Für meine Schwester und mich war es eine landschaftlich schöne Strecke im Van, für die Männer auf ihren Harleys das Highlight der ganzen Tour: Nördlich von Robbinsville erwartete sie der Tail of the Dragon mit 318 Kurven auf elf Meilen.
Der Tail of the Dragon ist nicht nur ein Eldorado für Biker, man sieht auch zahlreiche Ford Mustangs, die offenbar nur für diese Strecke ausgeliehen wurden. Mit dem Van blieb uns oft nichts anderes übrig, als auf die zahlreichen Haltebuchten auszuweichen. An die offizielle Höchstgeschwindigkeit von 30 Meilen pro Stunde hält sich hier kaum jemand.
Am Ende (oder Anfang) des Tail of the Dragon liegt Deal’s Gap Resort: eine Raststätte mit Motel, Restaurant, Tankstelle und Souvenirshop. Am Tree of Shame findet man Wrackteile von Motorrädern, deren Fahrer sich mit der Geschwindigkeit offensichtlich doch verschätzt hatten.
Auf der Weiterfahrt passierten wir den Cheoah Dam, den Harrison Ford (bzw. sein Stunt-Double) im Film „Auf der Flucht“ hinuntersprang. Auch unser Tagesziel Robbinsville diente als Filmkulisse: Im hiesigen Gerichtsgebäude drehten Jodie Foster und Liam Neeson für „Nell“. Ansonsten hat der Ort allerdings wenig zu bieten.
Ganz in der Nähe von Robbinsville liegt der Lake Santeetlah. Der See entstand 1928, als Alcoa den Cheoah River für die Erzeugung von Wasserkraft aufstaute. Er bietet Möglichkeiten zum Schwimmen, Campen, Picknicken, Angeln und Bootfahren, allerdings ist es gar nicht so einfach, diese zu finden. Schließlich verbrachten wir den Nachmittag halblegal auf einem ungenutzten Zeltplatz am Seeufer. Das Wasser war sauber und wärmer als erwartet.
Am nächsten Morgen ging es weiter in Richtung Westen. Wir fuhren mit dem Van über den landschaftlich schönen, aber recht langweiligen Cherohala Skyway, die Männer nutzten die US-74. In Murphy, North Carolina, legten sie eine Pause ein und kamen ins Gespräch mit dem Inhaber des Waffenshops Cherokee Guns.
Mein Schwager trug sein kürzlich erworbenes Trump-Cap und der Ladenbesitzer verdeutlichte seine Abneigung gegen die Demokraten nicht nur verbal, sondern auch durch seine Ladendekoration. Die gegenseitige Sympathie ging so weit, dass er anbot, seine Waffen kostenlos auf einem nahegelegenen Schießstand zu testen. Das scheiterte jedoch daran, dass die Bikes nicht zum Waffentransport geeignet waren.
Meine Schwester und ich erreichten Chattanooga bereits gegen Mittag. Unser erstes Ziel war der Lookout Mountain. Der 729 Meter hohe „Berg“ war im 18. Jahrhundert Schauplatz der Letzten Schlacht der Cherokee; ein Teil der Schlacht von Chattanooga im Bürgerkrieg 1863 fand ebenfalls hier statt.
Wir interessierten uns jedoch weniger für Geschichte und mehr für die Ruby Falls: ein unterirdischer Wasserfall, der mit einer Führung besucht werden kann. Die ursprüngliche Lookout Mountain Cave wurde im Rahmen des Eisenbahnbaus verschlossen.
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Der Chemiker und Hobby-Höhlenforscher Leo Lambert hatte die Idee, den Kalkstein zu durchbohren, um einen neuen Zugang zu finden, der später mit einem Fahrstuhl für Touristen erreichbar sein sollte. 1928 fand er so die Höhle der Ruby Falls. Nach umfangreichen Bauarbeiten konnten 1930 die ersten Touristen die Fälle besuchen.
Heute ist das Ganze sehr kommerziell aufgezogen. Durch einen großen Souvenirshop kommt man zum Fahrstuhl, der die Touristengruppen knapp 80 Meter in die Tiefe bringt. Auf einem größtenteils künstlich angelegten Pfad wandert man dann durch die Höhlen zum Wasserfall, der in bunten Farben angestrahlt wird.
Wenn man die Menschenmassen ausblenden kann, ist es eine ganz interessante Erfahrung. Dennoch verzichteten wir auf die anderen Sehenswürdigkeiten des Lookout Mountain, den Incline Railway und die Rock City Gardens: Das Preis-Leistungs-Verhältnis überzeugte uns nicht. Wir trafen uns schließlich alle im Hotel und fuhren dann gemeinsam ins Stadtzentrum.
Chattanooga liegt am Ufer des Tennessee River, an der Grenze zu Georgia. Die Stadt wurde 1816 von John Ross, einem Häuptling der Cherokee, als Handelsplatz unter dem Namen Ross’ Landing gegründet und 1838 nach der Vertreibung der Cherokee in Chattanooga umbenannt. In den 1850er Jahren wurde die Stadt an das Eisenbahnnetz angeschlossen. Als Verkehrsknotenpunkt spielte Chattanooga eine wichtige Rolle im Bürgerkrieg. Mit der Schlacht von Chattanooga im November 1863 geriet Tennessee endgültig unter die Kontrolle der Nordstaaten.
Im 20. Jahrhundert wurde Chattanooga zum Industriestandort mit entsprechender Umweltverschmutzung, doch heute ist das Stadtzentrum wieder recht attraktiv. Größter Besuchermagnet ist das Tennessee Aquarium, das größte Süßwasseraquarium der Welt.
An Wassersportmöglichkeiten besteht kein Mangel, seit 2014 findet alljährlich der Ironman Chattanooga Triathlon statt. Wir besuchten zunächst den 1909 im viktorianischen Stil erbauten Bahnhof, die ehemalige Station des Chattanooga Choo Choo. Man kann zwar den Bahnhof und einen alten Zug besichtigen, aber die historischen Dampfzüge der Tennessee Valley Railroad starten ihre Rundfahrten für Touristen jetzt vom gleichnamigen Museum.
Gegenüber dem alten Bahnhof befindet sich die Chattanooga Whiskey Experimental Distillery. Wir nahmen an einer Führung teil, bei der wir interessante Details über die Herstellung des Whiskeys und die Probleme während der Prohibition erfuhren. Die anschließende Whiskey-Verkostung war jedoch enttäuschend, es bedarf dringend weiterer Experimente. Anschließend bummelten wir durch das Stadtzentrum und gingen dann zum Miller Park. Hier findet an jedem Freitag im Sommer ein kostenloses Nightfall Concert statt. Die Volksfest-Atmosphäre war sehr angenehm, das angebotene Streetfood lecker.
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