Seit Anfang der 80er Jahre ist Nena im Geschäft, ihren ersten Erfolg hatte sie 1982 mit „Nur geträumt“. Der Antikriegssong „99 Luftballons“, ihr größter Erfolg, feiert in diesem Jahr bereits sein 40-jähriges Jubiläum.
Rost angesetzt haben die unzähligen Hits von Nena nicht, das wird an diesem Abend im ausverkauften Innenhof des Oranienburger Stadtschlosses deutlich. Und schon gar nicht Nena selbst.
In fulminantem Tempo jagt die 63-Jährige wie ein tanzender Derwisch durch ihr Programm, anfänglich gestoppt vom kurz vor Konzertbeginn einsetzenden Regenguss, der das Toben auf der Bühne zu einer gefährlichen Rutschpartie werden lässt. Aber da legt Nena einfach zusammen mit ihren Leuten flugs selbst Hand an und feudelt das Wasser weg. Handtuchmangel in Oranienburg.
Die Statur der Sängerin, kombiniert mit ihrer mädchenhaften Stimme, suggerieren im ersten Moment eine Zerbrechlichkeit, die sich ganz schnell als Fehleinschätzung erweist. Da ist so viel Energie und Kraft, so viel Durchsetzungsfähigkeit und so viel Rock’n Roll.
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Neun Musiker stehen gemeinsam mit Nena auf der Bühne, darunter einige Familienmitglieder. Die Löwin hält ihre Herde zusammen.
Selbst für den eingefleischten Fan ist es immer wieder eine Überraschung, mit welcher Experimentierfreude Nena in vier Jahrzehnten ihre Musik veröffentlicht hat.
Ihre Hits kennt jeder, auch wenn es nicht alle zugeben mögen. Nena ist irgendwie Schlager, obwohl selbst „99 Luftballons“ dieses Etikett nicht wirklich verdient. Heute spielt sie ihre Rolle eher im Rock, mal laut, mal nachdenklich. Und längst ist sie der Neuen Deutsche Welle enteilt.
Während die Musikerin immer noch vor tausenden Fans auftritt, fressen andere NDW-Helden ihr Gnadenbrot als One-Hit-Wunder auf irgendwelchen Nächten der 80er, im besten Fall in Ehren ergraut, im schlimmsten Fall stimmlich und optisch nicht wiedererkennbare Ritter von trauriger Gestalt.
Ihre Fans lieben Nena. Auch, weil sie an diesem Abend nicht nur ihre alten Hits frisch und rockig bringt, sondern diese immer wieder mit Neuem, nicht allen Bekanntem vermischt. Und weil sie ihr Publikum von Anfang an umarmt, mit Herzlichkeit und mit Liebe.
„Zusammen“ heißt eines ihrer Lieder. Wir sind alle zusammen. Nur zusammen sind wir stark. Wir sind alle zusammen in dieser Zeit. Lasst uns diese nicht verschwenden. Liebt Euch alle. Ihre Botschaft ist einfach und doch so stark. Wer könnte sie dafür nicht lieben?
War Nena eigentlich schon mal in Wacken? Die robuste Lederkutten- und Jeansjackencrowd dort würde sie mit dieser druckvollen Performance und einer solch starken Band im Rücken nicht von der Bühne buhen – ganz sicher nicht. Sondern wäre erstaunt, was für eine authentische und sendungsbewusste Künstlerin Nena ist.
Ein schöner Abend geht zu Ende. Die Abendsonne hat die weißen Gemäuer des Schlosses in Oranienburg doch noch mal warm angeleuchtet. Lichtgestalt Nena winkt ihren glücklichen Fans zu und verabschiedet sich.
Kein Wort während des Konzertes von ihr über all das, was Nena und uns in den letzten drei Jahren bewegte und manchen von uns mit ihr noch enger verbunden hat. Das war auch nicht wichtig an diesem Abend: Nenas Menschen verbindende Aura wirkt, ohne dass alles direkt ausgesprochen werden muss.
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Kommentar von Nihil nocere
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Kommentar von Karl Eduard
Hut ab, Nena - für deine Lebensleistung und deine Standhaftigkeit gegen das Regime in den letzten Jahren. Vielen "Künstlern" müsste es die Schamesröte ins Gesicht treiben, angesichts der Vereinbarkeit von kommerziellem Erfolg und vertreten einer eigenen Meinung, nicht wahr - Herbert und Helene?
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Kommentar von Carl Peter
Nena hat ihr Statement im Corona-Krieg abgegeben - als eine der Wenigen in dieser Branche. Dass ihr noch so viele zuhören wollen, verspricht etwas Hoffnung, dass sich die Bevölkerung nicht bedingungslos jedem verordneten Blödsinn ausliefern will.
Nena muss in Zukunft nicht über eigenen Schleim über die Bühne kriechen, wie so viele in dem ja heute so erbärmlich, erbarmungslosen Musikgeschäft.
Gilt es als Entschuldigung, wenn so viele der sogenannten Musikgrössen zum “impfen” aufforderten, um den sogenannten kleinen Musikgrössen zu Publikum und Auftritten zu verhelfen?
Dann wäre ja alles legitimiert, was mit der Bevölkerung so alles angestellt wurde.
Bedingungsloser Gehorsam hat sich aber noch nie ausgezahlt - Liebe, Phantasie, Kreativität sind so ein paar “Dinge”, die dem Menschen nicht einfach “weggeimpft” werden können.