Sein desolater Gesundheitszustand ist für jeden offensichtlich, der nicht mit (ideologischer) Blindheit geschlagen ist. Und dann wären da noch die Korruptionsermittlungen in Zusammenhang mit seinem Sohn Hunter Biden, die nach allem, was man jenseits deutscher Mainstream-Medien liest, mehr Substanz zu haben scheinen als alle Anklagen gegen Trump zusammen.
Es wäre also eher ein Akt der Verzweiflung als der Überzeugung, wenn die Demokraten Joe Biden für eine zweite Amtszeit antreten lassen würden.
Aber welche Alternativen gibt es?
Kamala Harris gehört eher nicht dazu. Bei den Vorwahlen zur US-Präsidentschaft 2019 schied sie aufgrund niedriger Umfragewerte frühzeitig aus, wurde aber nach der Wahl Bidens als farbige Quotenfrau zur Vizepräsidentin ernannt. Offenbar reicht diese Qualifikation auch bei den Demokraten nicht immer aus, denn Harris’ Zustimmungswerte liegen noch unter denen von Biden.
Bei den ihr übertragenen Aufgaben zur Bewältigung der Migrationskrise und der Wahlrechtsreform versagte Harris. Außenpolitisch leistete sie sich einige Patzer nach Baerbock-Art, so wie hier, wo sie die überaus wichtige Allianz mit der „Republik Nordkorea“ lobte. Harris gehört bisher nicht zu den offiziellen Präsidentschaftskandidaten, betreibt aber durchaus Wahlkampf.
Auch Gary Newsom hat seinen Hut bisher nicht ins Rennen geworfen, doch werden ihm deutlich bessere Chancen eingeräumt als Harris. Newson ist seit Januar 2019 Gouverneur von Kalifornien und agierte dort als Corona-Hardliner. Seine Corona-Politik, die Tatsache, dass er selbst während des von ihm verhängten Lockdowns eine Party besuchte, und ein Finanzskandal bei der Arbeitslosenunterstützung führten dazu, dass sich Newsom im September 2021 einem Abwahl-Verfahren stellen musste. Dieses konnte er jedoch mit 61,9 Prozent der Stimmen zu seinen Gunsten entscheiden.
Andererseits überzeugt seine linke Politik nicht jeden Kalifornier, 40 Prozent von ihnen denken darüber nach, den Staat zu verlassen, viele haben es schon getan. Offiziell gibt sich Newsom als loyaler Unterstützer Bidens, aber viele Beobachter werten Newsoms Wahlkampf-Reisen mehr als Selbstvermarktung.
Weder von Harris noch von Newsom wäre eine grundsätzliche Änderung der US-Politik zu erwarten.
Marianne Williamson bewarb sich bereits 2019 als Präsidentschaftskandidatin für die Demokraten, gab ihre Kandidatur im Januar 2020 jedoch auf. Ein Onkline-Lexikon beschreibt sie als „spirituelle Lehrerin, Autorin, Unternehmerin, Aktivistin und Politikerin“. Williamsons politische Ansichten ähneln mehr denen von Bernie Sanders als von Joe Biden: ihre Priorität ist der Kampf gegen Armut und soziale Ungerechtigkeit, sie wünscht sich einen grundsätzlichen Systemwechsel. Sie sieht sich als Verteidigerin der freien Marktwirtschaft gegen die Großkonzerne. So äußerte sich Williamson kritisch über die CDC-Propaganda zu den Covid-Impfstoffen und fordert eine unabhängige Pharmaforschung.
Angesprochen darauf, dass einige ihrer Positionen eher „rechts“ seien, bemängelt Williamson die unkritische Einstellung vieler demokratischer Wähler zum herrschenden Establishment, sie würde sich hier mehr eigenständiges Denken wünschen. Ansonsten spricht sich Williamson für eine weitere Unterstützung der Ukraine aus, jedoch nicht um jeden Preis. Sie erkennt die Entwicklung einer multipolaren Welt an und fordert eine Neuausrichtung der Beziehungen zu Russland, China, Indien und dem globalen Süden. In den Punkten Klimawandel und Migration entsprechen Williamsons Ansichten weitgehend dem demokratischen Mainstream.
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Der interessanteste Kandidat im Feld der Demokraten ist zweifellos Robert F. Kennedy jr., Neffe des 35. US-Präsidenten John F. Kennedy und Sohn des ebenfalls ermordeten Politikers Robert F. Kennedy. Seine extrem kritische Einstellung zur Bill Gates und dem WEF, zur Zensurpolitik der großen Medienkonzerne, zur Corona-Politik, insbesondere zu Impfungen und Pharma-Konzernen brachte ihm nicht nur in deutschen Mainstreammedien den Ruf eines Verschwörungstheoretikers ein.
