Meine erste Assoziation war dieses Video und ich wunderte mich darüber, dass ein öffentlich-rechtlicher Jugendsender die brutalen Misshandlungen junger israelischer Frauen durch Hamas-Terroristen zur Sprache bringt.
Meine Verwunderung währte allerdings nur sehr kurz, den tatsächlich war etwas viel Schlimmeres passiert: Ein paar reiche Typen Ende 20/Anfang 30 im typischen Düsseldorf-Look hatten bei einer Party auf Sylt mehr oder weniger angetrunken den Text eine Songs von Gigi D’Agostino etwas unkreativ verändert. Wir alle kennen den Wortlaut und er ist wahrlich keine intellektuelle Glanzleistung.
Die auf Sylt gegrölte Parole hat ihre Wurzel im Kaiserreich, wurde von Hitler und in den 1980ern und 90ern von der NPD und anderen Neonazis verwendet. Allerdings habe ich meine Zweifel, dass dies den Partygästen bewusst war. Die meisten von ihnen waren 1990 wohl noch nicht einmal geboren und sie machen nicht den Eindruck, eine umfassende historische Allgemeinbildung zu haben. Und wer von uns ist so langweilig, dass er noch nie im Suff irgendetwas getan hätte, das er am nächsten Tag bereut hat?
In meiner Jugend war dieser Song kurzfristig sehr beliebt. Keiner derer, die damals mit mir dazu abfeierten, hatte echte Sympathien für die genannten Protagonisten (für keinen der drei). Ich selbst wollte einfach nur ein bisschen Freiheit - und da ich diese im Großen nicht bekommen konnte, musste eben ein bisschen Provokation im kleinen, privaten Kreis als Ventil dienen. Zum Glück gab es damals noch kein Internet und den Denunzianten-Stadel kannte und mied man.
Vielleicht war der irrationale Hang zur Provokation auch eine Triebfeder für die Partygäste auf Sylt – und anderswo im Land. Nachdem unserer Jugend Jahre ihres Lebens durch die Corona-Schikanen gestohlen wurden, herrscht heute die spießige, intolerante Woke-Ideologie, die alles verbieten will, was Spaß macht. Zumindest das, was normalen Leuten Spaß macht: Autofahren, Reisen, Fleisch essen usw., Drogenkonsum und sexuelle Abnormitäten werden ja mittlerweile in bestimmten Kreisen als besondere Lebensleistung gefördert. Döp Dö Dö Döp also als Provokation gegen das hypermoralisierte grüne Spießertum?
Man kann dagegenhalten, dass die Partygäste auf Sylt ja keine unreifen Jugendlichen mehr waren, sondern zumindest Spät-Zwanziger. Stimmt, in diesem Alter hatte ich schon promoviert und steckte mitten in der Facharztausbildung – so wie meine Tochter (27) heute. Auch mein Sohn (21) und mein Neffe (20) zeigen deutlich mehr geistige Reife als diese Rich Kids. Auf der anderen Seite schreitet aber auch die Infantilisierung in Politik und Gesellschaft stetig voran. Sylt ist also keine Ausnahme.
Keiner, der noch bei klarem Verstand ist, wird davon ausgehen, dass die Rich Kids von Sylt morgen das 4. Reich ausrufen und alle Ausländer deportieren wollen. Vermutlich haben sie einfach ihren Rausch ausgeschlafen und sind dann größtenteils wieder ganz normal bei ihrer Arbeit oder in der Uni erschienen – in trauter Eintracht mit Kollegen und Kommilitonen mit Migrationshintergrund. Am 9. Juni hätten die meisten von ihnen wohl CDU oder FDP gewählt, vielleicht auch Grüne – denn sie gehören zum erlauchten Kreis derer, die sich grüne Politik leisten können.
