Steilvorlage aus Karlsruhe

Prof. Schwab: Das Narrativ vom Fremdschutz durch COVID-Injektionen steht auf der Kippe

von Martin Schwab (Kommentare: 6)

COVID-19-Impfnachweispflicht im Gesundheitswesen© Quelle: Pixabay/spencerbdavis1, PublicDomainPictures Montage: Wallasch

Ein Beschluss des Bundesverfassungsgerichts ist eine Einladung, das Narrativ von der Impfung, mit deren Hilfe man andere schützt, für immer vor Gericht zu zerstören. Diese Einladung gilt es anzunehmen.

Von Prof. Dr. Martin Schwab

Im vergangenen Jahr hatte das Verwaltungsgericht (VG) Osnabrück dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) gemäß Art. 100 GG die Frage vorgelegt, ob § 20a IfSG in der damaligen Fassung, wonach Beschäftigte im Gesundheitswesen einen COVID-19-Impfnachweis vorlegen müssen, in der Zeit ab dem 7.11.2022 noch verfassungsgemäß gewesen sei (Beschluss vom 3.9.2024 – 3 A 224/22). Das BVerfG hat nun über die Vorlage entschieden (Beschluss vom 29.1.2025 – 1 BvL 9/24).

Als ich erfuhr, dass das BVerfG in diesem Beschluss die Vorlage aus Osnabrück zurückgewiesen hat, war ich zunächst bestürzt. Diese Bestürzung ist nach genauerer Lektüre des Beschlusses vom 29.1.2025 der Hoffnung gewichen: Es besteht die Chance, das Narrativ vom Fremdschutz durch COVID-Injektionen vor Gericht für immer zu zerstören.

Aber der Reihe nach:

I. Worum ging es im Ausgangsfall?

Im Ausgangsverfahren vor dem VG Osnabrück klagte eine Pflegehelferin, die in einer Klinik angestellt war, dagegen, dass das Gesundheitsamt gegen sie am 7.12.2022 ein Betretungsverbot verhängte. Dieses Verbot hat sich zwar mittlerweile erledigt, weil § 20a IfSG a.F. seit dem 1.1.2023 nicht mehr gilt. Aber die Klägerin verfolgt ihre Klage als sog. Fortsetzungsfeststellungsklage weiter (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO): Sie begehrt die Feststellung, dass das Tätigkeitsverbot rechtswidrig war. An dieser Feststellung hat die Klägerin ein berechtigtes Interesse: Wenn das Verbot rechtswidrig war, hat das Gesundheitsamt (bzw. die jenes Amt tragende Körperschaft) möglicherweise den Verdienstausfall der Klägerin zu ersetzen.

II. Was war die Vorgeschichte vor Gericht?

Wenn allerdings § 20a IfSG verfassungskonform war, hatte die Klägerin mit dieser Klage kaum eine Chance. Nun hatte aber das BVerfG bereits in seiner Entscheidung vom 27.4.2022 die COVID-Impfnachweispflicht im Gesundheitswesen zwar für verfassungsgemäß erklärt – dabei aber ein Hintertürchen offengelassen: Wenn sich durch spätere Erkenntnisse erweisen sollte, dass die ursprüngliche Annahme, die Impfnachweispflicht könne vulnerable Gruppen schützen, sich als nicht mehr zutreffend erweisen sollte, könne es gegen das Grundgesetz verstoßen, wenn die Regelung in § 20a IfSG a.F. vom Gesetzgeber gleichwohl aufrechterhalten werde. § 20a IfSG a.F. könne mit anderen Worten in die Verfassungswidrigkeit „hineinwachsen“.

Und genau das hatte das VG Osnabrück in seinem Beschluss vom 3.9.2022 angenommen – nachdem es die RKI-Protokolle studiert und den jetzigen Präsidenten des RKI, Lars Schaade, eindringlich hierzu befragt hatte. Das VG Osnabrück war zu der Überzeugung gelangt, dass § 20a IfSG a.F. jedenfalls zur Zeit des Betretungsverbots, das gegen die Klägerin im vorliegenden Fall am 7.11.2022 verhängt worden war, nicht mehr mit dem Grundgesetz vereinbar war.

