Dann wird immer klarer, dass die Bürger beim willigen „Frieren gegen Putin“ wahrscheinlich einer PR-Masche aufgelaufen sind. Und dass dieser Ukrainekrieg auch eine Propagandaschlacht ist.
Tatsächlich macht die Schlacht auch vor den Supermarktregalen nicht Halt: Was zunächst wie eine der üblichen Bildmontagen aussieht, wie die Bebilderung eines bösen Satire-Artikels, wie ein blödes Fake-News-Pic, entpuppt sich als real, ein Eishersteller wagt eine Art Greenwashing, indem er den Namen eines Eisproduktes ändert, weil er das für politisch opportun hält:
Kein Irrtum: Mit vollem Ernst berichtet unter anderem der Stern darüber, dass Edeka – nachdem russische Produkte wegen des Ukraine-Kriegs aus dem Sortiment genommen wurden – nun mit einer neuen Aktion auf sich aufmerksam macht, die einen symbolischen Charakter haben soll.
Kalter Krieg goes Supermarkt: Edeka tauft eine Eissorte um. Aus dem "Ice Snack Sandwich Moskauer Art" wird "Kiewer Art". Werbewirksam wird dieser kriegsbanalisierende „Etikettenschwindel“ nicht still und schweigend vollzogen, sondern der alte Name bleibt auf der Packung, wird aber rot wie ein falsches Wort in den Hausaufgaben durchgestrichen und darunter die Korrektur, der „richtige“ neue Name, gedruckt.
Ja, es klingt wie ein tragischer Komplettausfall des Unternehmens und seiner beratenden Agenturen, aber sie haben nicht nur den Namen ausgetauscht, sondern diesen Tausch für den Kunden noch auf der Packung dokumentiert!
Auf einem – sagen wir es direkt – dämlichen Milchersatz-was-auch-immer-Waffeleis im Billig-Sechserpack wird Kriegspropaganda gemacht, wird dokumentiert, dass Edeka auf der richtigen Seite steht. Das ist leider wirklich vollkommen irre und peinlich.
Seine Intension bekundet die Supermarktkette den Medien gegenüber gleich in einem Statement dazu:
„Die Geschehnisse in der Ukraine machen uns nach wie vor sehr betroffen. Uns liegt es am Herzen, unsere Solidarität weiterhin zum Ausdruck zu bringen und wir sind der Überzeugung, dass man das auch mit kleinen Gesten zeigen kann.“
Was Edeka hier als noble Geste der Solidarität innerhalb einer Betroffenheitskultur verkaufen will, ist eigentlich ein Symbol der Ideologisierung, die, völlig absurd, jetzt schon im Supermarkt-Kühlregal angekommen ist.
Und das Beispiel könnte Schule machen, wenn es weiter so gehen sollte, denn immerhin gibt es etliche Produkte, die – entsprechend ihres Ursprungs – dieses nervige, neue Pfui-Wort „Russisch“ schon im Titel tragen.
Um einmal zu verdeutlichen, wie tragisch und schäbig das alles ist, angesichts der Tatsache, dass zehntausende Ukrainer und Russen in diesem Krieg elend verrecken und dieser Krieg immer noch weitergeht und befeuert wird, soll dieser Edeka-Irrsinn hier einmal weitergedreht werden, so, als hätte die Werbeklitsche des Unternehmens Überstunden gemacht – vielleicht mit einer Sektpause auf dem Agenturbalkon hoch über den Dächern von Berlin oder wo sie sitzen:
Warum also nicht einfach dieses köstliche knusprige Gebäck, welches ketzerischerweise „Russisch Brot“ heißt, umbenennen in „Kiewer Klitschko Keks“?
Oder der Russische Zupfkuchen als „Zelenskyj Zupfkuchen“? Klingt auch gleich viel besser mit den beiden Z´s.
Und an der Bar bestellen wir ab jetzt keinen Moscow Mule mehr, sondern einen Melnyk Mule, da geht dann auch gleich das Pöbeln nach ein paar Drinks viel leichter über die Lippen.
Als Zutat gibt‘s statt Wodka Gorbatschow eben Wodka Zelenskij. Von wegen „Na sdorowje!“, das wird direkt aus dem Wortschatz gestrichen und ersetzt durch das viel weicher und sympathischer klingende ukrainische Prost „Budymo“.
Ihre Unterstützung zählt
Wir sollten aber nicht bei Supermarkt-Regalen aufhören, unsere Gesinnung zu verdeutlichen. Es gibt ja auch noch andere Lebensbereiche. Warum nicht beim Fußball weitermachen:
Dringendste Angelegenheit: Borussia Dortmund nicht nur umbenennen in Proukraine Dortmund, sondern bei der Gelegenheit bitte die Vereinsfarben Schwarz/Gelb in Blau/Gelb ändern, das wäre nicht nur solidarisch, sondern auch konsequent.