Doch dann kam der Shitstorm. Bis hin zum Bundeskanzler meldete sich absolut jeder, der sich für wichtig hält, zu Wort, um das Geschehen aufs Schärfste zu verurteilen: „eklig“, „schockierend“, „eine Schande für Deutschland“, „schlimmstes Nazi-Gegröle erwachsener Leute“. Der Staatsschutz ermittelt, mehrere der Partygäste haben bereits ihre Jobs verloren. Ihre Namen werden im Internet veröffentlicht, sie wurden damit zur Hetzjagd freigegeben. Jürgen Trittin (Grüne) fordert eine „antifaschistische Eingreiftruppe“ und Bärbel Bas (Bundestagspräsidentin, SPD) die „Höchststrafe“.
Als diesbezüglich außenstehende Beobachterin frage ich mich allerdings, wo waren all diese Promis aus Politik und Medien, als in der Silvesternacht 2015/16 nicht nur in Köln Hunderte Frauen von Migranten sexuell belästigt wurden? Damals wurden die Übergriffe tagelang totgeschwiegen und dann vielfach relativiert.
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Wo waren die mutigen „Verteidiger unserer Demokratie“, als in Hamburg Tausende völlig nüchterner Männer (und ein paar verschleierte Frauen) ein Kalifat in Deutschland forderten? Wo blieb der landesweite Protest, als Hamas-Sympathisanten die Humboldt-Universität in Berlin besetzten?
Und noch etwas stößt mir bei dieser scheinheiligen Debatte sauer auf. Allein im letzten Monat wurden drei Männer Opfer von Gewalt auf offener Straße: Martin K. (30) in Paderborn, Martin H. (53) in Immenstadt und Steve Z. (33) in Magdeburg. Und es gab in den letzten Jahren so viele weitere deutsche Opfer von Migrantengewalt, 38 waren es allein 2023.
Wo bleibt hier der multimediale Aufschrei? Sind diese Todesopfer weniger wert als angegriffene Politiker mit blauem Auge? Oder ist das die neue Normalität, mit der wir nun leben müssen und auf die sich Frau Göring-Eckardt 2015 so sehr gefreut hatte?
Es hat allerdings den Anschein, dass die von oben losgetretenen Empörungswellen immer weniger Anklang beim Fußvolk finden. Schon das „nur 2 Geschlechter“-Banner der Fans von Bayer Leverkusen fand trotz hoher Strafe schnell Nachahmer. Auch „Döp Dö Dö Döp“ ist schon seit einiger Zeit immer mal wieder zu hören. Und nein: Das sind nicht alles Nazis, wie man uns allzu gern erzählt. Zu offensichtlich ist mittlerweile die Doppelmoral der woken „Elite“.
In Sylt war sicher eine gehörige Portion Wohlstandsverwahrlosung dabei, doch es ist auch ein Zeichen dafür, dass junge Menschen nicht nur zwischen Klima-Apokalypse einerseits und Kalifat andererseits schwanken. Und ich bin sehr zuversichtlich, dass es zwischen all den Irren auch noch ein paar ganz normale junge Leute gibt.
PS. Ich habe jetzt schon seit Tagen einen Ohrwurm. Muss wohl der Streisand-Effekt sein.
PPS: Ich habe heute auf X das geheime Lied von Robert Habeck gefunden, wer singt mit? “Deutschland den Grünen, Grundrechte raus!“
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Kommentar von Cora Zeil
Ich stimme den Besuchern der Party auf Sylt zu. Ausländer, die sich in unserem Land nicht integrieren wollen, sollen es verlassen.
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Kommentar von Cora Zeil
Die ach so so so so sehr beruflich und privat erfolgreiche, intelligente, gebildete, kultivierte, niveauvolle, anständige, maßvolle, reife Frau Henker ist ja ganz und gar nicht eingebildet. Ich frage mich, ob es in irgendeinem Medium auch nur einen einzigen Text gibt, in welchem der Verfasser trotz seines Mitgefühls für die Gäste der Pfingstparty auf Sylt es lassen kann, irgendwie doch noch auf diese jungen Menschen einzudreschen - inklusive eines Hinweises auf seine angebliche eigene moralische und geistige Überlegenheit. Man kann ja auch mehr oder weniger betrunkene junge Menschen beim Partyfeiern durch ein kurzes Filmchen umfassend einschätzen.
