Toddn Kandzioras Wochenrückblick 34/2021

Wer denn noch - wenn nicht wir?

von Toddn Kandziora

Kolumnist Toddn: „An ihre Verachtung haben wir uns fast gewöhnt. Uns jedoch damit abzufinden Menschen ohne Wert zu sein, dieses harte Brot wird manch einer nicht bereit sein zu schlucken.“© Quelle: Screenshot: YouTube / Schicht im Schacht: Abschied von der Kohle | WDR

Hallo, schöne neue Welt. Wieder hast du mich zurück in deinen technokratisierten, so beschützenden Fängen. Seit vier Tagen jetzt wieder. Und seit drei Tagen bist du mir zu viel des Guten. Deine durchdringende Liebe und Fürsorge, für so einen wie mich, die ist oft schwer zu ertragen.

Gestern war ich nach mehreren Wochen wieder in die unweit entfernte Kreisstadt gefahren. Ich hatte ein paar Ämtergänge zu erledigen. Um in den betreffenden Häusern Einlass zu erhalten, musste ich mich schoneine Woche zuvor im Internet per Mail um einen Termin bemühen. Wegen der pandemischen Notlage, die dieser Tage wieder einmal im Bundestag um Monate verlängert wurde, weil, nun sie wissen schon.

Nachdem ich glücklicherweise zwei Amtstermine an einem Tag per Mailrückantwort erhalten hatte, machte ich mich mit einem geliehenen Auto, das von einem bösen Verbrennungsmotor angetrieben wurde, auf den Weg in die kleine Stadt hinter meinen Bergen.

Vor dem ersten Amt, draußen vor der Tür angekommen und im leichten Regen wartend, war mein Name nicht auf der Besucherliste geführt. Mein Humor blieb trocken und ich höflich. Nach einem kleinen Plausch über dies und das wurde ich dann netterweise trotzdem eingelassen. Ungetestet und ungeimpft, einzig mit Maske. Ich fühlte mich frei, akzeptiert und war zufrieden. Trotz der Maske im Gesicht. Wer hätte das vor einem Jahr noch für möglich gehalten, wie wenig es heute bedarf, um sich als Mensch zu fühlen.

Noch ist ein Amtsbesuch für mich möglich. Noch. Nach der Septemberwahl wird es für Menschen wie mich schwerer in diesem Land werden. Denn schon im Oktober nach der Wahl werde ich als eine in Niedersachsen gemeldete Person doppelt geimpft oder genesen sein müssen und wenn nicht, einen negativen Test vorweisen müssen, um noch ein öffentliches Amt betreten zu dürfen.

Für den Test werde ich aus eigener Tasche zahlen müssen. Ob ich mich gesund fühle, ist dabei unerheblich. Anhand heutiger Expertenlogik können nämlich zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit geimpfte Menschen von sich gesund fühlenden Menschen mit einem Virus infiziert werden.

Wie hoch mein Ablass sein wird, den ich im Herbst zu entrichten habe, um zumindest eine existenzsichernde Teilhabe unter dem Dogma ihrer neuen Religion haben zu dürfen, das weiß die neue Göttin allein. Mal abwarten, wie die Hohepriesterinnen der neuen Religion mit uns Ketzern verfahren wird.

Als Ungläubiger an den Pranger der Schande gestellt zu werden, öffentlich beschimpft und mit verbalem Unrat beworfen zu werden ist mir fast zu einer täglichen Normalität geworden. Daher sind der Grenzen, die sie in einem quasi religiösen Wahn bald zu überschreiten bereit sein könnten, diese Grenzen sind - wie übrigens auch meiner Fantasie - keiner Regeln mehr unterworfen.

