Um Dinge beschreiben zu können, müssen wir sie sehen können. Werden uns bestimmte Dinge genommen, Dinge, die wir nicht sehen dürfen, dann leidet nicht allein unsere Vorstellungskraft. Dann wird nicht nur Kindern, sondern allen Menschen die persönliche Sichtweise eingeschränkt, sie in ihrer weiteren Entwicklung gehindert, perfider noch, des Menschen persönliche Sichtweise wie seine Entwicklung wird in gezielte Bahnen gelenkt.
Gestern wurden von FACEBOOK zahlreiche Seiten, Gruppen und Konten, es wird von mehr als 150 berichtet, die der sogenannten »Querdenken«-Bewegung zugerechnet werden einfach mal so nebenbei entfernt. Als Begründung wurde von FACEBOOK eine durch diese Gruppen konzentriert koordinierte Schädigung der Gesellschaft genannt. Mit dieser Großlöschung griff, sagen wir, wie es ist, ein amerikanisches Unternehmen kurz vor der Bundestagswahl indirekt in den deutschen Wahlkampf ein. Wessen Sichtweise auf die Dinge im neuen Normal eine solche Löschaktion zugutekommt, ich denke, das dürfte Lesern und Leserinnen meiner Kolumne klar sein.
„Ich sehe was, was du nicht siehst?!“ Um diesen Satz auszusprechen, bedarf es jemanden der sich etwas vorzustellen in der Lage ist. Jemanden, der etwas sieht, was sein Nächster nicht sieht. Aus welchen Gründen auch immer. Wenn jedoch dem einen, der zu sehen in der Lage ist, der dies einem anderen mitteilen möchte, dass zu sehende Objekt genommen wird, es ihm verboten wird zu sehen, wird bald schon jeder nur noch das sehen, was zu sehen erlaubt ist.
Ich solidarisiere mich mit den "Gelöschten" der gestrigen Maßnahmen von FACEBOOK. Ich solidarisiere mich mit den vielen Menschen, denen in dieser Zeit das Sehen verboten wurde, verboten werden wird, die nicht mehr sagen, singen, schreiben, verkünden dürfen, was sie sehen. Es ist unerheblich, ob ich deren Meinungen teile oder verachte. Darum geht es mir nicht.
Vom französischen Philosophen Voltaire stammt der Aphorismus: „Ich verachte Ihre Meinung, aber ich gäbe mein Leben dafür, dass Sie sie sagen dürfen“. Nun, ein solch toleranter Überschwang mag der euphorischen Zeit geschuldet sein, in der er lebte. Ausgesprochen kurz nach der absolutistischen Barbarei vieler Jahrhunderte in denen das falsche Wort und eine falsche Sicht auf die Dinge mehr als die Löschung durch FACEBOOK nach sich ziehen konnte.
Ich bin ganz und gar nicht damit einverstanden, dass ähnliche absolutistische Barbarei wieder entsteht oder die Herrschaft von konzentrierter Macht durch wenige Entscheider das Leben der vielen prägt wie lenkt. Ich bin nicht damit einverstanden, die für mich erkämpften Rechte für die Millionen unserer Vorfahren auf unzähligen Schlachtfeldern, hinter den Barrikaden, auf dem Feld oder in Lagern ihr Leben ließen, für unsere heutigen Freiheiten umsonst starben, weil diese so vielen von uns nichts mehr wert zu seinen scheinen.
Ich möchte nicht dabei zusehen müssen wie wieder ganze Bevölkerungen zu einer devoten Masse aus Fleisch und Blut geformt werden, um neuen Entscheidern zu dienen. Ich bin nicht bereit, diesen bis zu mir bestimmten Schlachtbank zu folgen und auf dem Weg zu dieser selbst zu schlachten, was es zu schlachten gilt, was mir vom großen Metzger ausgesucht und abgestempelt zugeteilt wird.
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Wie es ausschaut, sind wir allesamt auf den falschen Weg geführt worden. Wir haben uns verleiten lassen und die Abfahrt genommen, die uns von Entscheidern empfohlen angeraten wurde. Und jetzt, wo die Straße um uns herum Tag für Tag dunkler wird, uns auf unserer Fahrt immer weniger entgegenkommen und wir auch neben uns kaum jemanden erkennen, fahren wir stur weiter geradeaus, auf dem von uns gewähltem Weg auf dieser "Road to Hell".
Wir sind falsch abgebogen und vertrauen noch immer auf diejenigen, die uns trotz ihres besseren Wissens, so vermute ich, auf dem Weg bis zum Abgrund führen werden. Weil sie nicht bereit sind zuzugeben, uns belogen zu haben? Nicht den Mut haben uns die Wahrheit zu sagen, dass sie uns alle miteinander in die falsche Richtung führen? Ich kann es nur vermuten.
Ich will das nicht. Ich will diesen von meinen Entscheidern mir zugewiesenen Weg nicht bis zu seinem Zielpunkt fahren. Das, was ich vermute, dann dort zu sehen, das gefällt mir nicht. Ganz und gar nicht. Und viele andere, das weiß ich, würde das, was sie dort zu sehen bekommen, ebenfalls nicht gefallen.
Doch wir können auf dieser „Road To Hell“ nicht einfach wenden. Was wir aber können, ist am Straßenrand anzuhalten. Unser Fahrzeug abstellen und aussteigen. Und wenn wir ausgestiegen sind, dann gehen wir die weite Strecke eben halt wieder zurück. Diesen verfluchten Weg, den wir gekommen sind, weil wir falsch abgebogen sind in die falsche Richtung gelenkt wurden.
Der Weg zurück und zu Fuß am Wegesrand der „Road To Hell“ wird ein Beschwerlicher sein. Er wird hart. Sehr hart und mehr als mühselig. Er wird jeden von uns mehr Kraft erfordern, als wir zu haben glauben. Wir werden nicht mehr in den weichen Polstern bequemer Fahrzeuge sitzen und von Radiomusik und hörbaren Nachrichten vom bösen Geschehen am Straßenrand abgelenkt.
Vielleicht wird manch einer den Weg zurück, zu Fuß am steinigen Wegesrand nicht schaffen. Wahrscheinlich sogar. Doch diejenigen die es zurück, bis hin zur falsch genommen Ausfahrt schaffen werden, diejenigen von uns werden die nachfolgenden warnen können. Wir können auch, angekommen an der Gabelung zur „Road to Hell“ versuchen die Abfahrtsschilder auszutauschen. Versuchen einen Stau zu verursachen. Selbst wenn wir wissen von den dann im Stau stehenden gehasst zu werden. Vielleicht, und das wäre eine letzte Maßnahme könnten wir es schaffen die Abfahrt an sich zerstören. Im letzten Moment, kurz bevor das Straßenverkehrsamt oder die Straßenpolizei uns sieht.
Nur so eine Idee von vielen in dieser Zeit.
Nicht mehr als eine krude Analogie.
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