In zwei Jahren, ab Juli 2024, sollen dann auch Modelle, die vor diesem 6. Juli 2022 zugelassen wurden und über noch kein ISA verfügen, nur noch mit dem Geschwindigkeitsassistenten unterwegs sein dürfen.
Aber welche Mechanismen wirken hier, dass EU-Bürger sich scheinbar ganz ohne größere Widerstände einem solchen Kontrollregime unterwerfen? Dafür lohnt es, etwas auszuholen:
Jeder von uns kennt wohl jemanden, der jemanden kennt, der schon einmal auf einen Verkäufertrick reingefallen ist. Und infolgedessen früher im besten Fall einen verstaubten Brockhaus im Schrank, im schlechtesten heute vielleicht eine Schrottimmobilie an der Backe hat.
Wo man im Verkaufsgespräch mal eben über den Tisch gezogen werden kann, beherrschen gewiefte Verkäufer recht einfache, aber im ursprünglichen Wortsinn überzeugende Grundprinzipien.
Diese wurden als Persuasive Kommunikation in den 1970ern unter anderem durch Untersuchungen an der Stanford University in Kalifornien bekannt. Sie werden seitdem nicht nur im psychotherapeutischen Bereich eingesetzt, sondern gehören längst zum Standardrepertoire auf Verkaufsseminaren und von Drückerkolonnen.
Von diesen Haustürgeschäften leitet sich auch der Begriff „Fuß-in-die-Tür-Technik“ ab. Hier geht’s darum, um einen kleinen Gefallen zu bitten, den das Gegenüber praktisch nicht ausschlagen kann.
Wenn man mit dieser Zusage, diesem „Ja“, den ersten Schritt getan hat, rückt man mit dem eigentlichen, viel größeren Anliegen heraus. Da Menschen in der Regel konsistent, also beständig, erscheinen möchten, geben sie der zweiten, größeren Bitte überwiegend nach. Gewusst wie: mit einfach zu erringendem Verkaufs- oder besser noch Manipulationserfolg.
In Bezug auf diese Technik gab es 1966 ein klassisches Experiment, bei dem kalifornische Hausfrauen im ersten Schritt gebeten wurden, eine Petition für defensiveres Fahren zu unterzeichnen. Ein kleiner Gefallen im Vergleich zu dem, was nach zwei Wochen gefordert wurde:
Denn dann wurden diese Frauen gefragt, ob sie ihren Vorgarten für eine überdimensionierte Reklametafel für defensives Fahren zur Verfügung stellen würden. Das Ergebnis: Die Zahl der Zustimmungen war in der „Petitions-Gruppe“, die vorab mit ihrer Unterschrift bereits einen kleinen Gefallen getan hatte, dreimal so hoch wie in der Kontrollgruppe.
Selbst wenn man um diese oder andere Überzeugungstechniken weiß – durchschaut man sie in dem Moment, wo man auf so manipulative Weise aufs Glatteis geführt wird?
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Das Prinzip „Fuß in die Tür“ scheint auch eine Art Massenwirkung zu haben – aktuell geht’s zwar nicht um defensives Fahren wie bei den kalifornischen Hausfrauen, sondern gleich um ferngesteuertes Ausgebremst werden per Gesetz in ganz Europa:
Jetzt wird also ab 6. Juli 2022 die Tempo-Überwachung ISA in allen neuen Autos zur Pflicht. Und in zwei Jahren betrifft es zusätzlich vor diesem 6. Juli 2022 zugelassene Fahrzeuge, die nur noch mit dem Geschwindigkeitsassistenten gefahren werden dürfen.
Unterschiedliche Sicherheitsassistenten werden bei ISA miteinander verknüpft: ein Tempobegrenzer, eine Verkehrsschildererkennung sowie ein Tempomat. Über Kameras und Sensoren wird erkannt, wer dann nicht regelkonform aufs Gaspedal drückt. Das System kann nicht nur die Leistung des Motors drosseln, sondern ihn sogar abschalten. Dieser Tempo-Assi kann auch durch festen Druck auf das Gaspedal NICHT „überstimmt“ werden, ebenso lässt er sich zwar auch ausschalten, startet jedoch bei jedem Anlassen des Autos neu.
Eine Maschine, die Daten über mich auswertet, entscheidet dann also über mein individuelles Fahrverhalten, und bremst mich wie von Zauberhand aus, wenn ich eigentlich Gas geben möchte. Mit dieser Möglichkeit der totalen Kontrolle heißt uns Brüssel willkommen in der schönen neuen Welt der Mobilität. Natürlich alles für mehr Fahrsicherheit, denn das offizielle Neuerungs-Narrativ im Cockpit lautet: weniger Verkehrstote und Schwerverletzte.
