur 4 exemplarische Beiträge die "möglicherweise" verstoßen "könnten". Nach derart langer Zeit der unbeanstandeten Veröffentlichung faktisch eine Luftnummer.
Aber in einem zerfaeserten Justizsystem in dem Recht zunehmend vom Willkürenregime ausgebootet wird muß man dennoch auf alles gefasst und gewappnet sein. Narrenfreiheit gibts nur für den per se abhängigen Schutzgeldschundfunk und andere gesinnungskonforme Büttelmedien.
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Kommentar von serge
Auszug aus dem Artikel “Liberté d’expression et Ordre des médecins“
(„Meinungsfreiheit und Ärztekammer) bei Kairos presse.
Manchmal wird den Widerstandskämpfern Gerechtigkeit widerfahren.
Man darf nicht verzweifeln .
In einem vernichtenden Urteil vom 12. Dezember 2024 erinnerte der belgische Kassationshof an die Grundprinzipien der Meinungsfreiheit, die formal durch Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention(1) und Artikel 19 der belgischen Verfassung(2) garantiert wird, und verkündete: „In einer Debatte von allgemeinem Interesse kann die Meinungsfreiheit nicht auf die Darstellung der allgemein anerkannten Ideen beschränkt werden; sie erstreckt sich auf die Verbreitung von Informationen, die in Bereichen, in denen es an Gewissheit mangelt, Anstoß erregen, schockieren oder beunruhigen. “
Im vorliegenden Fall hatte der Gerichtshof über die Rechtmäßigkeit eines Disziplinarurteils zu entscheiden, das am 13. Dezember 2022 vom Berufungsrat der Ärztekammer (OM) erlassen wurde. Dieser hatte gegen einen ihrer Mitglieder, der einen kritischen Artikel über die Gesundheitsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Covid-19-„Pandemie“ veröffentlicht hatte, die Disziplinarstrafe einer Verwarnung verhängt, mit der Begründung, dass der Artikel nicht vorsichtig genug sei und die breite Öffentlichkeit irreführen könne und daher die Ärzteschaft diskreditiere.
Das grundlegende Argument des Gerichtshofs lässt sich wie folgt zusammenfassen: „Eine öffentliche Behörde, insbesondere eine Disziplinarbehörde, darf die Freiheit einer Person, in einer Debatte von allgemeinem Interesse, in der es an Gewissheit fehlt, ein Werturteil zu äußern, nur unter der Voraussetzung einschränken, dass es nicht auf einer ausreichenden Tatsachengrundlage beruht; sie darf bei der Prüfung dieser Voraussetzung das geäußerte Werturteil nicht durch ein anderes Werturteil ersetzen, das sie für vorzugswürdig hält.“
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die belgischen Bürger dank dieses besonders hartnäckigen Arztes ihre verschiedenen kritischen Meinungen weiterhin frei äußern können, sofern sie ausreichend begründet sind. Die belgischen Ärzte scheinen der Einführung eines obskurantistischen Imprimatur-Systems entgangen zu sein..
In Wirklichkeit lässt sich diese Schlussfolgerung jedoch nicht auf Belgien beschränken. Aufgrund seiner allgemeinen Tragweite und weil es vollständig mit der ständigen Rechtsprechung des EGMR (Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte) übereinstimmt, kann und muss dieses Urteil vor allen Gerichten der Länder, die diese Konvention unterzeichnet haben, geltend gemacht werden.
Zögern Sie also keinen Moment, diese Information in Ihrem Bekanntenkreis zu verbreiten, und teilen Sie sie insbesondere denjenigen mit, deren Meinungsfreiheit derzeit am stärksten gefährdet ist: der freien und unabhängigen Presse, dem Pflegepersonal, aktiven Bürgern, die die Auswüchse des Systems anprangern wollen, etc.
https://www.kairospresse.be/liberte-dexpression-et-ordre-des-medecins/
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Kommentar von F. Lo
Die Frage ist ob Landesmedienanstalten bei ALLEN Medien sorgsam prüfen, ob die journalistische Sorgfaltspflicht eingehalten wurde, ob Artikel nicht gut belegte Behauptungen aufweisen, ob „emotionalisierende und sensationslustige Aussagen“ zu identifizieren sind, ob ein Statement unrichtig ist. Ich hege den Verdacht, wenn man alle Telemedienangebote gleichermaßen kritisch prüft, hätte man angesichts des riesigen täglichen Angebots an Medieninhalten sehr viel zu tun. Und, ja, grundsätzlich stellt sich die Frage, was noch von Meinungsfreiheit übrigbleibt, wenn sich Behörden (oder Meldestellen oder …) bemüßigt sehen, Beiträge quasi mit Schulnoten zu bewerten. Wenn Meinungsäußerungen, wie oben dargelegt wurde, Grundrechtsschutz genießen, egal ob sie rational oder emotional, begründet oder grundlos sind, bedeutet das, es gibt einen beträchtlichen Spielraum bei dem, was jemand äußert und bewertet. Er darf auch Unsinn verbreiten, wobei ich davon ausgehe, dass seriöse Journalisten nicht bewusst Desinformationen in die Welt setzen.
Auch im Beschluss des BVerG vom 1. August 2001 https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2001/08/rk20010801_1bvr190697.html wurde bereits ausgeführt, „das Grundrecht der Meinungsfreiheit schützt die Meinungskundgabe unabhängig davon, ob die Äußerung rational oder emotional, begründet oder grundlos ist und ob sie von anderen für nützlich oder schädlich, wertvoll oder wertlos gehalten wird … Auch die polemische oder verletzende Formulierung der Aussage entzieht sie nicht seinem Schutzbereich … Das Grundrecht auf Meinungsfreiheit gilt allerdings nicht vorbehaltlos. Es findet in Art. 5 Abs. 2 GG unter anderem eine Schranke in den allgemeinen Gesetzen, zu denen auch die ehrschützende Bestimmung des § 185 StGB gehört, …“ Klar, Meinungsäußerungen dürfen nicht gegen Gesetze verstoßen. Die gängige aktuelle Praxis, auch Äußerungen unterhalb der Strafbarkeitsgrenze schon an den Pranger zu stellen, verengt den Meinungskorridor doch aber sehr.