Sein oder Nichtsein: Deutschland steht am Scheideweg

Gefühlte Unsterblichkeit

von Toddn Kandziora (Kommentare: 14)

Was waren wir knackig. Saftig im Fleische, die Muskeln und Knochen noch stark.© Quelle: Pixabay / geralt

In weniger als zwei Wochen werde ich sechzig. Sollte mir der Himmel nicht vorher auf den Kopf fallen.

Von Toddn Kandziora

Sechzig. Wie unglaublich, wenn ich an die wilden, die harten, die gefährlichen und entbehrungsreichen Jahre zurückdenke. Diese der unerfahrenen Jugend geschuldeten Jahre einer gefühlten Unsterblichkeit. Der wirklich gelebten Jahre ab dem siebzehnten bis zum siebenundzwanzigsten Lebensjahr.

Diese zehn so wundervoll verlebten Jahre der Spontanität, Jahre voller Tatendrang. Gelebt im unumstößlichen Glauben, die Welt verändern zu können. Was für exzentrische Jahre. Jahre, in denen manche Tat wie Untat die letzte hätte bedeuten können. Vielleicht sogar müssen. Denn, da nehme ich mich nicht aus, der Mensch ist in der Regel nicht gut zu denen, die ihm gegen den Strich gehen. Und leider auch manch einer nicht zu denen, die er liebt.

Nun, liebe Leser, sie haben es bemerkt: Ab einem gewissen Alter kann man schon mal rührselig werden, wenn man sich zurückerinnert. An die gute alte Zeit.

Was waren wir knackig. Saftig im Fleische, die Muskeln und Knochen noch stark und das Sein beizeiten mal vernebelt. Aber eben auch unkaputtbar. Die Jahrzehnte zurückgeschaut, fiel so manch einer der Rasselbande in den Schützengräben des freien Lebens. Andere durch Krankheiten oder widrige Begebenheiten. Würde ich heute Einladungen an verstorbene Freunde und Bekannte versenden, so wäre diese Friedhofparty besser besucht als eine Feier mit meinen lebenden Freunden.

Nicht wenige begingen Fahnenflucht, wechselten die Seiten, verzagten an den Umständen der neuen Zeit. Der neuen Zeit woker Prediger*innen, die so in viele Führungspositionen in Politik, Wirtschaft, Medien und richtungsweisenden Institutionen gelangten.

Unsere heutigen Herr*innen, manche fast noch Kinder, zumindest im Geiste, schnüren uns kontinuierlich enger in das Korsett ihres angenommen Endzeitglaubens. Zwängen alle Menschen im Land dergestalt mit ihrer woken Religion ein, dass den Menschen die Luft zum Atmen genommen wird und Sauerstoff zum klaren Denken fehlt, bis auch der letzte Freigeist bereit ist, den neuen Glauben anzunehmen. Sie sind wie die Borg im Star-Trek-Universum. Assimilation ist Pflicht, Widerstand zwecklos.

Vierundzwanzig Stunden am Tag lassen sie das Ende der Zivilisation verkünden. Die Apokalypse ist nah. Eine alles zerstörende Klimakatastrophe scheint unausweichlich, wenn wir nicht leben und werden, wie sie schon leben und sind. Es gilt die Welt zu retten. Und wieder und zuerst vor uns Deutschen.

Inzwischen frage ich mich: Was mag gefährlicher sein? Ein möglicher Klimanotstand oder der offensichtliche, nicht mehr zu verheimlichende Bildungsnotstand? Damit meine ich weniger die katastrophalen Bildungslücken heutiger Grundschüler, sondern das Wissensvakuum in den Köpfen gewählter, politischer Elitenzöglinge aus besserem Hause. Besonders häufig auftretend bei einem jüngeren Führungspersonal.

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Tja, unser Führungspersonal. Oder heißt es heute Führungspersonal*inn? Ich weiß es nicht. Was ich weiß: Unsere politischen Eliten scheinen jünger zu werden. Von der Schule direkt in den Bundestag, so habe ich den Eindruck. Zur Qualifikation als Abgeordnete reicht es, Klassensprecherin gewesen zu sein. Sollte eine junge Dame gar queere Schulsprecherin und mit dunkler Hautpigmentierung gesegnet sein, ist mit schlechtem bis gar keinem Abschluss aber richtigem Parteibuch beizeiten womöglich sogar ein Landesminster*innenposten drin.