Allein eine mit so einer externen Bremsung einhergehende Situation und deren Risiko mag man sich, auch ohne wirklich phantasiebegabt zu sein, nicht gerne vorstellen. Mal ganz abgesehen davon, was hier als „Fuß in der Tür“ ins Haus der Selbstbestimmung kommt. Die Eigenverantwortung wird gedrückt mit diesem neuen Instrument, auf der die ganze Klaviatur der Volkserziehung runtergespielt werden kann.
Wo die vermeintliche Sicherheit als Argument im Vordergrund steht, ist von der Datensicherheit nicht mal mehr ansatzweise die Rede – das Thema wird außen vor gelassen.
Vielmehr wird, zum Beispiel seitens des ADAC, alibimäßig die mögliche Unausgereiftheit des Systems bemängelt, statt das eigentliche, zeitgemäße Problem der Daten und ihres möglichen Missbrauchs oder auch die „digitale Entmündigung des Bürgers“ auch nur anzusprechen.
Weiteres Beispiel: Seit 2022 müssen Neuwagen laut EU-Vorschriften auch mit einer Vorrichtung für einen Alkoholtester ausgestattet sein, um beispielsweise später mit der Installation des eigentlichen Testgerätes ausgemachte Promillesünder zu erziehen bzw. bestrafen zu können. Mit den jetzt installierten Vorrichtungen ist also auch hier wieder erst einmal ein Fuß in der (Auto-)Tür in Richtung flächendeckende Kontrolle.
Doch wer bremst eigentlich Brüssel, dass die mal den Bleifuß vom Gas nehmen in Sachen Totalüberwachung? Und möglicherweise damit einhergehend die Kontrolle und im schlimmsten Fall die Entmündigung der Bürger?
Die EU-Kommission plant aktuell auch, dass Polizeibehörden selbst verschlüsselte Nachrichten von Messenger-Diensten wie WhatsApp, Threema oder auch von Mail-Programmen abfangen dürfen, die Genehmigung hierfür soll grundlos gelten.
Auch hier der „Fuß in die Tür“ das offizielle und hehre Ziel: der Kampf gegen Kindesmissbrauch. Wobei auch bekannt ist, dass Täter die Messenger-Dienste kaum für ihre Straftaten nutzen – viel zu unsicher und bereits durchschaut–, sondern sich bevorzugt in den Chats von erstmal unverdächtigen Streamingportalen verabreden.
Mit diesen Überwachungsplänen stellt die EU-Kommission mehr als 400 Millionen Menschen pauschal unter Generalverdacht. Von den Daten, der neuen Währung unserer Zeit, die dabei gesammelt werden, und von denen keiner weiß, wofür sie noch alles benutzt werden können, mal ganz abgesehen. Und da ist dann gleich noch ein weiterer Tabubruch, denn im Koalitionsvertrag hat die Ampel zugesagt, dass Chats durch Verschlüsselung privat bleiben sollen.
Die Digitalisierung mit ihrem Transmitter EU hat nicht nur austestend den Fuß in die Tür gestellt, sondern ist damit längst schon ins ganze Haus gefallen, ins ehemals sichere Zuhause, in dem die Privatsphäre nun nicht nur dem Komfortversprechen digitaler Assistenten, sondern auch der von der EU wie nebenbei eingeschleusten Gesetzeslage anheimgefallen ist.
Aber zurück zur digitalisierten Überwachung. Was nun, wenn, wie es eben nur durch diese Digitalisierung möglich ist, die Systeme miteinander gekoppelt werden?
Denn mitten in Europa wird schon ein Social-Credit-System nach chinesischem Vorbild getestet, wo in Italien/Bologna Punkte dafür verteilt werden an den, der sich wohlverhaltend zum Beispiel mit dem Fahrrad bewegt, den Müll trennt, oder sich eben an die Verkehrsregeln hält. Diese Gefälligkeitspunkte können dann von den Gehorsamen gegen Theaterkarten oder Busticket-Rabatte einlöst werden.
Da kann man nur hoffen, dass wir uns nicht alle von den simpelsten und vielleicht auch übelsten Verkäufertricks haben Huckepack nehmen lassen, und uns dabei nicht einmal bewusst sind, dass der Fuß die Tür nicht nur einen kleinen Spalt aufgeschoben, sondern sie längst schon weit aufgesperrt hat. Die Tür zu einem digitalen Gefängnis, das gerade errichtet wird gegen die Interessen der überwiegenden Mehrheit der Menschen. Gegen die Freiheit. Gegen den Kerngedanken westlicher Demokratie und Menschenrechte.
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