Durch den Süden der USA

Teil 7: New Orleans - das Beste zum Schluss

von Corinne Henker (Kommentare: 1)

America great again© Quelle: Foto Corinne Henker

Es gibt aus meiner Sicht nur wenige Städte in den USA, die eine eigene Reise wert sind. Atlanta gehört definitiv nicht dazu, New Orleans mit seiner einzigartigen Geschichte und Kultur aber schon.

Teil 1: Von Atlanta nach Asheville

Teil 2: Von Asheville in die Great Smoky Mountains

Teil 3: Von Gatlinburg nach Chattanooga

Teil 4: Tennessee

Teil 5: Entlang des Mississippi

Teil 6: Südstaatenflair, Casinos und Strand ohne Wasser

Die mit etwa 400.000 Einwohnern größte Stadt des Bundesstaates Louisiana liegt im Delta des Mississippi River. Das heutige Stadtgebiet entstand erst vor etwa 2.500 Jahren aus Sedimenten, die der Fluss anschwemmte. Das entstandene Sumpfgebiet verdichtete sich durch sein eigenes Gewicht. Die ersten französischen Siedler bebauten ein kleines, etwas höher gelegenes Gebiet, das heutige French Quarter. Ab 1910 wurde New Orleans mit einem Pumpensystem trockengelegt, heute durchzieht ein Drainagesystem von mehreren Hundert Kilometern Länge das Stadtgebiet.

Im späten 17. Jahrhundert erkundete eine französische Expedition unter René Robert Cavalier den Verlauf des Mississippi von Kanada aus bis zu seiner Mündung. Die Entdecker erklärten das gesamte Einzugsgebiet des Flusses zum französischen Protektorat und nannten es zu Ehren des Sonnenkönigs Louis XIV. Louisiane. Die Stadt im Delta wurde 1718 gegründet und nach dem damaligen Regenten Frankreichs, Philipp II., Herzog von Orléans, La Nouvelle-Orléans genannt. 1722 wurde sie Hauptstadt der Kolonie Louisiane.

Die ersten Einwohner des heutigen New Orleans waren eine Mischung aus kanadischen Grenzbewohnern, Handwerkern, Häftlingen, schwarzen und indianischen Sklaven. Ab 1727 wurden junge Frauen aus Pariser Gefängnissen als „Bräute“ für die überwiegend männlichen Siedler herangeschafft, meist Diebinnen und Prostituierte. Etwas später folgten Abenteurer aus Frankreich und anderen europäischen Ländern, 1755 kam ein Gruppe von Cajuns in die Region. Diese Nachfahren französischer Kolonisten waren von den Briten aus Kanada vertrieben worden.

Nach Beendigung des Kolonialkrieges zwischen England auf der einen und Spanien und Frankreich auf der anderen Seite wurde Louisiane 1763 aufgeteilt: die Gebiete östlich des Mississippi fielen an England, der Westen an Spanien. Die Einwohner von New Orleans erfuhren davon erst 1766 - als der spanische Gouverneur eintraf. Nachdem sie eine Revolte der Bevölkerung niedergeschlagen hatten, ließen sich die Spanier nieder und prägten die Stadt mit ihrer Kultur und Lebensart. 1788 und 1794 wurde die Stadt von Feuersbrünsten verwüstet, konnte aber schnell wieder aufgebaut werden.

Im Rahmen der Napoleonischen Kriege musste Spanien 1800 sein Territorium in Louisiana wieder an Frankreich abtreten. Schon drei Jahre später verkaufte Napoleon Bonaparte die gesamte Kolonie für 15 Millionen US-Dollar an die Vereinigten Staaten unter Präsident Thomas Jefferson. Während des Britisch-Amerikanischen Krieges wollten die Briten die Region erobern, wurden aber am 8. Januar 1815 von General Andrew Jackson und seinen Truppen (mit Unterstützung des französischen Piraten Jean Lafitte) einige Meilen flussabwärts von New Orleans zurückgeschlagen.

Die Plantagen der Region und der Einsatz großer Schaufelraddampfer ließen New Orleans als internationale Handelsmetropole erblühen. Im Amerikanischen Bürgerkrieg wurde die Stadt bereits im April 1862 kampflos von Unionstruppen erobert, sodass die historischen Gebäude weitgehend verschont blieben. Nach dem Krieg litt die Stadt jahrzehntelang unter der wirtschaftlichen Krise nach dem Zusammenbruch der Südstaaten.

