Im Hintergrund habe ich mehrere Browserfenster verschiedener Medienformate auf dem Schirm, in denen ich minütlich auf den neuesten Stand der Entwicklungen und Kriegsereignisse gebracht werde.
Auf Bild Live und Welt Live sehe ich immer wieder kleine, weinende Kinder, die unter Tränen in die Kameras schluchzen, nicht sterben zu wollen. Ich sehe eine verzweifelte junge Frau mit ihrem Baby im Arm, die aus Kiew zu fliehen versucht. Das Bild dieser Frau mit ihrem Baby sehe ich nicht nur einmal. Das Bild wird von den wichtigen Medienformaten Deutschlands gezeigt.
Es ist eine Fotografie, wie dazu gemacht, es in die TOP 10 dieses europäischen Konfliktes zu schaffen. Bilder sind ein wichtiges Medium und mehr als geeignet, ganze Bevölkerungen zu beeindrucken, Meinungen zu bilden und zu lenken.
Insbesondere Bilder von weinenden Kindern, verzweifelten Müttern (bevorzugt junge) und alten Frauen mit blutigen Gesichtern und rot durchtränkten Stirnverbänden. Bilder wie dazu gemacht, die Gefühlswelt ganzer Bevölkerungen ins Wanken zu bringen. Zu welcher Seite auch immer die Gefühle ausschlagen sollen.
Die Wahrheit stirbt immer zuerst in einem Krieg. Dann stirbt die Unschuld, vergeht die Moral, verliert der Anstand. Krieg ist nicht nur dumm, Krieg ist menschenverachtend. Und der Krieg ist nicht erst seit der kuwaitischen Brutkastenlüge zu einem Krieg der Bilder verkommen.
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Wer die Macht über die Bilder hat, der hat die Macht über die Meinung. Das gilt für beide, sich bekämpfende Seiten im Krieg. Für die, die angreift wie für die, die angegriffen wird. Es hat seine Gründe, dass spätestens seit dem Zweiten Weltkrieg jede Armee psychologisch agierende Truppenteile unterhält.
Als ich am heutigen Morgen von meinem Radiowecker mit aufgeregten Frühnachrichten geweckt wurde, da kam es mir zeitweise vor, als ob verschiedene Radioanstalten die Aufgabe solcher psychologisch wirkender Truppenteile übernommen hätten.
Während ich den ersten Morgenkaffee (im Bett) trank, drehte ich links wie rechts an der Einstellung, um den Nachrichten verschiedener Sender zu lauschen die mich sofort an die Angstoffensiven Corona und Klima erinnerten.
Die Bekundungen mehrerer Moderatoren und Experten und die zur Lage wiedergegebenen Meinungen öffentlicher Passantenbefragungen waren von diffusen Ängsten geprägt. Fast schien es mir, als ob nach Corona, Klima und Blackout eine weitere Front aus Angst und Sorge herbeigeredet, gar heraufbeschworen wird. Was ich in nicht einmal zwanzig Minuten alles zu hören bekam, war erstaunlich.
Putin wurde von einem Redakteur mit Hitler verglichen, da ihm von diesem „völkisches Denken“ attestiert wurde. Ein Experte machte sich große Sorgen um die baltischen Staaten, die als nächstes überfallen werden könnten, da sie, das wüsste er aus sicherer Quelle, auf dem Länderzettel des lügenden Diktators aus Moskau stünden. Ja, selbst Finnland und Polen gerieten zur willkommenen Beute Russlands, in der Experten kruden Gedankengängen.
Von all diesen Ungeheuerlichkeiten wurde an diesem Morgen im Radio gesprochen. Ich hörte es mit eigenen Ohren. Und weiter wurde Angst und Schrecken über den Äther verbreitet. Mehrere Bürgerstimmen kamen zu Wort, machten sich große Sorgen um russische Cyberangriffe auf ihren Homecomputern und in den letzten uns verbliebenen Kernkraftwerken.
Selbst die Kartoffeln in Omas Keller wurden zur möglichen Beute einfallender russischer Horden, wenn diese erst die Oder-Neiße-Linie überquert hätten. Und das alles macht der Putin, dieser geisteskranke Russe vom langen Verhandlungstisch aus. Dazu reicht ihm nur ein Telefon. Doch, bevor es ihn danach gelüstet, sich ein weiteres Land einzuverleiben, telefoniert er mit seinem ollen Kumpel Trump in Übersee. Das ist ja klar, dass die beiden gemeine Sache miteinander treiben. Kein Witz. Auch solch eine Meinung habe ich an diesem Morgen im Radio gehört.
Ich lebe anscheinend inzwischen in einem Land, in dem die hier noch Lebenden süchtig nach der täglichen Dosis Angst & Schrecken geworden sind. Ein Land mit mehr als achtzig Millionen Menschen, von denen viel zu viele inzwischen auf dieser sonderlichen Droge sind. Von skrupellosen wie widerwärtigen Dealern der Angst verführt und abhängig gemacht wurden. Nach jetzt zwei langen Jahren täglich verabreichter Angsteinheiten brauchen wir Süchtigen diese in immer größeren Mengen und am besten mehrmals täglich. Ich schließe mich da jetzt nicht aus. Auch ich bin süchtig gemacht worden. Und je beängstigender die verabreichte Dosis, umso besser für den zu erfahrenden eigenen Grusel unserer dystopisch anmutenden Zufriedenheit.
Nach zwei Jahren hat das als böses Krokodil im Kasperletheater vorgeführte Corona seinen größten Schrecken verloren. Also musste schnell eine neue Aufführung her. Aus Verlegenheit wurden Woche auf Woche die uns alle vernichtende Klimakatastrophe, der drohende Blackout, eine zehrende Inflation oder drohende Energiekrise auf den Spielplan gesetzt.
Jedoch mit nicht ausreichendem Erfolg. Bis vorgestern. Denn jetzt haben wir einen richtigen Krieg. Und dieser wird mit all seinen Begleiterscheinungen, Folgeerscheinungen und seiner Abwicklung für die kommende Zeit auf dem Spielplan unserer derzeitigen Veranstalter:*Innen (ich gender jetzt hier mit Absicht) bleiben.
Vielleicht aber auch ist morgen schon alles wieder vorbei. Der Krieg aus und die russischen Truppen ziehen sich auf ihr eigenes Gebiet zurück. Putin erklärt uns dann übermorgen, dass alles nur ein dummes Versehen war, und wir alle in Europa, ja auf der ganzen Welt gehen zur Tagesordnung über und kommen vielleicht, so nebenbei mal, auf die Idee, dass es total blöde ist, sich gegenseitig umzubringen.
Für wen oder was auch immer. Schön wäre es ja. Wenn es nach mir ginge. Aber geht es ja nicht.
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