Von Gregor Leip
Frau reichte mir am Morgen noch Getränke, ein Tablet und das Smartphone ans Bett, bevor sie das Haus verließ. Ich spielte ein paar Partien Online-Schach, gab im Google-Suchfenster „Nachrichten“ ein und überflog die Neuigkeiten von Spiegel, Welt, Tagesschau und anderer Leitmedien, die dort ganz oben platziert sind. Wallasch berichtete in den freien Medien von irgendeinem gekillten Eichhörnchen in den USA, Tichy arbeitete sich mit seinen Redakteuren weiter an Trump in den USA und der AfD zuhause ab.
Berichte über die anstehende-Corona Aufarbeitung und die Folgen der Impfungen finden auch noch am Rande statt. Wie geht es eigentlich dem Rest der Nation, fragte ich mich da. Müssen in diesen Tagen viele Menschen nachts am Bettrand sitzen? Oder bin ich einer der wenigen, vielleicht sogar unvorsichtigen Tolpatsche, die nichts gelernt haben aus den „Konditionierungen“ der Lockdown-Maßnahmen vergangener Jahre?
Möglicherweise sind aber genau diese Maßnahmen der Grund dafür, dass ich mich wiederholt und ungewöhnlich oft, nachts am Bettrand sitzend, mit unangenehm heftigen Erkrankungen der Atemwege abmühen muss?
Ich suche nach „Erkältungswellen wegen Lockdown-Maßnahmen“ und schnell ploppen hunderte Links dazu auf. Auf den ersten Plätzen die Tagesschau und ZDF.
Der erstplatzierte Tagesschau-Bericht ist vom Dezember vergangenen Jahres: Ein Faktencheck der Faktenfinder. Neben den Namen der Autoren sieht man die beiden jungen Mitarbeiter aus kleinen runden Fenstern schauen. Pascal mit einem mächtigen roten Rauschebart und Carla hatte sich wohl extra für das Foto noch ein Jackett übergestreift.
Im Intro teilen uns die beiden mit, dass eine Schwächung des Immunsystems infolge der Schutzmaßnahmen während der Pandemie als Behauptung so nicht stimme.
Mehrere „Experten“ wurden gesucht und gefunden, um die Behauptung der Faktenfinder zu untermauern. Oder war es doch andersherum? Ein Professor Watzl aus Dortmund meint, dass fehlendes Training durch Hygienemaßnahmen das Immunsystem trotzdem nicht schwächen würde. Das hohe Infektionsgeschehen habe überwiegend mit irgendwelchen Nachholeffekten zu tun. Watzl verschanzt sich ansonsten im medizinischen Fachsprachen-Dschungel.
An der Annahme der Maßnahmengegner ändert das allerdings nichts, nur die Ausdrucksweise ist hier eine andere. Es mag ja sein, dass die Immunkräfte nicht an Kraft nachgelassen haben durch die Maßnahmen. Aber durch verpasste Infektionen konnten sich auch keine Immunitäten aufbauen. Oder ist das schon Schwurblertum? Ich halte diese fehlenden Immunitäten nicht für eine „Schwäche“ des Systems, sondern für reine Wortspielerei im Sinne des politischen Tagesschau-Faktenchecks.
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Ein weiterer prominent von Google angebotener Link ist ebenfalls von der Tagesschau und neueren Datums, geschrieben hat ihn eine NDR-Redakteurin. Ein Bild von Daniela ist nicht dabei.
Auch hier wird ein Experte bemüht, um die gefällten Aussagen zu verstärken. Oder sind die Aussagen Resultat der Expertenmeinung?
Hier heißt der Experte Junge-Hülsing und ist HNO-Facharzt. Dieser vermutet nun, dass die Menge an Bakterien in den Abstrichen seiner Patienten noch immer eine Spätfolge des Maskentragens seien, weil dadurch das Immunsystem mit vielen Erregern nicht in Kontakt gekommen sei. Und so laborieren nun viele Erkrankte mit Husten, Schnupfen und Fieber deutlich länger herum als in anderen Sommern.
Sitze ich also tatsächlich wegen der Lockdownmaßnahmen und dem geschwächten Immunsystem wiederholt und alle Wochen am Bettrand, um die oberen Bronchienwege freizubekommen?
Tagesschau-Experte Junge-Hülsing bringt noch den Frühsommer dieses Jahres mit ins Spiel und verweist auf das besonders nasskalte Wetter in dieser Zeit. Wir hätten uns dadurch zu viel in Innenräumen aufgehalten und so unser Immunsystem negativ beeinflusst. Die Lockdown-Massnahmen seien es nicht gewesen.
Aber auch hier stellt sich mir die gleiche Frage: Wenn das Immunsystem nicht geschwächt ist, so hat es doch keine Antwort auf eine Reihe von Infektionen und wird deutlich mehr beansprucht. Führt das dann zu diesen hohen und sich wiederholenden Erkältungserkrankungen?