Für Staatssekretär*in mit besonderem Aufgabenbereich reicht es auf jeden Fall. Mache ich Scherze? Nein. Mache ich nicht. Alles in deutschen Ländern schon vorgekommen und möglicherweise bald die Regel.

Neulich in einem Gespräch über den Gartenzaun hinweg war dies Thema. Junge Politiker, insbesondere gegenderte Politiker*innen. Mein Nachbar und ich glaubten uns zu erinnern, dass über Jahrhunderte hinweg im alten Rom nur Männer über sechzig Jahre mit umfassender Allgemeinbildung und Lebenserfahrung Senatoren werden konnten. Das hatte Gründe.

Als irgendwann im Römischen Reich das Geld knapper und die Dekadenz größer wurde, haben sie das Senatorenalter herabgesetzt. Der Regierungsjob konnte dann auch vererbt, an Höchstbietende versteigert, an Verwandte oder „gute" Freunde vergeben werden. Keine gute Idee. Für Rom und seine Zukunft.

Kein Jahrhundert später wurden den Barbaren, waffenerfahrene Fachkräfte und wertvoller als Gold, die Stadttore geöffnet. Diese fremden, gut aussehenden Männer mit langen Haaren und breiter Brust wurden freudig von den römischen Frauen empfangen, vielleicht hier und da mit einer Armlänge auf Abstand gehalten. Rom, dergestalt mit neuen Menschen beschenkt, einigte sich - weil inzwischen eh egal - auf offene Grenzen für jedermann und konnte so den mutigen Schritt ins Mittelalter wagen.

Deutschland macht es heute nicht genau so, jedoch ein wenig nach. In Deutschland bestimmen Eliten, die Politiker*innen genannt werden. Ob nun mit oder ohne Sternchen in der Hose. Belanglos. Eine extrem kleine Minderheit bestimmt über die Sprache der Mehrheit. Mütter werden auf Gebärende reduziert und Väter können menstruieren. Wer das doof findet, ist selbst doof. Damit „die da oben“ länger und mehr solch kruden Unsinn anstellen können, wollen unsere woken Eliten das Wahlmindestalter auf sechzehn Jahre senken. Und den „noch nicht so lange hier Lebenden“ soll das Wahlrecht schneller zugestanden werden. Wie ihre Einbürgerung ohne Probleme.

Ja, warum eigentlich nicht gleich jedem, der „nun schon einmal da ist“, jedem, der die Grenze überschreitet, sogleich den deutschen Pass aushändigen!? Passübergabe am Schlagbaum. Das würde vieles vereinfachen. Niemand, vor allem nicht die Medien, müssten länger auf Anweisung die „hier schon länger Lebenden“ belügen, gewisse Vorkommnisse verschweigen. Von heute auf morgen würde eine jede Straftat von Deutschen begangen. Ist das nicht wunderbar? Keine Ausländerkriminalität mehr.

Und wählen dürfen die neuen Deutschen dann auch sofort. Schon mit sechzehn. Heute erst aus „Westasien“ angekommen, morgen schon im Wahllokal ihr „Dankeschön" angekreuzt. Aber bitte bei der richtigen Partei. Wenn nicht, also dann, in dem Fall, könnte es ein klein wenig Ärger geben. Die deutsche Staatsbürgerschaft, die muss sich nachträglich schon verdient werden. Die gibt es ja nicht von ungefähr direkt an der Grenze.

Deutschland könnte wieder einmal Vorreiter sein, auch in dieser schnellen Vergabe der Staatsbürgerschaft. Ein Vorbild für andere Länder, die es in dieser Hinsicht lieber anders halten. Und Vorbild, das sind wir doch gerne. Wir Deutschen. Oder nicht? Dafür haben wir doch die Parteien gewählt, die derzeit Regierung spielen, pardon, die deutsche Regierung stellen.

In der Tat sind wir Vorreiter in vielen Dingen, die diese Welt besser machen. Wir müssen nur zeigen, das wir es auch wirklich ernst damit meinen. Dann werden alle anderen Länder dieser Erde schon noch mit uns mitziehen. Es uns gleich machen. Und dann, dann zeigen wir der drohenden Klimakatastrophe den feuchten, deutschen Mittelfinger.