Auch konsequent angesichts des uns erwartenden „kalten Winters“ mit Gasnotstand und Wärmehallen fürs frierende Volk wäre es dringend ratsam, die sprichwörtliche sibirische Kälte ganz aus dem Wortschatz zu verbannen. Der russische Winter kommt ja jetzt direkt in die deutsche Stube. Wie wäre es mit Rüsselsheimer Wohnzimmer als neues Symbolwort für die russische Winterkälte?
Oder denken wir an Musik: Statt „Kalinka, Kalinka“ besser „Selenskyj, Selenskyj“? Oder sollte man den Partyhit „Moskau“ von Dschingis Khan nicht auch gleich umbenennen in „Kiew“, das klingt im ersten Moment zwar etwas sperrig auf der Musik, könnte aber als solidarisch aufgefasst werden. Nicht nur für die Umdichtung des Titels, sondern auch für ganze Textteile wäre dann schon eine Vorlage parat, inspiriert durch aktuelle Ereignisse in der ukrainischen Hauptstadt:
Bis jetzt heißt es da in einer Zeile „Moskau, Moskau, schmeißt die Gläser an die Wand“. Angesichts des letzten Medien-Aufregers, eines Bildes, das in den sozialen Medien viral ging, auf dem Innenministerin Nancy Faeser und Arbeitsminister Hubertus Heil mit Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko und der deutschen Botschafterin Anke Feldhusen auf dem Balkon ihrer Kiewer Residenz lachend mit Sektgläsern in die Kameras winken, könnte doch hier gleich passend umgetextet werden: „Ki-ew, Ki-ew, wirf die Gläser vom Balkon“.
Und hier der Partyhit zum Mitsingen im Youtube-Video, versuchen Sie doch Ihr eigenes Karaoke mit neuem Text:
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PS: Stellen Sie sich vor, irgendeinem Kreativen der Edeka-Agentur wäre noch etwas wie „Russisch Roulette“ eingefallen und er hätte den Bedarf gehabt, damit rumzuspielen … es ist furchtbar. Krieg ist grausamer als der Eisschmerz, wenn man zu viel Moskau- oder Kiew-Waffeln im Gaumen erwischt hat. Da sterben Soldaten und Zivilisten, da ist die Menschheit an ihrem Nullpunkt angekommen.
Da ist die Hölle auf Erden. Da ist vor allem kein Platz für solche peinlichen Entgleisungen einer Lebensmittelkette, die hier den Krieg in die Kühlregale zerren wollte, um davon zu profitieren. Aber in den Kühlkammern des Krieges liegen die Toten. Und es wird wohl noch Jahrzehnte brauchen, jeden einzelnen von ihnen zu beklagen.
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Kommentar von Arno Nühm
Ich werde ab jetzt jedenfalls nicht mehr bei Edeka einkaufen. Lieber ein russisches Geschäft finden...
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Kommentar von Vox Populi
Bin auch seit einigen Jahren mit dem linkspolitischen Missionsdrang bei Edeka, aber auch bei Rewe unzufrieden. Handelsgeschäfte sollen Handel betreiben und keine Kundendressur. Seitdem habe ich auf eine alte Gewohnheit zurückgegriffen und kaufe verstärkt auf dem Wochenmarkt und in Hofläden. Für Getränke und Nonfood-Artikel muss ich wohl oder über noch zum Netto (Discountmarke von Edeka). Die Kassiererinnen dort haben allerdings während des Maskenzwangs keine arroganten Sprüche gegen Maskenfreie abgelassen und trugen selbst auch keine. Das war für mich ein eindeutiger Pluspunkt.
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Kommentar von H. Jacobsen
Edeka war mir seit meiner Kindheit immer sympathisch und ich habe auch gerne dort gekauft. Seit einigen Jahren machen neue Konzepte, neue Marktleiter dieses gute Image immer mehr kaputt. Immer mehr kleine Anbieter verschwanden aus dem Sortiment und es gibt fast nur noch Artikel von wenigen Großkonzernen. Entsprechend hoch sind die Preise. Damit aber nicht genug.
Die Kreativen von Edeka haben mich schon in der Corona Krise geärgert. Damals wollten sie mit falschen Aussagen die Situation nutzen, damit die Menschen nur noch mit Karte zahlen. Die Kunden wurden per Lautsprecher während des Einkaufs mit der Gefährlichkeit des Bargelds beschallt und an der Kasse wurde dem bargeldzahlenden Kunden im Schilderwald noch einmal ein schlechtes Gewissen eingeredet.
Seit dieser Zeit kaufe ich, obwohl der Markt für mich am nächsten ist, nicht mehr bei Edeka. Wirklich verwundert bin ich deshalb über die neuste Entgleisung von Edeka nicht.