Noch ein weiterer von mir gelesene und von Google angebotener Artikel unter den Suchbegriffen „Erkältungswellen wegen Lockdownmassnahmen“ stammt vom ZDF von Ende 2023. Im Intro steht, was auch dieses Jahr unverändert anhält: „Hausärzte: Wir sind am Anschlag“. Schon vor einem Jahr, ist nachzulesen, kämpften unsere Hausärzte mit einer Krankheitswelle. Und da ist dann fettgedruckt in der Mitte des Artikels die Expertenmeinung von Facharzt Dr.Michael Kulas nachzulesen:
„Das Hauptproblem ist, das unser Immunsystem in den letzten Jahren, in denen wir uns vor Corona geschützt haben, massiv wenig Reize gehabt hat.“
Derweil ist es Morgen geworden. Der Husten weicht endlich der Müdigkeit und ich lege mich noch eine Runde schlafen bis zum nächsten Anfall. Oder ich spiele noch eine Runde Online-Schach. Ich habe mir in der durchgehusteten Nacht eine unschlagbare Eröffnung ausgedacht, mal sehen, ob das funktioniert.
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Kommentar von I. B.
Ergänzung:
Salz in ein Glas geben, so daß der Boden bedeckt ist - dann mit heißem Leitungswasser auffüllen und gut umrühren.
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Kommentar von I. B.
@Gregor Leip:
Genauso ging es mir - ungeimpft - jetzt auch. Hatte ich vor ein paar Jahren schon mal.
Grippaler Infekt - der Hustenreiz ging aber einfach nicht weg - 2x Antibiotika, Facharzt, volles Programm, nichts hatte geholfen.
Und dann hatte mein Hausarzt mich zu einem Pulmologen im örtlichen Klinikum geschickt - sein Tip: 3x am Tag mit heißem Salzwasser gurgeln - für je ca. 1 Minute - und versuchen, mit geschlossendem Mund zu husten - reduziert die Atemwegsreizung erhehblich von ca. 400 hm/h auf 100 km/h und das Salzwassergurgeln killt die hochgehusteten Keime.
3 Tage später war der Hustenreiz - nach über 2 Monaten weg - so auch jetzt - viel Erfolg.
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Kommentar von Petra Wilhelmi
Herr Werner, ein grippaler Infekt ist eben so. Man vergisst auch öfters wie es war, wenn man vor ein paar Jahren so einen richtigen Infekt hatte. Und das kann lange dauern, man kann sogar Fieber längere Zeit haben mit anhaltendem Reizhusten und man kann hinterher recht Knülle sein. Ist halt Grippezeit. Irgendwie angesteckt oder im Bett aufgedeckt ;) oder nicht zeitgemäß angezogen. Ist kein Aufhebens wert und schon gar keiner Grübelei, was es denn sein könnte. Mal so, mal so - eben grippaler Infekt. Hinlegen, heißer Tee, Zucker oder Honig und dann wird es auch wieder.
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Kommentar von Lars Werner
Also ich kann das so bestätigen.
Ich hatte besagte Symptome in exakt der selben Ausführung.
Ich (ungeimpft und ungetestet) hatte einen Husten, wie ich ihn zu Lebzeiten noch nicht hatte. Meine Nächte waren eine echte Qual, auf 5 Min. Schlafen kamen 30 Min Dauerhusten. Das war vor 3 1/2 Wochen und es ist bis heute noch nicht wieder völlig weg.
Und ja, ich rätsele ebenfalls, wie das passieren konnte. Und nein, es war definitiv keine Männergrippe 😉
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Kommentar von Petra Wilhelmi
Ach ja, Männer und Erkältung ... ein leidiges Thema. Männer sind dann immer tot krank. Lindenblütentee mit viel Zucker hilft stundenweise den Reizhusten zu dämpfen und man kann dann auch öfters zwischendurch etwas schlafen. Es sei denn, Sie haben etwas gegen Zucker, ich meine richtigen, eben bei uns aus Rüben. Dann können Sie den Tee vergessen. Dann schwitzen - haben ja schließlich Lindenblütentee getrunken. Der Rest muss eben durchgestanden werden, wie eben ein Mann.
Falls Sie gezwungen waren, sich "impfen" zu lassen, dann verdammen Sie unsere damalige Regierung. Falls Sie freiwillig zum ganz kleinen Pieks auch gern mit Bratwurst gegangen sind, naja, dann verdammen Sie sich am besten selbst, dass sie auf die Propaganda der Regierung reingefallen sind und ziehen daraus eine Lehre für die folgenden Jahre.
Gute Besserung.
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Kommentar von Carl Peter
Sehr geehrter Herr Leip, wenn Sie schon Online-Zeit überflüssig haben (und bekommen Sie meinen Vorschlag nicht auch noch in den falschen Hals), suchen Sie nach dem substack von Dr. Sabine Stebel und Holger Reissner, das bezaubernde Paar hat allerdings wenig bezaubernde Infos, aber unter Anderem sehr nützliche Vorschläge recht viele Erkrankungen in den Griff zu bekommen, grade was Atemwegserkrankungen betrifft.
"Ungeimpft" gehts natürlich schneller und einfacher als "geimpft" - und einen gewissen Humor sollten Sie bei all Ihren Übeln trotzdem noch besitzen, sonst suchen Sie bitte lieber nicht.
"Einmal mit Profis arbeiten - Oder Ugurs Geständnis" heißt Dr. Stebels Buch und kann bei "Ungimpften" die Genesung köstlich unterhaltend sogar deshalb verkürzen.
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Kommentar von Awbero X
Was jetzt natürlich unheimlich hilfreich wäre, ist die Beantwortung der Frage nach dem Impfstatus des Herrn Leip und ob er auch in diese Richtung recherchiert hat.
Ist ja inzwischen unbestritten, daß das auch eine Rolle spielt bei der Schwächung des Immunsystems.