Kennedys wichtigstes Ziel ist die Bekämpfung der zunehmenden Polarisierung und Spaltung der amerikanischen Gesellschaft durch einen respektvollen Dialog ohne ideologische Scheuklappen. Dazu wünscht er sich eine grundsätzliche Änderung der Regierungspolitik: mehr Transparenz und Achtung der Bürgerrechte, weniger Überwachung, Zensur und Hinterzimmerpolitik.
Kennedy setzte sich bereits als Anwalt für Umweltschutz ein und hatte eine führende Rolle bei der Renaturierung des Hudson River. Der Klima-Agenda steht er jedoch skeptisch gegenüber.
Ähnlich wie Williamson verspricht auch Kennedy, für mehr soziale Gerechtigkeit zu kämpfen, kleinere und mittlere Unternehmen zu fördern und den Einfluss der Großkonzerne einzuschränken. Eine umfassende Gesundheitsreform soll die Kosten reduzieren bei gleichzeitiger Verbesserung der medizinischen Versorgung. Auch hier bestehen Parallelen zu Williamson.
Die größte Differenz zwischen Kennedy und den meisten seiner Kontrahenten besteht in der Außenpolitik. Kennedy will Auslandseinsätze und Geheimoperationen der US-Streitkräfte weitestgehend beenden und die dafür aufgewandten Gelder lieber für Sozialpolitik und die desolate heimische Infrastruktur aufwenden. In der Ukraine strebt er eine friedliche Lösung an: Russland soll seine Truppen abziehen, UN-Friedenstruppen sollen den Schutz der ethnisch russischen Bevölkerung in der Ukraine gewährleisten und die USA geben ihre Militärstützpunkte in der Nähe der russischen Grenzen auf. Dies soll der Beginn einer weltweiten Demilitarisierung werden.
Ein weiterer gravierender Unterschied ist die Migrationspolitik. Kennedy gehört zu den wenigen Politikern der Demokraten, die die US-Grenze zu Mexiko tatsächlich besucht haben. Geschockt von der humanitären Katastrophe, die er dort beobachten musste, setzt sich Kennedy für einen konsequenten Grenzschutz ein, wenn nötig auch durch eine Grenzmauer.
Die Chancen der beiden Anti-Establishment-Kandidaten Williamson und Kennedy dürften stark davon abhängig sein, inwieweit sie Sponsoren für ihre Kampagne gewinnen können. Williamson war bei ihrer Kandidatur 2019/20 dabei schon recht erfolgreich. Kennedy scheint eher auf Kleinspender zu setzen als auf seine einflussreiche Familie - von der er auch nicht vorbehaltlos unterstützt wird, da einige von ihnen bereits für die Biden-Administration arbeiten. Auch seine Stimmprobleme, hervorgerufen durch eine spasmodische Dysphonie, könnten Kennedys Chancen beeinträchtigen.
Zu guter Letzt möchte ich mich noch Cornel West widmen, ein „progressiver Aktivist und Philosophie-Professor“, der für die People’s Party (Volkspartei) antritt. Diese wurde von einem Mitglied des Wahlkampfstabs von Bernie Sanders gegründet, sodass West in der Liste der demokratischen Kandidaten nicht ganz fehl am Platze ist.
West bezeichnet sich selbst als „nicht-marxistischen Sozialisten“, da sein christlicher Glauben mit dem Marxismus nicht kompatibel sei. Er beschreibt die USA als „rassistisch-patriarchalische“ Nation und Obama als einen „Rockefeller Republican in blackface“. Seine Priorität ist der Kampf gegen soziale Ungerechtigkeit und Armut, vom „Fundamentalismus freier Märkte“ hält er gar nichts. West setzt sich für kostenlose medizinische Versorgung, sozialen Wohnungsbau und „Klimarettung“ ein und möchte die Militärausgaben drastisch kürzen. Den Ukrainekrieg betrachtet er als Stellvertreterkrieg zwischen den USA und Russland.
Laut englischsprachiger Wikipedia bemüht sich West derzeit um eine Nominierung durch die Green Party, da die People’s Party aus verschiedenen Gründen als umstritten gilt. Realistische Chancen dürfte er auch mit dieser nicht haben.
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Kommentar von .TS.
Kennedy, der Trump der US-Democrats? Hmm......