Jura-Professor Martin Schwab mit einer ersten Einschätzung

Eilantrag gegen Compact-Verbot erfolgreich: Diese Fragen bleiben offen

von Martin Schwab (Kommentare: 3)

Darf das COMPACT-Magazin nur unter Auflagen erscheinen und wenn ja, unter welchen?© Quelle: X / Jürgen Elsässer, Screenshot

Prof. Martin Schwab: „Wenn man aber einem Zeitungsverlag vorwirft, er richte sich mit seinen Produkten gegen die verfassungsmäßige Ordnung, ist das gleichbedeutend mit dem Vorwurf, er missbrauche die Pressefreiheit zum Kampf gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung.“

Der Eilantrag gegen das Verbot des COMPACT-Magazins hatte Erfolg, wie sich aus der Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts ergibt:

Das COMPACT-Magazin darf daher vorerst wieder erscheinen. Die Pressemitteilung wirft indes zahlreiche Fragen auf:

1. Was hat es zu bedeuten, wenn es heißt, das Verbot sei „teilweise“ aufgehoben?

- Darf das COMPACT-Magazin nur unter Auflagen erscheinen und wenn ja, unter welchen?

- Oder bedeutet „teilweise“ lediglich, dass nur einer der zehn Antragsteller überhaupt mit seinem Antrag durchgedrungen ist, während neun andere Eilanträge gegen die Verbotsverfügung abgelehnt wurden?

- Ist damit insbesondere gemeint, dass der Eilantrag der CONSPECT Film GmbH, einer - wie es in der Verbotsverfügung heißt - Teilorganisation der COMPACT Magazin GmbH, abgelehnt wurde? Und was rechtfertigte es, ausgerechnet den Antrag der CONSPECT Film GmbH abzulehnen?

- Oder bedeutet dies, dass die Beschlagnahme der Gegenstände, die bei der Durchsuchung sichergestellt wurden, in Kraft bleibt, damit das Bundesinnenministerium mithilfe dieser Gegenstände weiter ermitteln kann?

2. Das Bundesverwaltungsgericht teilt mit, es spreche alles dafür, dass die Verbotsverfügung formell rechtmäßig sei. Auf die Begründung dieser Ansicht bin ich sehr gespannt. Denn ich habe die folgenden Einwände:

- Für das Einschreiten gegen unzulässige Medieninhalte sind die Landesmedienanstalten zuständig, nicht das Bundesinnenministerium.

- Die nach § 28 Abs. 1 VwVfG grundsätzlich gebotene Anhörung der Verbotsadressaten war unterblieben, was umso mehr verwundert, als das Gericht Zweifel an der Verhältnismäßigkeit des Verbots anmeldet: Gerade solche  Aspekte können bereits auf behördlicher Ebene geklärt werden, wenn die Exekutive dem Betroffenen vorher Gelegenheit zur Stellungnahme gibt. Mit welcher Begründung erachtet das Bundesverwaltungsgericht die Anhörung im vorliegenden Fall für entbehrlich?

- In der Sache geht es darum, eine Zeitung zu verbieten, weil sie sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung richte. Die Tatsache, dass das Verbot formell nicht auf die Zeitung, sondern auf die Trägergesellschaft abzielt, kann über diesen Aspekt nicht hinwegtäuschen.

Wenn man aber einem Zeitungsverlag vorwirft, er richte sich mit seinen Produkten gegen die verfassungsmäßige Ordnung, ist das gleichbedeutend mit dem Vorwurf, er missbrauche die Pressefreiheit zum Kampf gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung.

Mit der hier gegebenen Begründung hätte das COMPACT-Magazin daher niemals vom Bundesinnenministerium verboten werden dürfen.

Vielmehr hätte das Bundesinnenministerium, um sein Ziel zu erreichen, einen anderen Weg beschreiten müssen: Es hätte darauf hinwirken müssen, dass vor dem Bundesverfassungsgericht ein Verfahren mit dem Ziel eingeleitet wird, in der Person der COMPACT Magazin GmbH und in der Person von deren Gesellschaftern gemäß Art. 18 GG die Verwirkung der Pressefreiheit festzustellen. Für eine vereinsrechtliche Verbotsverfügung war bereits im Ansatz kein Raum.

Inhaltlich wird das, was in der Verbotsverfügung zusammengetragen wurde, indes niemals die Feststellung einer Verwirkung der Pressefreiheit tragen.

Prof. Martin Schwab in eigener Sache:
„Näheres zu diesem Thema kann man in meiner Kolumnen-Serie in der Zeitung ,Demokratischer Widerstand', Ausgabe 181 bis 184 nachlesen. Die Ausgaben 181 und 182 sind bereits erschienen; die anderen beiden folgen am kommenden und am darauffolgenden Samstag. Sobald die schriftlich begründete Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vorliegt, werde ich auch diese im ,Demokratischen Widerstand' besprechen.“

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