Populismus und Demokratie

Gebt den neuen Populisten eine faire Chance

von Corinne Henker (Kommentare: 6)

Menschen sind nicht gleich.© Quelle: Pixabay/sueinpng

Trotz „sozial gerechter“ und „feministischer“ Politik sinkt der Wohlstand der hart arbeitenden Mittelklasse rapide. Denjenigen, die sich „soziale Gerechtigkeit“ auf die Fahnen geschrieben haben, geht es nicht darum, die Lebensbedingungen der tatsächlich Benachteiligten zu verbessern.

Ich spazierte gerade mit meinem Hund durch den Wald, als mir ein Pärchen, geschätzt Ende Zwanzig, entgegenkam. Übrigens die Einzigen, die meinen kurzen Gruß nicht erwiderten. Ich hörte nur, wie die männlich gelesene Person offensichtlich entrüstet zur weiblich gelesenen sagte „… und in Deutschland wählen etwa 25 Prozent populistische Parteien“.

Mein erster Gedanke war: Wieso nur 25 Prozent? Nach den letzten Umfragen stehen doch die Grünen bei 12-13 und die SPD bei 16 -17 Prozent. Entweder konnte der Typ nicht rechnen oder meine Definition von Populismus unterscheidet sich deutlich von der seinigen. Also was hat es mit diesem viel gescholtenem Populismus eigentlich auf sich?

Laut Online-Enzyklopädie leitet sich Populismus ursprünglich vom Begriff „Popularität“ ab, was im 19. Jahrhundert noch mit volkstümlich, für das Volk bestimmt, leutselig gleichgesetzt wurde. Ganz anders der verwandte französischen Begriff „populace“: Ins Deutsche übersetzt bedeutet das „Pöbel“ oder „Mob“. Damit wären wir schon viel näher am offenbar verdammenswerten Populismus heutiger Zeiten.

Im Gegensatz dazu steht die allseits gepriesene Demokratie, die heute tagtäglich als „unsere Demokratie“ gegen die „bösen“ Populisten verteidigt werden muss.

Das griechische Wort „Demokratie“ bedeutet wörtlich übersetzt „Volksherrschaft“. Wäre es dann nicht logisch, dass Politiker, die vom Volk gewählt werden wollen, die Interessen des Volkes vertreten - oder das zumindest vorgeben? Sind somit alle Politiker Populisten? Oder nur diejenigen, die uns mit falschen Versprechungen ködern, wie diese - und denen es letztlich nur um die eigene Macht geht?

Schaut man nun in die jüngere deutsche Geschichte, findet man verschiedene Beispiele für diese Art von Populismus. So versprach uns Helmut Kohl 1990 „blühende Landschaften“, um für die Wiedervereinigung zu werben - verschwieg aber deren gewaltige Kosten. Damit gewann er die erste Bundestagswahl im vereinten Deutschland für die CDU/CSU mit 43,8 Prozent der Stimmen. Oskar Lafontaine - damals Kanzlerkandidat der SPD - war hier ehrlicher und verlor.

Auch die Einführung des Euro und die „Griechenland-Rettung“ waren Sternstunden des Populismus. Der Euro wurde „dem kleinen Mann“ schmackhaft gemacht, indem man ihn damit lockte, dass der lästige Geldumtausch bei Urlaubsreisen wegfiele. Die gewaltigen Probleme, die eine gemeinsame Währung für sehr unterschiedliche Volkswirtschaften zwangsläufig hervorrufen musste, verschwieg man lieber.

Und als sich diese nicht mehr vertuschen ließen, wurden sie mit unserem Steuergeld zugekleistert, ohne die wahren Ursachen anzugehen. Ergebnis ist ein stetiges Anwachsen des Schuldenberges in der gesamten Eurozone: von 8,22 Billionen Euro im Jahr der „Griechenland-Rettung“ 2010 auf 12,73 Billionen im Jahr 2023.

Als nächstes wäre da das populistische Narrativ der Energiewende. Man erzählte uns, Kohle- und Atomstrom wären schädlich für Umwelt und Klima und müssten deshalb dringend abgeschaltet werden, wenn wir die drohende Apokalypse stoppen wollen. Der Ersatz durch „erneuerbare Energien“ wäre auch ganz einfach und günstig, denn „Sonne und Wind schicken keine Rechnung“. Alternativ: „Die Energiewende kostet nicht mehr als eine Kugel Eis im Monat“.

Und wenn’s schiefgeht, wie wir kürzlich beobachten durften https://www.achgut.com/artikel/energiewende_ins_dunkeldeutschland, liegt es nicht an der Missachtung physikalischer Gesetze, sondern ausschließlich am „fossilen Kapitalismus“, der uns zu ständiger Verschwendung anfeuert und mit seinem Wirtschaftswachstum geradewegs in den Weltuntergang führt.

Eine besondere Nuance des Energiewende-Populismus besteht darin, dass man sich jederzeit auf „die Wissenschaft“ berufen kann, während man selbst noch nicht einmal den Ersten und Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik verstanden hat. All jene, die schon immer mit Mathematik und Naturwissenschaften auf Kriegsfuß standen, können sich nun ohne jede Qualifikation in die große Gemeinschaft der Weltretter eingliedern. Und wenn dann ein Gottfried Curio (abgeschlossene Studien u.a. in Mathematik und Physik) die Augen verdreht, wenn Robert Habeck oder Emilia Fester über Energiewende und „Klimarettung“ dozieren, wird dieser dann plötzlich zum wissenschaftsfeindlichen Populisten.

