Mit der Teilmobilmachung ist die nächste Eskalationsstufe im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine gezündet. Auch der der Begriff der „Spezialoperation“, wie Wladimir Putin seinen Einmarsch in der Ukraine bevorzugt nennen lässt, ist unter diesen Vorzeichen wohl kaum noch zu halten.
Die Signale stehen auf Krieg: 300.000 Reservisten werden eingezogen, 25 Millionen Männer dürfen das Land nicht verlassen.
Ein weiteres Zeichen, das nichts Gutes erahnen lässt: Vor wenigen Tagen wurde in der Duma das Strafmaß für „unsoldatisches Verhalten“ erhöht. Danach wurden in Russland innerhalb kürzester Zeit Flüge in Länder, in die man ohne Visum kommt, entweder ausgebucht und extrem teuer.
Und das ist auch durchaus verständlich. Denn wer will schon mit seinem Leben bezahlen für geopolitische Interessenslagen und Krieg als deren schmutzigste Durchsetzungswaffe. Niemand will als Kanonenfutter enden, viele Menschen sind heute gut informiert, niemand wird mehr aus seinem Dorf abgeholt, der zuvor von nichts anderem gehört oder gelesen hat, außer dem Geschehen auf dem Dorfvorplatz.
Viele junge Männer, ihre Mütter, Frauen und Kinder haben Angst, können ihre Angst begründen und sie ist durchaus begründet. Aber wohin fliehen? Welches ist das beste Land, wo gibt es schnell Asyl und eine angemessene Unterstützung?
Ihre Unterstützung zählt
Viele Russen werden versuchen, nach Deutschland zu kommen. Und die Ampel scheint sich schon drauf zu freuen. Nach „Frieren gegen Putin“ jetzt die Ausweitung des deutschen Konzepts „Jeder ist willkommen“ mit der Ergänzung „gegen Putin“. Grüne und SPD stehen bereits in den Startlöchern, sie wollen russischen Kriegsdienstverweigerern und Deserteuren den Asylstatus zuerkennen, sprechen bereits von einer erleichterten Aufnahme.
Innenministerin Nancy Faeser (SPD) forderte in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung regelrecht dazu auf: „Wer sich dem Regime von Präsident Wladimir Putin mutig entgegenstellt und deshalb in größte Gefahr begibt, kann in Deutschland wegen politischer Verfolgung Asyl beantragen“. Die Parlamentsgeschäftsführerin der Grünen, Irene Mihalic, legte in der der „Rheinischen Post“ noch einen obendrauf: „Wer sich als Soldat an dem völkerrechtswidrigen und mörderischen Angriffskrieg Putins gegen die Ukraine nicht beteiligen möchte und deshalb aus Russland flieht, dem muss in Deutschland Asyl gewährt werden.“ Das zu gewährleisten sei auch ein wichtiges Signal an alle russischen Soldaten, sich nicht instrumentalisieren zu lassen.
Die Einladung jetzt an russische Kriegsdienst-Verweigerer ist also schon ausgesprochen. Und besagtes kürzlich von der Duma verschärfte Strafmaß, das Menschen bei Entzug der Einberufung droht, wird in Deutschland schon für ausreichend als Asylgrund befunden.
Das Innenministerium betonte zwar, dass im bestehenden Asylverfahren eine Sicherheitsprüfung stattfinden würde – die Entscheidungspraxis des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge sei aber bereits entsprechend angepasst, verkündete Nancy Faeser, wenn Gegner des russischen Regimes Asyl beantragen wollen.
Über die Kriegsverweigerer hinaus will Anton Hofreiter auch den Zugang für russische Oppositionelle ausweiten, zumindest die Anstrengungen verstärken, diesen in Deutschland eine sichere Anlaufstelle zu bieten. „Humanitäre Visa müssen jetzt großzügig und umfassend ausgelegt werden“, bläst aber auch der CDU/CSU-Vizevorsitzende, Johann Wadephul, zum Run auf die deutschen Sozialsysteme, die Union will sich hier nicht lumpen lassen.
Die Kommunen ächzen allerdings gerade erst unter dem ukrainischen Ansturm. Laut Angaben von Faesers Innenministerium sind bis zum 17. September genau 992.517 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine in Deutschland gelandet. Über die Hälfte davon, mehr als eine halbe Million, bekommen Sozialhilfe.
Gemeinden und Kommunen vergleichen die Belastungssituation mit 2015/16 und beklagen sich jetzt schon, dass sie an ihren Kapazitätsgrenzen sind. Die Flix-Busse von Deutschland nach Kiew sind auf Wochen ausgebucht.
Fachleute erkennen hier einen regelrechten Hartz-IV-Tourismus, um sich mal eben die Hilfen beim deutschen Sozialamt abzuholen und danach wieder in die Heimat zurückzukehren. Eskaliert sind diese Reisen, als Berliner Behörden unter dem Corona-Regime Sozialhilfe gleich drei Monate im Voraus in Bar bezahlten.
Aber das ist längst nicht das Ende der Fahnenstange: Zum stetig anwachsenden Zustrom aus dem Osten, der Ukraine und demnächst aus Russland, wandern immer mehr Menschen aus südlicher Richtung über die Transitrouten nach Deutschland ein: In 2022 wurden bereits über 36.000 illegale Einreisen festgestellt, zumeist über die Balkanroute oder über das Mittelmeer.