1901 begann eine neue Ära, als im Golf von Mexiko Öl gefunden wurde. Heute spielen Ölraffinerien und Petrolchemie eine wichtige Rolle für die Wirtschaft Louisianas. Der Hafen von New Orleans gehört zu den größten der USA, die Stadt ist ein Zentrum der maritimen Industrie und entwickelt sich zunehmend auch zum Technologiezentrum. Dennoch zählt New Orleans zu den ärmeren der 100 größten Städte der USA.

Neben französischen und spanischen Einflüssen ist New Orleans auch durch die kreolische und Voodoo-Kultur geprägt, die durch den Sklavenhandel aus Afrika nach Amerika gelangte. Neben Architektur, Küche und Festen manifestierten sich diese vielfältigen kulturellen Einflüsse auch in verschiedenen Musikrichtungen. Weltweiten Ruhm erlangte insbesondere der New Orleans Jazz, der in den 1920ern seine große Blüte erlebte.

New Orleans liegt im Einzugsgebiet von Hurrikanen. Der bisher verheerendste war Hurrikane Katrina, der am 29. August 2005 auf die Stadt traf. 80 Prozent der Stadtfläche wurden überflutet, die ganze Stadt musste evakuiert werden. Mehr als 1.000 Menschen starben in New Orleans und entlang der Golfküste, Hunderttausende verloren ihre Häuser und Wohnungen. Es dauerte Monate, bis wieder ein halbwegs normales Leben in der Stadt möglich war.

Unser Hotel in New Orleans befand sich am Rand des French Quarter, in der Nähe des Louis Armstrong Park. Der Park mit seinen Grünflächen, Statuen von Jazz-Musikern und dem Mahalia Jackson Theatre ist eigentlich ganz hübsch angelegt. Allerdings wurde das Gesamtbild durch die ungepflegten, angegrünten Wasserflächen stark beeinträchtigt. Am Congo Square innerhalb des heutigen Parks trafen sich im 17. und 18. Jahrhundert die Sklaven, um zu musizieren und dem Voodoo-Kult zu frönen.

Das French Quarter lässt sich gut zu Fuß erkunden. Hauptanziehungspunkt ist der 1721 angelegte Jackson Square in der Nähe des Mississippi-Ufers. Ursprünglich diente der Platz als Exerzier- und Paradeplatz für französische, später spanische Soldaten. Im 19. Jahrhundert wurde im Zentrum des parkähnlich angelegten Platzes eine Reiterstatue von General Andrew Jackson aufgestellt, die dem Platz seinen heutigen Namen gab.

Am Jackson Square steht auch die St. Louis Cathedral. Sie wurde 1727 gegründet, nach dem Stadtbrand 1788 neu errichtet und ab 1850 erneuert. Zu beiden Seiten der Kathedrale befinden sich Cabildo und Presbytére. Diese spätbarocken Gebäude wurden 1795-99 erbaut, mehrfach durch Brände zerstört und wieder aufgebaut. Früher residierten hier die Verwaltungen der Kolonialmächte, der Konföderierten und des Staates Louisiana, heute findet man in beiden Gebäuden das Louisiana State Museum mit interessanten Exponaten zur Geschichte und Natur des Bundesstaates und Wechselausstellungen lokaler Künstler.

Ein Bummel durch das French Quarter führt vorbei an wunderschönen Häusern mit typischen Balkonen mit schmiedeeisernen Gittern. Zum Teil handelt es sich hier noch um normale Wohnhäuser, aber die meisten Gebäude dienen touristischen Zwecken: Hotels, B&B-Unterkünfte, Restaurants, Jazz-Bars, Geschäfte. Ein kleines Highlight ist das Voodoo Museum mit einer eindrucksvollen Sammlung von Exponaten dieses exotischen Kultes. Eine Vitrine widmet sich der „Erschaffung“ von Zombies durch das Nervengift Tetrodotoxin. Natürlich wurde dieses Ritual nur sehr selten und nur auf Haiti durchgeführt.

Andere Sehenswürdigkeiten im French Quarter sind das 1850 House (ein Antebellum-Haus), das Degas House (Wohnhaus des impressionistischen Malers) und das Jean Lafitte Park Visitor Center, in dem man sich bei einem interessanten Film über den Mississippi River von den Außentemperaturen erholen kann.