Wir sind Deutschland. Und Wir-Deutschland hat seine Atomkraftwerke abgestellt. Deutschland wird sich mit Wind und Solarenergie versorgen. Autark. Unabhängig von der Welt. Wir werden weder Flug- noch Kreuzfahrtreisen unternehmen. Kein Fleisch mehr essen, oder maximal 10 Gramm am Tag, und keine Lagerfeuer zündeln. Wir werden uns bald rein vegetarisch und später nur noch vegan ernähren. Wir werden keine Verbrennerautos mehr fahren und glücklich in 15-Minuten-Citys in unseren klimatisierten Wohneinheiten leben. Es wird kein Bargeld mehr geben, somit auch keine Kriminalität. Jeder wird weniger besitzen und glücklich sein. Wir sind Deutschland. Wir werden die Welt retten.

Auch wenn es unseren Wohlstand und die Freiheit kostet, so wahr uns Schwab dabei helfe mit seiner tollwütigen Bande. Die Industrie abwandert. Hundertausende hiergeborene Fachkräfte flüchten. Wir Monat zu Monat tiefer in die Reszession abgleiten, die Inflation immer lauter an die Tür klopft. Es unser Gesundheitssystem, Straßen und Schienensystem und Bildungssystem kostet. Das muss es uns Deutrschen doch wert sein. Oder nicht? Wir haben die dafür Verantwortlichen ja dafür gewählt. Und ... sie werden wieder gewählt. Klar doch. Denn sie sind wie die Borg. Assimilation ist Pflicht und politischer Widerstand erscheint heute zwecklos.

Ja, wir alle sollen das neue Deutschland sein. Wir retten durch Vorreiterfunktion die Welt, indem wir uns selbst aufgeben und das eigene Land abschaffen. Auf unseren Straßen klebt derweil eine neue, zerbrechliche, sich sterblich fühlende Generation. Die Letzte Generation. Sie wird gut bezahlt, strafrechtlich betreut und vom Bundespräsidenten vielleicht bald schon ausgezeichnet und mit Orden behängt.

Über den Gartenzaun hinweg unterhielt ich mich dann über den Vorteil, in dieser Zeit das sechzigste Lebensjahr zu erreichen. Als einer aus der Generation, die sich in ihrer Jugend für unsterblich hielten. Für unkaputtbar, was auch immer da kommten sollte. Zwar hatten wir in den Siebzigern und Achtzigern auch unsere Ängste und Sorgen und demonstrierten gegen Atomkraft, Nazis, NATO-Doppelbeschluss, US- wie Sowjet-Atomraketen, gegen die Volkszählung und die Umweltverschmutzung, doch es kam uns nicht in den Sinn, diese unsere Sorgen und Ängste oder gar unsere Lebenseinstellung den Menschen dieser Welt aufzuerlegen. Andersdenkende zu denunzieren, zu manipulieren, zu unterdrücken, gar Existenzen zu vernichten.

Tief hatte sich bei unserer Rasselbande der Ausspruch Voltaires "Ich teile ihre Meinung nicht, aber ich würde mein Leben dafür geben, dass sie diese sagen dürfen“ ins Hirn gebrannt. Unsere Freiheit sollte immer auch die Freiheit anderer ermöglichen. Das faschistische Wesen war uns nicht nur fremd. Es widerte uns an.

Deutschland steht am Scheideweg. Sein oder Nichtsein, könnte man sagen. Wie wird es enden? Werden weiterhin und vermehrt junge Menschen in den deutschen Bundestag kommen, die erst über eine Heringsbrücke auf den Namen des ersten Reichskanzlers gebracht werden müsse? Eliten, denen es elementar an Allgemeinbildung, rudimentärer Lebenserfahrung, am Umgang mit der eigenen Sprache und an Charakter fehlt. Menschen, die trotzdem, oder gerade deswegen, Deutschland ohne diplomatisches Geschick im Ausland präsentieren.

Betrachte ich all das Elend, das mich umgibt, stellt sich nicht die Frage, wie das geschehen konnte. Eher: Warum sollte geschehen, wie es gekommen ist?

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