Fantasie braucht es dieser Tage mehr, als es sprichwörtlich Hirn vom Himmel regnet. Nehmen wir einmal diese grüne Partei. Diese Grün*innen also, die im Herbst möglicherweise im Land den Kanzler, pardon, die Kanzler*in stellen könnten. Diese sonderliche Partei*in, die jeden Kriegseinsatz deutscher Soldaten, pardon, Soldat*innen herbeisehnte, bewilligte und der Bombardierung von Ländern, Städten und Menschen im Bundestag immer wieder gerne zustimmte. Diese Partei*in, in der gewisse Führungsmitglieder*innen bei Demonstration*innen stolz hinter Bannern herlaufen, auf denen Deutschland mit einem Haufen Scheiße*innen gleichgesetzt wird, zu verrecken habe oder eine Mitglieder*in verkündet, das in Dresden*innen 1945 noch viel zu wenig Menschen vernichtet wurden. Diese Partei*in also, die wird möglicherweise im Herbst dieses Jahrs an der Regierung sein. Nun, ich sag mal so: Dieses Land wird sich verändern. Und sie freuen sich drauf.

Diese Grünen werden sich auf so vieles freuen können. Sie können sich auf viele neue Menschen, wertvoller wie als Gold aus fremden Ländern freuen, die zu bombardieren sie zuvor, mithalfen, damit Fluchtgründe u.a. erst möglich wurden. Sie werden sich auf einen weiteren Abbau der heimischen Wirtschaft und dadurch bedingt steigender Arbeitslosenzahlen freuen können. Natürlich unter dem Deckmantel der CO2-Reduzierung und zur Rettung unserer Erde.

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Unabhängig davon, dass den meisten Ländern dieser Erde ihre Rettung völlig schnuppe ist. Die umso freudiger ihre Schadstoffe in alle vier Himmelsrichtungen blasen werden. Und wir werden uns derweil auf weitere Schwangerschaftsgerechte Fahrer- und Fliegersitze in nicht fahrbereiten Panzern, U-Booten oder Hubschraubern freuen können.

Freuen wir uns auch auf die subventionierte Versiegelung großer Flächen des Landes für zehntausende neuer Windräder. Freuen wir uns auf das Verbot von Verbrennungsmotoren und der Subventionierung hunderttausender neuer Elektroautos aus den Werken amerikanischer Multimilliardäre bei Berlin. Wen schert da von den Grünen der Raubbau von Ressourcen und der ökologische Kahlschlag ganzer Regionen für die benötigten, seltenen Erden der E-Motoren und ausbeutende Kinderarbeit für diese? Niemand in Grün. Die Freude über die kommende, bessere, saubere Welt ist größer.

Entschuldigt bitte. Ich werde ungerecht. Auch zu den Grün*innen Ich schätze viele ihrer Wähler meinen es im Grunde ja gut. Aber gut gemeint .... Geständnis: Ich selbst war auch einmal Wähler der Grünen. Bis 1999. Bis Joschka zustimmte, den Kosovo völkerrechtswidrig, mit deutscher Militärhilfe bombardieren zu lassen. Das war es dann mit meiner Stimme für die Grünen. Hatte ich hier, glaube ich, schon einmal geschrieben. Aber das ist mir wichtig. Sollte man wissen, so ein paar Wochen vor der Wahl.

Apropos Wahl. Ich weiß noch nicht, wo auf dem Wahlzettel ich mein Kreuz machen werde. Bei einer der derzeit im Bundestag vertretenen Parteien wohl eher nicht. Davon abgesehen, dass ich, seit die Zahl der Briefwähler derartig groß wurde, sagen wir mal, gewisse Vorbehalte betreffs der Stimmenauszählung in den stillen Winkeln des Landes habe und den ganzen Wahlgang skeptisch beurteile. Nun, wie immer die Wahl im September ausfallen wird. Wir werden den Wahlausgang schlucken müssen. Wie wir diesen verdauen werden, das bleibt abzusehen.

Ich habe mir dieser Tage Gedanken gemacht, wie es dazu kommen konnte, dass dieses Land derart abbaut. Dass die Wirtschaft krachen geht. Das Gesundheitssystem zerbröckelt. Die Infrastruktur marode ist. Die Energieversorgung instabil ist. Das Bildungssystem keines mehr ist und und und.