Eine gute Möglichkeit, um die übrigen Stadtteile zu erkunden, ist der Hop-on-Hop-off-Bus. Mit dem New Orleans City Pass erhält man nicht nur das Ticket für den Bus, er beinhaltet auch den Eintritt zu zahlreichen Museen, Stadtführungen, eine Jazz-Cruise und eine Swamp Tour - man muss nur geschickt planen. Im Gegensatz zu vielen anderen Städten wird die Bus-Tour in New Orleans von Guides begleitet, die die einzelnen Sehenswürdigkeiten erklären.

Erste Attraktion unserer Tour war die Basin Street Station. Sie wurde 1904 als Frachtbüro der Southern Railway erbaut. Heute findet man hier ein kleines Museum, ein Visitor Center und ein Hotel.

Gleich in der Nähe befindet sich der St. Louis Cemetary No. 1. Er wurde 1789 eröffnet und kann im Rahmen von Führungen besucht werden. Hier wurde u.a. die berühmte Voodoo-Priesterin Marie Laveau bestattet.

Der Bus fuhr weiter entlang der Canal Street, die das French Quarter vom Hochhaus-dominierten Warehouse District trennt. In dieser Gegend befinden sich mehrere luxuriöse Hotels, das Sazerac House Museum, in dem man viel über Alkohol in New Orleans lernen kann, die Jackson Brewery und das Harrah’s New Orleans Casino.

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Nächstes Ziel war der Caesars Superdome. Das Heimspielstadion des NFL-Teams New Orleans Saints wurde 1975 eröffnet. Nach dem Hurrikan Katrina 2005 diente es als Notunterkunft. Eigentlich sollten hier 10.000 Menschen für maximal 48 Stunden untergebracht werden, tatsächlich mussten hier merhr als 30.000 Menschen etwa eine Woche lang unter unmenschlichen Bedingungen ausharren.

Durch den Warehouse District fuhren wir zum National-D-Day/World War II Museum. Mit dem nötigen Patriotismus widmet man sich hier dem 2. Weltkrieg, insbesondere der Landung amerikanischer Truppen in der Normandie im Juni 1944. Die Landungsboote für den D-Day wurden in New Orleans gebaut.

Anschließend fuhr der Bus durch den Garden District, der als schönster Wohnbezirk der Stadt gilt. Die Villen im viktorianischen oder Greek Revival-Stil sind kaum unter einer Million Dollar zu erwerben. Dementsprechend lebt man hier in exklusiver Gesellschaft, zu den Hauseigentümern gehören beispielsweise die Schauspieler John Goodman und Matthew Mc Connaughey und die Autorin Anne Rice. Das Sängerpaar Beyoncé und Jay Z verließ sein Domizil in einer alten Kirche nach einem Einbruch.

Weitere Stationen der Bus-Tour sind das Convention Center, der Arts District, das Audubon Aquarium of the Americas, Jackson Square, French Market und die Viertel Marigny und Bywater.

Mit einem kleinen Fußmarsch etwas abgelegen der Busroute oder mit einem Shuttle-Bus von der Canal Street erreichbar ist Mardi Gras World. Mardi Gras (fetter Dienstag) ist die französische Bezeichnung für den Karnevalsdienstag, den letzten Tag vor Beginn der Fastenzeit.

Französische Katholiken brachten die Tradition der Mardi Gras-Paraden mit in die neue Heimat. Die ersten Prozessionen und Bälle fanden im 18. Jahrhundert in Louisiana statt, 1875 wurde Mardi Gras zum staatlichen Feiertag. Die Paraden in New Orleans werden von privaten Klubs organisiert, kommerzielles Sponsoring ist verboten. Sie sind mindestens genauso farbenfroh wie die im Rheinland, doch die Atmosphäre ist etwas anders. Wichtig sind die Karnevalsfarben: Gold für Kraft, Violett für Gerechtigkeit und Grün für Vertrauen/Glauben. Statt „Kamelle“ werden in New Orleans Halsketten in diesen Farben ins Publikum geworfen. Eine solche Halskette dient auch als Eintrittskarte für Mardi Gras World.