Nun handelt es sich aber bei § 20a IfSG um ein Parlamentsgesetz – ein solches also, das von Bundestag und Bundesrat beschlossen worden war. Wenn ein Gericht ein Parlamentsgesetz für verfassungswidrig hält, darf es dieses Gesetz nicht einfach so behandeln, als existiere es nicht. Es muss vielmehr das Gesetz nach Art. 100 GG dem BVerfG vorlegen. Bei Parlamentsgesetzen kommt, auf Juristendeutsch ausgedrückt, nur dem BVerfG die sog. Normverwerfungskompetenz zu. Eben deshalb hatte das VG Osnabrück das BVerfG angerufen und ihm die Sache vorgelegt.

III. Was hat das BVerfG entschieden?

Das BVerfG hat die Vorlage aus Osnabrück mit Beschluss vom 29.1.2025 zurückgewiesen, und zwar als unzulässig. Das bedeutet:

· Das BVerfG hat nicht gesagt, die einrichtungsbezogene Impfnachweispflicht in § 20a IfSG a.F. sei auch am 7.11.2022 verfassungsrechtlich gerechtfertigt gewesen.

· Das BVerfG hat vielmehr nur gesagt, dass die Gründe, die das VG Osnabrück in seinem Vorlagebeschluss benennt, nicht ausreichen, um die § 20a IfSG für verfassungswidrig zu erklären. Das VG Osnabrück hätte, so das BVerfG, seinen Vorlagebeschluss besser begründen müssen.

Das BVerfG betont dabei Folgendes:

· Das Regelungsziel des § 20a IfSG habe darin bestanden, vulnerable Patienten davor zu schützen, dass sie vom Pflegepersonal mit SARS CoV-2 angesteckt werden. Wenn die COVID-Injektion dazu auch nur ein bisschen was beitrage, sei die Impfnachweispflicht geeignet, diesen Zweck zu erfüllen. Das VG Osnabrück habe nicht dargelegt, dass der Fremdschutz durch die COVID-Injektion, den es im Beschluss vom 27.4.2022 angenommen hatte, mittlerweile entfallen sei.

· Das VG Osnabrück habe den Vorlagebeschluss vom 3.9.2022 ausschließlich auf die Begründung gestützt, das BVerfG habe sich, als es die einrichtungsbezogene COVID-Impfnachweispflicht für verfassungskonform erklärt habe, nur auf das RKI verlassen, dessen Autorität aber nunmehr durch die RKI-Protokolle und durch die Ergebnisse der Befragung von Lars Schaade erschüttert sei. Das VG Osnabrück habe aber übersehen, dass in dem Verfahren, das zum Beschluss vom 27.4.2022 geführt habe, zahlreiche andere fachwissenschaftliche Stellungnahmen eingeholt worden seien. Mit diesen Stellungnahmen habe sich das VG Osnabrück nicht auseinandergesetzt.

Kurz gefasst: Das VG Osnabrück hätte im Vorlagebeschluss darlegen müssen, warum am 7.11.2022 nicht mehr auch nur vom geringsten Fremdschutz durch COVID-Injektionen auszugehen gewesen sei. An dieser Darlegung fehle es. Ganz im Gegenteil sei das VG Osnabrück selbst noch von einem, wenn auch geringen, Fremdschutz ausgegangen. Deshalb, so das BVerfG, müsse es sich mit dieser Vorlage in der Sache gar nicht erst näher beschäftigen.

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IV. Was sind die verfahrensrechtlichen Konsequenzen?

Der Ball liegt jetzt wieder im Spielfeld des VG Osnabrück. Dieses hat jetzt mehrere Möglichkeiten, mit der Klage umzugehen:

· Die Verhängung eines Betretungsverbots durch das Gesundheitsamt nach § 20a IfSG lag im Ermessen der Behörde. Das VG Osnabrück könnte also nun entscheiden, angesichts des geringen Fremdschutzes sei ein Betretungsverbot damals zwar noch möglich, aber nicht ermessensgerecht gewesen. Dass das VG Osnabrück so entscheiden wird, ist aber eher unwahrscheinlich. Denn dieses Ergebnis hätte es ja gleich haben können. Dazu hätte es nicht erst eine Vorlage an das BVerfG beschließen müssen.

· Das VG Osnabrück könnte aber auch § 20a IfSG erneut dem BVerfG vorlegen, und zwar mit einer nachgebesserten Begründung.
Denn eines kann man dem Beschluss des BVerfG vom 29.1.2025 klar entnehmen: Das RKI ist ab sofort nicht mehr die unantastbare alleinige Autorität, wenn es um Fragen des Infektionsschutzes geht. Die Doktrin „Das RKI hat immer recht“ hat ab sofort ausgedient. Es ist vielmehr möglich, dass anderefachwissenschaftlichen Stellungnahmen zu einem vom RKI abweichenden Ergebnis kommen. Ab sofort ist vor Gericht Raum für den freien wissenschaftlichen Diskurs in Infektionsschutzfragen. Ich weiß nicht, ob sich die drei BVerfG-Richter, die den Beschluss vom 29.1.2025 erlassen haben, dieser Konsequenz ihrer Ausführungen bewusst sind.