Wo fange ich da an, wo höre ich in meinen Gedanken auf mir Sorgen, um mein Land zu machen. Mein Land. Ist das überhaupt mein Land? Gehört es nicht längst jedem der es haben will, der ein Anrecht auf dieses verkündet? Habe ich denn noch ein Anrecht, als „Personal“ dies als „mein Land“ zu benennen?

Es überkommt mich der Eindruck, als sei dieses Land von einem Menschenschlag übernommen worden, der es versteht mit hellem Schein zu überzeugen und doch nicht wirklich etwas zu erreichen vermag. Klingt konfus, ich weiß. Daher versuche ich es mit einer Anekdote aus meiner Zeit als Holzfäller zu verdeutlichen.

Damals, in den späten Achtzigern, kam eines Tages ein „neuer“ in unser kleines Team. Ein Bär von einem Mann. Ende zwanzig. Im letzten Semester der Forstwirtschaft. Prächtige Muskeln an Armen und Beinen. Antrainiert im Studio wie er uns auf Nachfrage verriet. Er hatte die besten Sicherheitsklamotten an, die Geld zu kaufen in der Lage ist. Erschien am ersten Tag in Schutzhose, Schutzweste, Sicherheitsschuhen. Schutzhandschuhe. Aus dem Kofferraum seines Jeeps, einem Mercedes zog er das Beste, was STIHL an Motorsäge derzeit auf dem Markt im Verkauf anzubieten hatte. Ein wahres Prachtteil. Wir hatten von all dem wenig bis nichts. Ich arbeitete in meiner dünnen Bundeswehrhose, im Parka und alten Springerstiefeln. In meinen Händen hielt ich eine alte Billigsäge. Die anderen hatten ähnliche Klamotten am Leib wie Werkzeug in ihren rissigen Händen.

Der Neue hielt nur einen Tag durch. Am Ende dieses einen Arbeitstages war er trotz seiner teuren Klamotten vom herabfallenden Schnee der Bäume, wie wir alle nass bis auf die Haut und er zitterte wie wir vor Kälte und Anstrengung, nur das seine antrainierten Muskeln der ungewohnten Arbeit nicht entsprachen. So prächtig sie auch anzusehen waren. Er kam nicht wieder zurück zu uns in den Wald. Oder habe ich auch das hier schon erzählt? Ich mag dieses Beispiel einfach sehr.

Egal, jedenfalls schade um all seine tollen und teuren Klamotten. Seiner Wahnsinnssäge. Dinge, die wir gerne gehabt hätten, uns aber nie hätten leisten können. Er aber konnte es sich leisten. Wie auch seine antrainierten Muskeln in klimatisierten Räumen. Einem fast beendeten Forststudium. All das, wie die Herkunft aus besserem Hause, hat letztendlich nicht gereicht um auch nur eine Woche im Wald, in der realen Welt von Schweiß und Arbeit durchzuhalten.

Und wir loser Haufen? Tja. Wir in unseren schutzlosen, miesen Klamotten, mit billigen und alten Sägen arbeitend, mit eher sehnigen als getrimmten Körpern ausgestattet hielten den Winter durch, weil wir durchhalten mussten. Aus Gründen.

Wer, das frage ich mich, hält in naher Zukunft durch, wenn nur der schöne, der studierte und teure Schein zählt, jedoch die Gründe, die uns zum Durchhalten bewegen, von der neuen Führung für unwichtig oder obsolet erklärt werden.

Wer, das frage ich mich, wer wird dann durchhalten können, wenn auf uns einfache Leute, die wir die real zu verrichtende Arbeit zu erfüllen überhaupt in der Lage sind, wenn auf uns kein Wert mehr gelegt wird.

An ihre Verachtung haben wir uns fast gewöhnt. Uns jedoch damit abzufinden Menschen ohne Wert zu sein, dies harte Brot wird manch einer nicht bereit sein zu schlucken.

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