Im Museum sieht man zunächst einen kurzen Film über die Geschichte der Festlichkeiten und wird dann durch die (nicht klimatisierte) Halle geführt, in der Paradewagen und bunte Figuren früherer Prozessionen ausgestellt sind. Hier kann man auch die Künstler bei ihrer Arbeit beobachten.

Empfehlenswert ist auch eine Fahrt mit der Streetcar durch Midtown zum City Park. Der Park ist riesig, man findet hier Golfplätze, einen kleinen Freizeitpark, den New Orleans Botanical Garden, das Louisiana Children’s Museum und das New Orleans Museum of Art. Wir beschränkten uns auf einen Spaziergang um einen malerischen Bayou, bei dem wir auch einige Vögel beobachten konnten.

Am Abend empfiehlt sich eine Jazz Cruise auf einem Schaufelraddampfer. Die Natchez ist größer und bekannter, unser City Pass beinhaltete eine Tour mit der Creole Queen. Zu den Klängen von New Orleans Jazz, mit einem Cocktail in der Hand, ließen wird die Kulisse der Stadt an uns vorbeiziehen und genossen den Sonnenuntergang.

Letzter Höhepunkt unserer Reise war eine Swamp Tour im Barataria Reserve des Jean Lafitte National Park. Auch hier gibt es verschiedene Anbieter. Der City Pass umfasst eine Tour in einem großen und langsamen Ponton-Boot, wir hatten uns für eine Airboat-Tour entschieden. Unser Guide war ein echter Cajun aus einer Fischerfamilie. Er hatte seinen Beruf aufgegeben, da er sich finanziell nicht mer lohnte. Die lokalen Fischer erhalten nur einen Bruchteil dessen, was Kunden in den nordöstlichen Bundesstaaten für ihren Fang zahlen müssen. Aber auch, wenn man die Zwischenhändler umgehen kann, ist der Tourismus wohl doch lohnenswerter.

Die Tour führte zunächst durch breite, künstlich angelegte Kanäle, in denen das Boot seine volle Geschwindigkeit entfalten konnte. Schließlich erreichten wir einen kleinen Bayou mit malerischer Vegetation am Ufer. Bayou ist die hiesige Bezeichnung für stehende oder langsam fließende Gewässer. Sie waren in den schwer zugänglichen Gebieten des Mississippi-Delta oft die einzigen Verkehrswege. Durch die Strömung und die vom Fluss herangetragenen Sedimente verändert sich die Landschaft ständig, ist jedoch durch Landwirtschaft und Umweltverschmutzung bedroht.

Wir sahen ein paar Vögel, doch die Hauptattraktion waren die Alligatoren. Von ihnen sahen wir deutlich mehr als bei ähnlichen Touren in Florida. Nach Aussage unseres Guides sind sie in Louisiana auch weniger aggressiv, da sie im Winter für etwa 2-3 Monate in Kältestarre verfallen - und nicht wie in Florida ganzjährig auf Nahrungssuche sind. Unser Guide fütterte die Alligatoren mit Marshmallows und Wurststückchen. Zu einem größeren Männchen hatte er eine besonders innige Beziehung: es ließ sich von unserem Guide auf’s Maul küssen.

Unseren letzten Abend verbrachten wir in der Bourbon Street. Eigentlich wollten wir ihn nach einem kreolischen Abendessen noch in einer Jazz-Bar ausklingen lassen, aber wir konnten uns für keine von ihnen entscheiden. Die Kakophonie aus den verschiedenen Bars war einfach zu viel für unsere alten Ohren. Eine (kleine) Flasche Jack Daniel’s am Hotel-Pool war dann auch ein guter Abschluss unserer Reise.

Unsere Tour im Juli/August fiel in die frühe Phase des US-Wahlkampfes. Georgia und North Carolina gelten als Swing States, Tennessee, Mississippi und Louisiana sind fest in republikanischer Hand. Dementsprechend dominierte die Trump-Werbung an den Straßenrändern. Einzige Ausnahme war New Orleans. Straßen und Balkone waren mit verschiedenen Pride Flags „geschmückt“, man sah auch ein paar Schilder, die für Harris warben. Einer der Guides (weiß, männlich gelesen) der Bus-Tour meinte am World War II Museum, Trump mit Hitler vergleichen zu müssen. Ich vermute, er sitzt jetzt entweder weinend im Kämmerchen oder warnt ahnungslose Touristen vor einem amerikanischen Nazi-Reich.

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