Wer brachte diesen Mitschnitt in Umlauf?

Schlafwandler oder Angriffskrieger – Deutsche Luftwaffenoffiziere abgehört

von Corinne Henker (Kommentare: 14)

50 bis 100 Taurus-Marschflugkörper sind lieferbar.© Quelle: Youtube / Tagesschau, Screenshot

Es gibt einen neuen Aufreger in den Mainstream-Nachrichten: Ein geheimes Gespräch vom 19. Februar 2024 zwischen vier deutschen Luftwaffenoffizieren über die ungesicherte Plattform WebEx wurde abgehört und veröffentlicht.

Eigentlich verwundert diese Nachricht wenig, wenn man sich an die Katastrophenmeldungen der letzten Monate erinnert:

Die Munition der Bundeswehr reicht nur für 1-2 Tage Krieg, es gibt massive Personalprobleme und erst kürzlich schoss die im Roten Meer stationierte Fregatte Hessen versehentlich auf eine US-Drohne, scheiterte dabei und hat zusätzlich ein gravierendes Munitionsproblem.

Eine Blamage nach der anderen. Und trotz großspurig angekündigter „Zeitenwende“ und 100 Milliarden Euro „Sondervermögen“ ist der Zustand der Bundeswehr weiterhin marode. Der einstige Hoffnungsträger Boris Pistorius wird sich früher oder später in die Reihe der Versager vor ihm einreihen dürfen. Es sei denn, man befördert ihn vorher zum Scholz-Nachfolger.

Während man sich nun in den Mainstream-Medien darüber ereifert, wie es dazu kam, dass dieses Gespräch abgehört werden konnte, warum es gerade jetzt veröffentlicht wurde und welche Konsequenzen sich daraus entwickeln könnten, kommt eines zu kurz: der Inhalt.

Man liest nur vage Andeutungen: „Es geht um technische Details und Vorbereitungen einer möglichen Taurus-Lieferung an die Ukraine.“ Außerdem wurden „Angriffe auf die Krim-Brücke mit Taurus-Marschflugkörpern und eine angebliche direkte Beteiligung Großbritanniens sowie Frankreichs an den Zusammenstößen“ besprochen. Hört man sich das ganze Gespräch an, dann kann man den Eindruck gewinnen, dass nicht die Abhöraktion, sondern der Gesprächsinhalt der wahre Skandal ist.

Die Teilnehmer des Gesprächs sind Generalleutnant Ingo Gerhartz, seit 2018 Inspekteur der Luftwaffe, Brigadegeneral Frank Gräfe, Leiter der Einsatz- und Übungsabteilung, und zwei Mitarbeiter der Flugbetriebszentrale des Weltraumkommandos namens Fenske und Florstedt. Hauptthema ist die praktische Vorbereitung auf die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine

Der Taurus ist ein deutscher Luft-Boden-Marschflugkörper, das deutsch-schwedische Gegenstück zum parallel entwickelten britisch-französischen Storm Shadow/Scalp. Marschflugkörper müssen im Gegensatz zu bemannten Flugkörpern die Distanz zum Ziel nur einfach zurücklegen und sind klein, was das Entdecken und Abfangen erschwert.

Zusätzlich wird durch das Unterfliegen des Radars die Bekämpfung weiter erschwert. Taurus wurde für verschiedene Nutzlasten und Missionen entwickelt, aber optimiert, um massiv gehärtete und eingegrabene Ziele oder sogenannte Hochwertziele zu bekämpfen. Seine Reichweite beträgt mehr als 500 km. Montiert wurde der Marschflugkörper in Deutschland bei Schrobenhausen (Bayern) in einem Bunker der Taurus Systems GmbH, einer Tochterfirma des Rüstungskonzerns MBDA.

Gerhartz, Gräfe, Fenske und Florstedt scheinen in ihrem Gespräch davon auszugehen, dass die Lieferung von Taurus-Marschlugkörpern nur noch eine Frage der Zeit ist - und sie wollen optimal darauf vorbereitet sein. Die Begründung: Wenn es heißt „klasse, der Bundeskanzler hat sich doch entschieden“ und es dauert dann noch Monate bis zur Einsatzfähigkeit, „dann ist die positive Nachricht ganz schnell eine negative Nachricht.“ Also bespricht man recht detailliert die technische Ausrüstung und Überholung („das deutsche Hochheitsabzeichen runter und so“), die Missionsplanung („Wie hängt man das an welches Waffensystem dran?“, „Können wir eine Datenbank liefern? Können wir Satellitenbilder liefern? Können wir Planungsstationen liefern?“) und Ausbildung des Personals.

Und hier wird es interessant. Herr Fenske gibt zu bedenken: „Wenn es nachher um den Einsatz geht, dann wäre tatsächlich die Empfehlung, dass wenigstens die ersten Missions-Unterstützungen durch uns erfolgen werden, da die Planung doch sehr komplex ist.“

Er schlägt eine sichere Leitung in die Ukraine vor, um „den Datenfile rüber(zu)transferieren“. Gerhartz gibt zu bedenken, dass dieser Datentransfer in die Ukraine politisch als eine „zu direkte Beteiligung“ gewertet werden könne. Er schlägt als Alternative vor, die Daten aus Schrobenhausen „aus der Industrie“ zu versenden. Selbst ein Datentransport über Polen wird erwogen, um die deutsche Beteiligung an einem Angriff zu verschleiern.