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Kommentar von Cora Zeil
intelligente, gebildete, kultivierte, niveauvolle, anständige, maßvolle, reife Frau Henker ist ja ganz und gar nicht eingebildet. Ich frage mich, ob es in irgendeinem Medium auch nur einen einzigen Text gibt, in welchem der Verfasser trotz seines Mitgefühls für die Gäste der Pfingstparty auf Sylt es lassen kann, irgendwie doch noch auf diese jungen Menschen einzudreschen - inklusive eines Hinweises auf seine angebliche eigene moralische und geistige Überlegenheit. Man kann ja auch mehr oder weniger betrunkene junge Menschen beim Partyfeiern durch ein kurzes Filmchen umfassend einschätzen.
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Kommentar von Bernd Neumann
Ich verstehe die Hysterie sehr gut und wundere mich nicht im Geringsten, daß so große Geschütze aufgefahren werden müssen.
Am Anfang ist… die Emanzipation des Bürgertums. Langfristig, spätestens in den 1960er Jahren, führte sie (in der BRD) zu Wohlstand und Aufstieg in die Mittelschicht. Deren Lebensweise stellt die Erwerbstätigkeit in den Mittelpunkt des Lebens und macht ihn zum eigentlichen Lebenszweck. Anders als früher waren die Frauen nicht mehr bereit, nebendran zu stehen. Zwar verlogene, aber nicht hinterfragte Systeme wie die Staatsrente bieten Sicherheit und schüren Illusionen, man könne eine Altersversorgung und Zukunft auch ohne Kinder haben. Da Frauen nur ein Leben mit früher Männern vorbehaltener Biographie führen können, wenn sie keine oder höchstens ein Kind haben, verzichteten sie auf Kinder und seit ca. 1968 haben wir daher stark negative Geburtenraten. Man muß mathematisch kaum mehr als einen Dreisatz beherrschen, um ausrechnen zu können, wann eine Population demographisch kollabiert, wenn jede Generation sich nur noch zu 60 Prozent reproduziert, es sind wohl vier, maximal fünf. Das war auch jedem klar. Es gab nun nur zwei valide Optionen: Zurück zum Gesellschaftsvertrag der 50er Jahre (und davor), also dem mit der Hausfrauenfamilie, oder weiter mit Emanzipation und Selbstverwirklichung, dann mussten die ungeborenen deutschen Kinder irgendwie „ersetzt“ werden. So, wie man seit den 1970er Jahre immer mehr unangenehme, störende oder schmutzige Tätigkeiten entweder an Ausländer (Einwanderer) aussourct oder gleich ins Ausland verlagert, haben sich die Deutschen eben entschlossen, nicht mehr eigene Kinder zu haben, sondern den Geburtenüberschuß anderer Völker hierzulande anzusiedeln und sich dann einzubilden, das wären nun „Deutsche“. Natürlich verschwindet das altdeutsche Volk trotzdem, es wird ja bloß ersetzt, aber das wird verdrängt und tabuisiert. Um diese notwendige Massenansiedlung von Ausländern sicherzustellen und durchzudrücken, hat sich ein ganze Set an Ideologien und Memen gebildet, um es zu rechtfertigen und die Kollateralschäden entweder zu verleugnen oder ihre Benennung zu verhindern. Bestens geeignet dafür die „Nazi-Keule“.
Die jungen Leute, über die auch „alternative“ Journalisten tugendhubernd nur mit Abscheu berichten, sind eventuell reich, eventuell verwöhnt, und hatten einiges intus. Aber sie sind nicht blöd. Auch sie merken, wie sich beinahe monatlich das Land mehr orientalisiert und wie alteingesessener deutscher Einzelhandel durch Fachläden für Hijabs, Brautmoden und Lyca Mobile Shops ersetzt wird. Und anders als die Boomer haben sie noch ein ganzes Leben vor sich und können sich ausrechnen, wie das in 30 Jahren aussehen wird. Den Alk brauchten sie für den Mut. Den Anlaß sehen sie jeden Tag auf der Straße.