Dass jetzt russische Kriegsverweigerer diese deutsche Hilfe brauchen, findet Andrij Melnyk, der aus Berlin zurückbeorderte ehemalige ukrainische Botschafter in Deutschland, falsch und twittert gewohnt undiplomatisch:
„Falscher Ansatz! Sorry. Junge Russen, die nicht in den Krieg ziehen wollen, müssen Putin und sein rassistisches Regime endlich stürzen, anstatt abzuhauen und im Westen Dolce Vita zu genießen.“
Etwas diplomatischer, aber ebenso klar, kommunizieren andere europäische Staaten ihre Haltung zum Thema. So lehnen die Slowakei und auch die Tschechei die generelle Aufnahme der russischen Kriegsdienstverweigerer ab. Auch Litauen und Lettland haben bereits ihre abschlägige Haltung zu einer Aufnahme von Russen, die vor dem Militärdienst fliehen, bekräftigt unter Verweis darauf, dass die Fluchttendenzen erst sieben Monate nach Kriegsbeginn einsetzen würden. Laut Zeit sehe der lettische Außenminister Edgars Rinkēvičs "beträchtliche Sicherheitsrisiken".
Ihre Unterstützung zählt
Der Grund, warum die Flüchtenden nicht als Kriegsdienstverweigerer anerkannt werden könnten: Sie hätten nichts getan, „hätten damals nicht protestiert", als Russland am 24. Februar in der Ukraine einmarschierte, Und: Es gebe für sie viele Länder außerhalb der EU, in die sie gehen könnten.
Aber genau hier beginnt der Scheideweg in dieser verfahrenen Debatte, denn deutsche Zuwanderungskritiker wissen längt um Millionen Migranten, die hier als reine Wirtschaftsflüchtlinge ankommen. Nun mag man bedauern, dass Armut kein Asylgrund ist, aber so sind die Gesetze.
Aber selbst jemand, der nicht mit dem Thema vertraut ist, erkennt, dass jeder Russe, der nicht an die Front will, in Deutschland mehr Chancen auf Asyl haben muss, als der arabische Jungmuslim, der als fünfter Sohn der Familie sein Glück in der Fremde sucht, wo Milch und Honig fließen.
Demgegenüber darf der Russe laut Melnyk und einer Reihe europäischer Staaten in Deutschland kein Asyl bekommen, weil ihm so etwas wie eine Widerstandslegende fehlt? Was maßen sich diese Leute an, darüber schachern zu dürfen, wem wir in Deutschland unsere Hilfe anbieten und wem nicht? Wenn die ganze Welt darüber entscheiden darf, wofür die deutschen Steuereinnahmen verwendet werden, dann wird es höchste Zeit für Michel und seine Frau, diesem lächerlichen Land zu entfliehen oder jene Regierung zu verjagen, die das alles angerichtet hat.
Derweil versuchen viele Russen die Ausreise ins beziehungsweise übers benachbarte Finnland. Hohe Frequenz an den Übergängen, Staus an den Grenzen. Das EU-Mitgliedsland will den meisten Russen die Einreise verwehren.
Allerdings gibt es Berichte, das gehört zur Wahrheitsfindung dazu, die ein paar Wochen älter sind, die davon erzählen, dass diese Staus aus Pendlern entstehen, die in Finnland einkaufen, weil die Regale in Russland kriegsbedingt leerer geworden sind.
Die Politik scheint die Deutschen auch hier wieder auf eine Sonderrolle vorzubereiten. Eine Real-Time-Umfrage unter Lesern von faz.net ergab für den Moment, dass von den gut 1.000 Befragten 40 Prozent dafür sind, dass russische Desersteure in Deutschland Asyl erhalten, 49 jedoch dagegen, 11 Prozent sind sich nicht sicher.
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Kommentar von Matthias P.
Es wäre, schön, wenn sich die dt. Regierung zunächst an das Recht halten würde, das ein Asylrecht bei Einreisen über sichere Drittstaaten ausschließt; also kann es Asyl für Russen schon aus diesem Grund eigentlich nicht geben (für fast alle anderen, die aus vorgeblichen Asylgründen hier sind, allerdings auch nicht).
Ansonsten müssen als Mindestmaßnahme unbedingt der Einbürgerungsanspruch und das Geburtsortsprinzip wieder aus dem Gesetz entfernt werden, bevor noch irgendein weiterer Ausländer aufgenommen wird. Geschieht dies nicht, wird in schon naher Zukunft die Mehrheit der dt. Staatsangehörigen aus Nichtdeutschen bestehen, was das Ende deutschen Staatlichkeit wäre.
Eine Mehrheit von zB Moslems könnte dann die Bundesrepublik in eine islamische Diktatur umwandeln. Anders als die Zugewanderten haben wir aber kein Land, in das wir fliehen könnten. Das Ende der dt. Staatlichkeit könnte dann das Ende des dt. Volks nach sich ziehen. Aber selbst wenn dies wegen der Nichthomogenität der Einwanderer nicht (so schnell) geschieht, wird das Problem der organisierten Kriminalität (die ja auch von Russen getragen ist) sich irreversibel verfestigen und den Staat zersetzen.
Es muss also als Sofortmaßnahme eine Änderung des Staatsanghörigkeitsrechts erfolgen. Hierfür lohnt es sich auch, zu demonstrieren.