Zusammen laut zweifeln statt zu verzweifeln

Ich fühle mich zurückversetzt in die letzten Monate der DDR

von Mira Liberta (Kommentare: 12)

Wen sieht man auf diesen „Anti-Rechts-Demos“? Grüne, Linke, die letzten SPD´ler.© Quelle: @Mira

Mich erinnert das alles an 1989, als versucht wurde, die ganze Stärke des SED-Apparates ein letztes Mal auszuspielen und Geschlossenheit zu demonstrieren im Kampf gegen den Imperialismus und Kapitalismus.

Ich lebe im Norden Deutschlands, in einer mittelgroßen Stadt, in der Nähe der Nordsee. Durch die Stadt schlendernd, hänge ich oft meinen Gedanken nach. Ich lebe da, wo angeblich andere gerne Urlaub machen. Ich denke darüber nach, wie ich hier gestrandet bin, damals vor bald fast zwanzig Jahren. Inzwischen hat sich vieles verändert.

Es hat lange gedauert, hier heimisch zu werden.

Wenn man aus der Großstadt kommt, fühlt man sich in der Kleinstadt wie auf dem Dorf. Alles ist beschaulich und man kennt sich. So war das damals jedenfalls. Inzwischen kennt man viele nicht mehr und es ist auch nicht mehr so beschaulich, partiell sogar eher schaurig. Leere Geschäfte säumen die Fußgängerzonen, gähnend leere Schaufenster werben still um neue Mieter. Dönerläden und Shisha-Bars breiten sich neben 1-Euro-Shops aus. Hier und da prangen schrill Räumungsverkaufsschilder, die von der Geschäftsaufgabe der Inhaber erzählen.

Einst schöne Fassaden werden nicht mehr frisch gestrichen, Graffiti-Schriftzüge werden achselzuckend hingenommen und gehören zum Stadtbild. Das Entfernen derselben lohnt sich nicht und der einstige Charme dieses hübschen Städtchens fällt dem Zeitgeist zum Opfer. Es wird nicht mehr restauriert, renoviert oder neu gebaut, mit Ausnahme von städtischen Objekten wie dem Landkreisgebäude oder dem Rathaus.

Auch den Wochenmarkt gibt es nur noch in abgespeckter Form. Die Leute halten ihr Geld zusammen und versuchen zu sparen bei dem Versuch, die Inflation temporär aufzuhalten. Wer kauft schon Blumen, wenn es einem schlecht geht, wer mag zum Plaudern innehalten, wenn einen die Sorgen plagen.

Die Menschen erscheinen zunehmend verdrossen und missmutig bis hin zu einem Gefühl der Ohnmacht, welches früher oder später in einer Depression endet, fühlen sie sich doch diesem übergriffigen Staat ausgeliefert.

Anders ist es während der Protestaktionen der Bauern und des Mittelstandes in der letzten Woche. Hier säumen zahlreich lachende und winkende Passanten die Bürgersteige, wenn hupende und blinkende Traktoren gemeinsam mit Transportern und LKWs die Straßen füllen. Sie fühlen sich verbunden und schöpfen für einen Moment Hoffnung, dass sich in diesem Land doch noch etwas ändern könnte.

Doch nichts hiervon erscheint im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Die Protestveranstaltungen der Landwirte und des Mittelstandes sind öffentlich, aber anscheinend nicht rechtens, oder werden als rechts diffamiert.

Ich fühle mich zurückversetzt in die letzten Monate der DDR. Zwar sieht es noch nicht überall so grau und runtergekommen aus, aber der Zahn der Zeit wird das Seinige tun, wenn sich die Umstände nicht ändern. Irgendwann sieht es überall aus wie in Essen oder Duisburg heute schon und die Stimmung in der Gesellschaft erodiert. Der Krug geht zum Brunnen bis er bricht.

Zu vieles läuft schief. Fehltritte von Politikern haben keinerlei Konsequenzen mehr. Kriminelle Steuersünder schüttelten sich auf der Trauerfeier von Beckenbauer die Hand und nutzen diese Veranstaltung pietätslos, um gegen die AfD aufzurufen.

Malu Dreyer, die Frau, die bei dem Ahrtal-Hochwasser versagt und in den Coronazeiten gegen Ungeimpfte gehetzt hat, nutzt nun die Webseiten des Ministeriums, um die Menschen zu Demos gegen Rechts zu mobilisieren.

Mich erinnert das alles an 1989, als versucht wurde, die ganze Stärke des SED-Apparates ein letztes Mal auszuspielen und Geschlossenheit zu demonstrieren im Kampf gegen den Imperialismus und Kapitalismus, im Sinne von „Freie Deutsche Jugend steh`auf!“- Parolen und Liedtexten, begleitet von „ Die Internationale“, welche auch heute wieder auf grünen Parteitagen gespielt wird. Aber das klappt heute nicht mehr. Die Jugend ist nicht frei, nicht deutsch und dazu noch gespalten. So einfach ist das.

Und auch hier ist der zuvor genannte Marktplatz unserer Stadt ein schönes Sinnbild. Die letzten verirrten, meist älteren Deutschen tätigen ihren Wocheneinkauf auf dem Marktplatz an den letzten verbliebenen Ständen. Am äußeren Rand, den Marktplatz umrundend, stehen einstmals weiße, inzwischen graue und beschmierte Sitzbänke, auf denen sich ab Mittag noch nicht lange hier Lebende niederlassen, um das freie Wifi zu nutzen. Oftmals erfolgt das nach Ethnien getrennt. Bleichgesichter finden sich nicht dazwischen. Diese sind wohlbehütet daheim oder hängen, länger nicht behütet, in Gruppen Gleichgesinnter hinter dem kargen Einkaufscenter herum und chillen, oftmals unter Drogeneinfluss.