V. Worin bestehen aktuell die Herausforderungen an die Verfahrensbeteiligten?

Das VG Osnabrück wird es aus eigener Kraft kaum schaffen, die Studienlage zu eruieren und zu bewerten. Es ist hierzu auf qualifizierten anwaltlichen Sachvortrag angewiesen. Auch ein einzelner Anwalt kann indes diese Herausforderung nicht meistern.

Vielmehr müssen sich jetzt die kritischen Geister in der Freiheitsbewegung vernetzen und organisieren, um dem Anwalt der Klägerin (der mir nicht namentlich, geschweige denn persönlich bekannt ist) derart qualifizierten Sachvortrag zu ermöglichen. Folgende Optionen bestehen für die Beweisführung:

· Widerlegung der fachwissenschaftlichen Stellungnahmen aus dem früheren Verfahren – jenem nämlich, dass zu der Entscheidung des BVerfG vom 27.4.2022 geführt hatte. Die Fremdschutzwirkung der COVID-Injektionen hat man mangels einschlägiger klinischer Prüfungen durch randomisierte Studien im Zulassungsverfahren dadurch zu beweisen versucht, dass man Beobachtungsstudien in Haushalten angestellt und geschaut hat, wie oft sich die Menschen mit oder ohne COVID-Injektion infizieren. Solche Studien sind anfällig für methodische Mängel. Denn wenn man wissen will, wer wen wo angesteckt hat, müssen zwei Dinge nachgewiesen werden: Die Ansteckungsfähigkeit bei der Ansteckungsquelle und das Fehlen anderer denkbarer Ansteckungsquellen beim Ansteckungsopfer, also fehlende anderweitige Prävalenz des Krankheitserregers. Wenn die Ansteckungsfähigkeit der vorgeblichen Ansteckungsquelle z.B. nur durch einen PCR-Test belegt wurde, ist die Studie schon aus diesem Grund unbrauchbar, weil ein PCR-Test für sich allein keine ansteckungsfähige Infektion nachweist (siehe dazu Wieler et al., Epidemiologisches Bulletin 39/2020, S. 3-11, insbesondere S. 5 rechte Spalte unten, S. 8 rechte Spalte oben/Mitte). Und der Ausschluss anderweitiger Prävalenz beim Ansteckungsopfer ist eine sehr voraussetzungsvolle Herausforderung. Schwächen dieser Art müssen mitsachverständiger Hilfe aufgedeckt und vor Gericht vorgetragen werden.

· Vortrag von Studien, die die Annahme eines Fremdschutzes widerlegen bzw. die Unterdrückung des körpereigenen Immunsystems beweisen. Hilfreich sind nicht nur Studien, die den fehlenden Fremdschutz nachweisen, sondern auch solche, die belegen, dass man umso öfter und/oder schwerer erkrankt, je öfter man gegen COVID-19 geimpft ist, und ebenso solche, die nachweisen, dass das körpereigene Immunsystem durch die COVID-Injektionen von Grund auf gestört ist. Wer selbst immunsupprimiert ist, wird kaum in der Lage sein, andere Menschen vor einer Ansteckung zu bewahren.

Die medizinischen Fachleute in der Freiheitsbewegung müssen den fachlichen Input liefern, den die Juristen sodann für ihren Vortrag verwerten. In einer Fußball-Analogie ausgedrückt: Ärzte, Heilpraktiker, Biologen, Pharmazeuten und sonstige Akteure mit einschlägigem Sachverstand müssen die Vorlagengeber und Juristen sodann die Torschützen sein. Die Juristen müssen die wissenschaftliche Erkenntnislage namentlich in schlagkräftige Beweisanträge übersetzen.

Der Beschluss des BVerfG vom 29.1.2025 ist eine Einladung, das Narrativ von der Impfung, mit deren Hilfe man andere schützt, für immer vor Gericht zu zerstören. Diese Einladung gilt es anzunehmen – auch wenn dies mit sehr viel Arbeit verbunden sein wird.

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