Tragisch nur, dass ein guter Teil der österreichischen Bevölkerung jetzt nicht jubelt, sondern stimmlos desillusioniert und verängstigt in eine für sie sinnlos gewordene Gesellschaft blickt, derer sie sich nicht mehr zugehörig fühlen können.
Der Österreicher ist ein kränklicher, liebenswerter und sensibler Charakter, der trinken muss um zu überleben. Sein Herz wird in dem ewigen elegischen Puls eines Walzers langsam mürbe und zerbricht am Ende seines Leben wie ein Briochekipferl zwischen den falschen Zähnen einer im Café Landmann sitzenden Pensionistin.
Der Todeskampf der Truppe von Sebastian Kurz war jedenfalls unsauber und unschön: Schuld sind immer die Anderen, und dieses infantile Wegdrücken der Verantwortung geht nun in die Bevölkerung über. Die Anderen sind immer die Bösen und die Verschwörer.
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Die Wut kocht in den Herzen der Österreicher und kommt jetzt langsam zum Vorschein und entlädt sich auf familiären Frühstückstischen und Familienfeiern. Alles, was immer nur geahnt war, hat sich endlich bestätigt, die Anderen sind gegen das Normale und das Normale sind immer die Meinigen.
Befeuert von überforderten, von Regierungsspritzen abhängig gemachten Medien, für die jeder ein Wissenschaftler ist, der auf Latein bis drei zählen kann, wird ein kritikerunfreundliches Milieu geschaffen, in dem jeder, der nur den Finger hebt, ein Nazi-Schwurbler wird.
“Framing” ist politischer und medialer Standardwortschatz geworden und die Taktik, die Bevölkerung in Lager von Gut und Böse zu teilen, scheint fix in das Repertoire eines Politikers zu gehören. Erschwerend kommt dazu, dass die österreichische Politik längst unterwandert ist von jungen Politikern, welche die politische Bühne als Sprungbrett in die Privatwirtschaft benützen, um auf ihr zu zeigen, wie sie die Ellenbogen ausfahren können, weil sie wissen, dass das in der Privatwirtschaft gesucht wird.
Schauen wir kurz zurück: Da sitzt so ein typischer Österreicher an einem Dezemberabend vor dem Fernseher und sieht dort, im aristokratischen Interieur zum ZIB-Interview eingeladen, den selbstgerechten altadeligen Bundeskanzler Schallenberg (ÖVP) seine Beine übereinanderschlagen.
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Alexander Schallenberg ist heute wieder Außenminister, wie er es schon zuvor unter Sebastian Kurz war. Nach dessen Rücktritt war Schallenberg für ein paar verschneite Wochen lang von 11. Oktober bis 6. Dezember 2021 Bundeskanzler der Alpenrepublik.
Besagtes ZIB-Interview mit Schallenberg ist von besonderer Bedeutung, weil es die Prime Time des politischen Verfalls Österreichs einläuten wird. Ein Interview, das man auch als die erste Seite der Parallelaktion des Grafen Schallenberg lesen könnte.
Der damalige Bundeskanzler Alexander Schallenberg war in seinem ersten öffentlichen Interview gegen ZIB-Moderator Armin Wolf in der Arena erschienen.
Der Kanzler blickt etwas scheu und ängstlich zu seinem Peiniger, der ihm nie eine Chance geben sollte. Wolf macht Schlagzeilen, wenn er andere fertig macht, und genauso behandelt er seine geladenen Gäste. Es ist ein moderner Gladiatorenkampf.
Und wie es sich gehört, scheint es auch hier unfair zuzugehen. Schallenberg ist unbewaffnet, hat sich gerade erst in die Materie eingelesen, bis jetzt wäre er ja nur Außenminister gewesen. Einzig die altadelige Herkunft und die tadellose Karriere des NeuKanzlers scheinen ihm Deckung zu geben.
Wolf kommt gleich zur Sache, denn das sich im Krisenmodus befindende Volk ist unruhig. Es will Antworten. Die Wintervögel pfeifen es längst vom Dach, der nächste “sicher nicht kommende” Lockdown kommt doch. Alsdann hört man den Kanzler durch die Nase sagen:
Die Zögerer und Zauderer tragen eine große Verantwortung für die derzeitige Lage in den Spitälern und damit für Konsequenzen wie einen möglichen Lockdown. Und für solche Zauderer muss Weihnachten ungemütlich werden.
Damit ist der Lockdown für Ungeimpfte gemeint, und es wird bedeuten, dass Ungeimpfte auch zu Weihnachten Hausarrest bekommen werden.
Zögerer und Zauderer? Immer noch besser als ein unsolidarischer Staatsfeind geheißen zu werden, jemand der anderen das Weihnachtsgeschäft wegnimmt und überhaupt verantwortlich für ein verpatztes Weihnachtsfest und das große Sterben ist.