Da kann Malu aufrufen wie sie möchte, selbst wenn sie die Ministeriumsseiten hierfür missbraucht, sich kurz darauf entschuldigt und kurz danach wieder einen Rechtsbruch begeht. Es interessiert die Jugend nicht. Interessiert es überhaupt jemanden?

Es gab damals im Mai 1989 ein großes Pfingsttreffen in Berlin, an welchem 750.000 delegierte FDJ-Mitglieder teilnahmen, die damaligen Kader der DDR-Jungsozialisten-Schmiede.

Wie man im Nachhinein erfuhr, war es schwer, diese Jugendlichen zusammenzubekommen. Und weshalb? Weil sie sich nicht dafür interessiert haben und nicht hinter der DDR, dem Sozialismus und der Ideologie standen. Auch damals war es den meisten Jugendlichen wichtiger, ihre Freizeit und die Feiertage aus ihrer Sicht sinnvoll zu verbringen, anstatt sich für eine falsche Ideologie vor den Karren spannen zu lassen. Und so kam es, dass die teilnehmenden Jugendlichen damals ihr blaues FDJ-Hemd anzogen und der eine oder andere genötigt nach Berlin fuhr, aber wirklich hinter der DDR standen sie wie ihre Eltern kaum noch.

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Die im Staatsfernsehen erzeugten Bilder waren jedoch kraftvoll, zeugten sie doch von Zusammenhalt und Kampfgeist, wenngleich die Jugendlichen teilweise nur auf der Suche nach einem kleinen Ausflug oder einem Abendteuer waren oder einfach nur einmal, ganz ohne Eltern, in die große Stadt wollten.

Und so ähnlich ist es heute mit den Aufrufen zu Anti-Rechts-Demonstrationen. Wer folgt diesen? Wen sieht man auf diesen „Anti-Rechts-Demos“? Grüne, Linke, die letzten SPD´ler, den Bundeskanzler und Annalena neben fast ausschließlich Menschen, die keinen sichtbaren Migrationshintergrund aufweisen, fast alles Weiße. Wo sind die POCs gegen Rechts?

Hier und da sieht man Palästina-Flaggen. Hamas-Unterstützer mischen sich unter die Demonstranten und kapern die Demos mitunter, wird ihnen hier doch Fläche geboten. Pro Israel oder Free Palästina, auf welcher Seite stehen die scheinbar Guten? Wer sind die Guten? Sind sie tatsächlich gut oder sind sie einer Ideologie erlegen? Logik wird durch Unlogik ersetzt, die übernommen wird. Propaganda beeinflusst die Menschen.

Die Linken wie die Rechten distanzieren sich von den Nazis und rennen mit Pappschildern durch die Gegend, auf denen zu lesen ist: „Heute wissen wir, was wir an Stelle unserer Großeltern getan hätten!“ Ist das so? Wer waren die Nazis damals?

Die Ausrichtung und Aufteilung nach Rechts und Links rührt daher, dass es keine Mitte mehr gibt, aus Mitterechts und Mittelinks wird Rechts und Links. Vielleicht ist die Zeit gerade reif dafür, dass sich die WerteUnion bildet. Ich sehe hier die Möglichkeit, den einen oder anderen wieder einzufangen und abzuholen. Was uns nämlich abhandengekommen ist, sind die gemeinsamen Werte.

Irgendwann wird es vielleicht so wie in den USA sein: Es gibt kein Volk als solches, sondern nur Amerikaner, Menschen unterschiedlichster Geschichte, Herkunft, Hautfarben und Ethien. Und vielleicht gibt es dann auch nur noch ein Zwei-Parteien-System so wie die Republikaner und Demokraten. Einfacher und ehrlicher wäre es gegenüber dieser zersplitterten Parteienlandschaft.

Fürs Erste würden mir jedoch direkte Wahlen und Volksentscheide genügen, um das Gefühl zu haben, tatsächlich beteiligt zu sein und eine Stimme zu haben. Solange die Opposition sich undemokratisch zusammenschließen kann, um eine einzelne Partei zu verhindern, ist es nicht des Volkes Wille. Und wozu brauchen wir dann sogenannte „Volksvertreter?“

Wie kann es sein, dass es Petitionen gibt, um jemandem die Grundrechte zu entziehen? Wozu gibt es dann Grundrechte, hier das Recht auf freie Meinungsäußerung zum Beispiel. Darf es, wie im Fall von Björn Höcke nur die richtige Meinung sein? Es geht nicht darum, ob man Herrn Höcke mag oder seine Ansichten teilt, es geht ums Prinzip! Es geht um das Recht auf die Grundrechte! Jedem Vergewaltiger und Kriminellen werden diese gewährt.

Gerade nach den Erfahrungen im Hinblick auf den Umgang des Staates mit den Ungeimpften während der Coronazeit, ist es unsere Pflicht, für unsere verankerten Grundrechte einzutreten. Ansonsten droht auch hier ein Ausverkauf wie bei den Geschäften in der Stadt. Zu den leeren Ladenzeilen zieren dann zusätzlich leere und gleichgültige Gesichter sowie angepasste Seelen unsere Gesellschaft und Umgebung.

In was für einem Staat leben wir inzwischen und wo geht die Reise noch hin?

In zwei Monaten ist Frühlingsanfang, aber ich bezweifle leise, dass es ein „Deutscher Frühling“ wird in Angleichung an den „Arabischen Frühling“ damals.

Wir müssen zusammen laut zweifeln statt zu verzweifeln, so wie damals 1989 in der DDR und unserem ganzen Unmut Luft machen, denn zu vieles in diesem Land ist inzwischen zweifelhaft.

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