Das Lieblingsthema eines jeden wahren Populisten ist aber zweifellos die „soziale Gerechtigkeit“. Definitionsgemäß bedeutet „soziale Gerechtigkeit“: Die Lebensbedingungen und die Chancen und Möglichkeiten sollen für alle Menschen in einer Gesellschaft annähernd gleich sein.

Das hört sich toll an, ist aber ein Widerspruch in sich. Entweder man sorgt für Chancengleichheit und Leistungsgerechtigkeit - oder für gleiche Lebensbedingungen unabhängig von der Leistung. Letzteres ist der sichere Weg in die Armut für alle, wie all die Sozialismus-Experimente der letzten 100 Jahre auf vier Kontinenten eindrucksvoll bewiesen haben.

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Menschen sind nicht gleich, wie jeder von uns schon in seiner näheren Umgebung feststellen kann. Jeder von uns hat seine Daseinsberechtigung, aber heißt das zwingend, dass jeder ein gleich großes Stück vom Kuchen bekommen muss?

Es wäre wünschenswert, jeden Menschen entsprechend seiner Begabung optimal zu fördern, und jeden, der nicht arbeiten kann, dennoch am allgemeinen Wohlstand teilhaben zu lassen. Praktisch bedeutet das, dass jeder einen Teil seines mit ehrlicher Arbeit erwirtschafteten Verdienstes abgeben muss, um diejenigen zu finanzieren, die (noch) nicht (oder nicht mehr) arbeiten. Aber wie findet man hier eine „gerechte“ Balance?

In den letzten Jahren hat sich die Sozialpolitik eindeutig weg von Chancengleichheit und Leistungsgerechtigkeit hin zur Ergebnisgleichheit verschoben. Und das nicht nur für arbeitsunwillige Staatsbürger, sondern am besten für jeden, der sich in unserem Sozialsystem wohlfühlt. Inzwischen wird Leistung sogar schon als Gefahr betrachtet, die die Gesellschaft in „Gewinner_innen und Verlierer_innen“ spaltet.

Ist es nicht der Gipfel des unredlichen Populismus, zu versprechen, man könne allen Menschen dieselbe gesellschaftliche Teilhabe und ökonomischen Wohlstand bieten, egal, ob das, was sie tun (oder auch nicht) am Markt gefragt ist? Wer so etwas verspricht, will damit ganz offensichtlich nur seine eigene Machtposition stärken.

Nicht die Konsumenten dürfen entscheiden, wie viel sie für eine Ware oder Leistung bezahlen möchten, sondern es wird von oben angeordnet, welche Tätigkeiten „sozial“ wertvoll sind - und welche nicht: Der Gender-Professor (m/w/d) ist extrem wichtig für unsere Gesellschaft und muss von unseren Steuergeldern alimentiert werden, der Kernphysiker ist es nicht.

Auf diese Weise werden Abhängigkeiten geschaffen und so die eigene Vormacht gesichert. Kein normaler Mensch würde sein Erspartes freiwillig für Genderforschung, Gleichstellungsbeaufragte oder Antirassismustrainer ausgeben. Sie wären ganz schnell arbeitslos, wenn sie nicht mehr auf unsere Kosten von der Politik gefördert werden. Somit dürfte klar sein, wen diese Berufsgruppen wählen werden.

Handwerker, Ingenieure, Landwirte oder Gesundheitsberufe werden dagegen in jeder Gesellschaft gebraucht. Damit sie nicht zu unabhängig werden, muss man sie mit immer wahnwitzigeren Verordnungen und Schikanen auf Linie bringen - natürlich immer im Interesse aller.

Man liegt also sicher nicht falsch, wenn man davon ausgeht, dass es denjenigen, die sich „soziale Gerechtigkeit“ auf die Fahnen geschrieben haben, nicht darum geht, die Lebensbedingungen der tatsächlich Benachteiligten zu verbessern. Im Gegenteil: je mehr tatsächlich oder vermeintlich Benachteiligte man findet, desto mehr „soziale Gerechtigkeit“ lässt sich fordern - und so die eigene Machtposition stärken.

Dumm wird es nur, wenn dann irgendjemand anfängt, die Ergebnisse der vielen Sozial- und Klima-Programme zu erforschen. Die US-Demokraten haben die Wahl verloren, weil viele Schwarze, Latinos und Frauen feststellen mussten, dass sich ihre Lebensbedingungen in den letzten vier Jahren deutlich verschlechtert hatten - obwohl ihnen die Biden-Administration doch das Gegenteil versprochen hatte.

In Deutschland sieht es nicht anders aus. Trotz „sozial gerechter“ und „feministischer“ Politik sinkt der Wohlstand insbesondere in der hart arbeitenden Mittelklasse rapide, Frauen können sich immer weniger frei im öffentlichen Raum bewegen und müssen inzwischen sogar Träger männlicher Geschlechtsorgane widerspruchslos in ihren einst geschützten Räumen ertragen.

Und nun treten neue Populisten auf den Plan, die versprechen, all diese Probleme mit einfachen Mitteln zu lösen: Stopp der illegalen Migration, Stopp der Subventionierung ideologischer Projekte und Abbau staatlicher Bürokratie und Bevormundung.

Mag sein, dass es auch ihnen nur um eigene Machtpositionen geht. Aber nach dem offensichtlichen Versagen der alten Klima- und Sozialstaats-Populisten wäre ich bereit, den neuen Populisten eine faire Chance zu geben. Dumm nur, dass die alten Populisten mit allen Mitteln an ihrer Macht klammern, die sie - ganz populistisch - nun „unsere Demokratie“ nennen.

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