Allein, weil man sich keinen verstörend beworbenen Impfstoff in die Venen jagen wollte – ein selbstsüchtiger Besserwisser, der sich nicht einfach impfen ließ, wie jeder andere normale Mensch, den man mittels Apartheid-Gesetzen aus der Gesellschaft ausschließen muss.
Wolf ändert das Thema und befragt Schallenberg zu Aussagen seines Arbeitsministers. Schallenberg findet es notwendig ihn zu verteidigen, da es nicht angehe, dass erstens so vielle Menschen so lange Arbeitslosengeld kassieren würden und zweitens, dass Weihnachten naturgemäß für ungeimpfte Arbeitslose doppelt ungemütlich werden muss.
Sein Gegenüber Armin Wolf, der das Interview führt, fragt ihn dann, ob er nicht glaube, es könnte zynisch wirken, wenn ein Reichensöhnchen (inhaltsgemäß) wie er (sein Vater war schon ein hochrangiger Diplomat gewesen) versuche, Menschen, die seit Jahren keine Arbeit fänden und mit weniger als tausend Euro im Monat auskommen müssen, Druck zu machen.
(Und Ja: Fast jeder Mensch bevorzugt es, sein Leben selbst in der Hand zu haben, als der Willkür des Staates, also seiner Mitmenschen, ausgesetzt zu sein.)
Aber Schallenberg, ein gelernter Diplomat, lässt sich wenig Interessantes entlocken, er wiederholt nur ein paar Mal, dass er den Posten nur annahm, um die Nation in einer so heiklen Lage zu stabilisieren.
Tatsächlich scheint es ein reiner Freundschaftsdienst für seine türkise Ikone Kurz gewesen zu sein. Man spürt, wie ungern er seinen angenehmen Job als Außenminister, in den Kurz ihn hievte, aufgegeben hat, er sehnt sich förmlich nach den ruhigen Tagen fernab von Blitzlichtgewittern und unangenehmen Interviews.
Die Frage, ob er eine Marionette des in Ungnade gefallenen Sebastian Kurz sei, bejaht er, und findet das auch gar nicht der Rede wert und wundert sich in einem späteren Interview, dass das überhaupt ein Rauschen im Blätterwald verursachte.
Ein paar Tage später wird Schallenberg, sehr ängstlich wirkend, einen erneuten Lockdown ausrufen, und als Kompromiss für sein Klientel, das nur ungern der Verantwortungslosigkeit der Zauderer und Unbelehrbaren wegen noch mehr Geld verlieren will, die allgemeine Impfpflicht ab 18 Jahren.
Wie konnte es aber so weit kommen, dass ein weltfremder Schallenberg die Österreicher ermahnen, denunzieren und in Gut und Böse teilen darf, als wären sie seine kleinen rotzbubigen Töchter und Söhne? Und letztlich die Impfpflicht als Strafe für die fehlgeleiteten Untertanen des Staates zu diktieren.
Und es war ja nicht nur Schallenberg, der plötzlich den Zeigefinger des Malermeisters Lampe erhob und die kleinen Neckereien seiner Untertanen nicht mehr mitansehen wollte.
Jeder, der alles richtig gemacht hatte, wie Sebastian Kurz es noch formulierte, war plötzlich ein Impfheld, der Zögerer zu ermahnen hatte wie Lausbuben. Selbsternannte Impflobbyisten. die einen alten Diskurs in der Bevölkerung ad acta legen durften, da es jetzt ja “Schluss mit lustig war.”
Alles richtig machen heißt also, zu gehorchen, das zu machen, was die Wissenschaft durch die Politik dem dummen Volk ausrichten lässt.
Selbstdenken ist eine Anmaßung, ein Affront gegen den Intellekt der Wissenschaftler. Es erinnert an Adam und Eva, wer vom Baum des Wissens knabbern will, wird aus dem Paradies entfernt.
Die Wissenschaft verlangt Gehorsam, sie hat keine Zeit, die Komplexitität ihrer Analysen einer Putzfrau zu erklären. Wie soll das auch gehen?
Das heißt, im Notfall ist es okay, den Ungebildeten einfach Angst zu machen, sie zu denunzierern, zu framen, sie in Lager zu teilen und gegeneinander aufzuhetzen, denn jetzt geht es um alles, ums Überleben, also Ruhe da unten, keine Dummen fragen! Was heißt da “genmamipuliert”, Du weißt doch nicht einmal, was ein Gen ist.
Was heißt da “langzeitige Impfschäden”, so etwas gibt‘s nur in Deinem Telegramm. Entweder Du stirbst sofort oder es passiert nix mehr. Die Fakten, die Du leider nicht verfizieren kannst, zeigen eindeutig: LASS DICH IMPFEN! Soll ich es auch noch in Deine Muttersprache übersetzen? Komm, es sind doch eh nur drei Wörter, das schaffst Du schon.
Schau, wieviel Gram Du dem schon ganz verängstigten Graf Schallenberg gemacht hast. Mach einfach einmal alles richtig, wie die mit ein bisschen mehr Grips als Du!
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