Man redet darüber, 50 bis 100 Taurus-Marschflugkörper liefern zu können, dann „wär‘ aber auch Ende Gelände“. „Interessante Ziele“ wären „einmal so eine Brücke im Osten und einmal Mun-Depots“ (Munitionsdepots), wofür die Taurus besser geeignet wären als die Storm Shadows.

Es folgen detaillierte Gespräche darüber, wie genau die Krim-Brücke zerstört werden könnte: über die Su-24-Bomber als Träger, die Missionsplanung und Zielerfassung, die Ausbildung der ukrainischen Soldaten, die den Angriff letztlich durchführen sollen.

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Die Krim-Brücke über die Straße von Kertsch ist die mit 19 Kilometern längste Brücke Europas. Sie wurde 2018 eröffnet und verbindet die Krim mit der Halbinsel Taman in der russischen Region Krasnodar. Das Projekt besteht aus einer Brücke für eine vierspurige Autobahn und einem parallel verlaufenden Bauwerk für eine zweigleisige Eisenbahnstrecke.

Die Brücke gehört seit Kriegsbeginn zu den wichtigsten Zielen der ukrainischen Streitkräfte und wurde bereits im Oktober 2022 und im Juli 2023 beschädigt, im Oktober 2023 jedoch vollständig wiedereröffnet. Vor dem Krieg fuhren an Sommertagen teilweise mehr als 30.000 Fahrzeuge über die Krim-Brücke. Inzwischen kann die Krim zwar auch auf dem Landweg über Mariupol von Russland erreicht werden, doch die Brücke bleibt ein wichtiger Verbindungsweg, nicht nur strategisch, sondern auch für Zivilisten.

Das wissen auch die Teilnehmer dieses konspirativen Gesprächs („ist die gute Insel da ja ihr Herzstück“), deshalb wollen sie unbedingt vermeiden, dass eine deutsche Beteiligung an der Angriffsplanung nachgewiesen werden kann („Wir werden es nicht schaffen, dass wir mit einer irgendwie gearteten Beteiligung von uns das Ganze umsetzen.“). Um dies zu erreichen, müsste man dann aber eine längere Vorbereitungszeit für die Ausbildung der Ukrainer in Kauf nehmen.

Deshalb wendet man sich dem Alternativziel zu: den Munitionsdepots. Als Problem wird hier die russische Luftverteidigung beschrieben, die man aber mit Hilfe ukrainischer Aufklärungsdaten zu meistern hofft.

Am Ende ist man davon überzeugt, dem „Minister“ („ein total cooler Typ im Umgang“) überzeugende Vorschläge zum Einsatz der Taurus-Marschflugkörper liefern zu können: „Entweder die Abstufung: erst mal was Einfaches, später mal was Größeres. Oder die Frage an die Briten: ‚Könnt ihr uns am Anfang unterstützen und diese Planung übernehmen?‘“

Nebenbei gibt es mehrere Anspielungen darauf, dass britische und amerikanische Soldaten bereits aktiv vor Ort am Krieg gegen Russland beteiligt sind. Das dürfte auch den Russen bekannt sein, die aber vermutlich den Krieg - vorerst - nicht weiter eskalieren lassen möchten.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es sich hier tatsächlich um ein konspiratives Treffen (wenn auch nur als Telefonkonferenz) gehandelt hat - ganz im Gegensatz zur medial aufgeblasenen „Wannseekonferenz 2.0“. Hier wurde nicht weniger geplant als ein Angriff auf die Infrastruktur eines Landes, mit dem sich Deutschland offiziell nicht im Krieg befindet. Hunderte zivile Opfer auf der Krim-Brücke werden bewusst in Kauf genommen.

Und wo bleibt der mediale Aufschrei? Er beschränkt sich im Wesentlichen darauf, dass das Gespräch abgehört werden konnte. Das ist zweifellos extrem peinlich (wie so vieles in diesem Land), aber der wahre Skandal besteht doch eindeutig darin, dass Deutschland wieder einmal einen Angriff auf Russland plant! Sind wir wirklich so unfähig, aus der Geschichte zu lernen?

Viele Fragen bleiben offen. Wer brachte diesen Mitschnitt in Umlauf? Zweifellos nutzt es der russischen Propaganda und schürt Misstrauen in der NATO. Aber auch unsere „Verbündeten“ waren wenig erfreut, als Scholz andeutete, dass sie bereits vor Ort aktiv sind. Wollte man darauf hinweisen, dass Deutschland genauso tief im Dreck steckt?

Ein Kommentator auf X war noch pessimistischer. Er ging davon aus, dass die ganze Operation in Übersee geplant wurde, mit dem Ziel, einen Krieg in Europa zu provozieren, der Bidens zweite Amtszeit sichern soll. Auch bei unserer Regierung muss man leider davon ausgehen, dass ihr ein Krieg gegenüber den anstehenden Wahlen als kleineres Übel erscheint. Wobei offenbar auch die größte Oppositionspartei nicht an der Erhaltung des Friedens interessiert ist.

Bin ich die Einzige, die dieser Irrsinn zur Verzweiflung bringt? Finden unsere kriegslüsternen „Eliten“ es wirklich erstrebenswert, über ein riesiges Trümmerfeld zu herrschen? Oder wähnen sie sich in Sicherheit? Wenn man sich den Umgang der USA mit anderen ehemaligen Verbündeten anschaut, würde ich mich darauf nicht verlassen.

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