Für die linksliberalen Eliten geht es hier um alles, sie können hier weder nachgeben noch nachsichtig sein. Wer Multikulti infragestellt, legt Axt an ihre Herrschaft. Die Weißdeutschen sollen weg, bis auf eine kleine Schicht an „urbanen Akademikern“ und wo der Rest herkommt, ist egal. Sie sind postnational wie ein Monarch, der auch sagt: „In meinem Reich kann jeder nach seiner Zunge reden – solange der mit huldigt und gehorcht“ Ein Monarch kennt keine Nation und keine Ethnie. Er kennt nur Untertanen.
Das ist dieses Land, wie es geworden ist.
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Kommentar von Palmström
Wenn die gesungen hätten „Slava Ukaina, Schießt den Russen Taurus in den Ar….“ Dann wäre das in Ordnung gewesen. Aber so das geht nicht.
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Kommentar von Bernhard Rossi
Auf den Punkt gebracht: Messerstechereien, Gruppenvergewaltigungen sind Regionalthemen, über die die öffentlich-"richtigen"-rechtlichen Anstalten nicht berichten. Sing Sang in der Provinz sind der Tagesschau 2:15 Minuten zur besten Sendezeit wert und danach geben die Vorsteherin der Innenbehörde und der Kanzler noch ein Statement dazu ab?
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Kommentar von Alfred Neumann
Wo blieb das Recht auf Schutz der Perönlichkeit? Das Recht am "eigenen Bild"?
Alle wurden auf allen Sendern im TV unverblümt gezeigt Und auch deren Herkunft.
Dies würde ich mir mal bei anderen Straftaten wünschen. Das Vorname und Nationalität genannt wird.
Aber dies ist ja leider nicht möglich bei allen, die "neu in diesem Land sind"
Bei "Einheimischen" aber sehr wohl. Seltsam oder nicht?
Vielleicht singen sie demnächst zu einem Lied, das keiner kennt und skandieren nur:"Es war so schön wie Du nicht da warst"
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Kommentar von andreas h
Ich habe mal gehört, im Irrenhaus denken die Insassen alle, dass sie ganz normal sind.
Mal im Ernst, wenn einer den Arm verloren hat, sieht man, er ist behindert.
Mit dem Verstand scheint das nicht so einfach. Man kann es nicht sehen.
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Kommentar von Perry Moppins
Zum Thema Sylt kann ich nur leicht affektiert die Augen verdrehen, die Hand kurz in der Luft rumklappen und sagen: "oh my Gosch!" (Insiderwitz verstanden?)
Ehrlich - wer braucht Sylt und die ganze "spätrömische Dekadenz" dort?
Vielleicht hätte man nicht Nordstream, sondern den Hindenburgdamm sprengen sollen?
Ha ha!
Am besten schon 1920. Es wäre uns vieles erspart geblieben, was dort als Promillenz exaltiert, kopuliert, fabuliert.
Sylt ist ein Blinddarm der Gesellschaft. Meine Meinung. Kann weg!
* Satire *
PS: als Nordischer by Nature und einige Jahre an der Westküste gelebt Habender, habe ich genügend Hamburg-Sülter Schnösel erlebt und gekannt. Die waren schon immer so, diese buschwaase Hautevolee. Da will jeder Doppelgaragen-Vorstadtgutmensch gerne dazugehören. Man sieht es an den 'Sylt' Aufklebern am (Zweit)Wagen. Ein Kult der Habeprotze und Möchtegerne.
Ich bin nicht neidisch, übrigens, denn: lieber mit dem Fahrrad zum Strand, als mit dem Benz zur Arbeit, wie der alte Sponti-Spruch schon sagt. (Das haben die von Mätzedes dann in den 90ern mal für ne Werbung geklaut, denn Kapitalismus ist ja schlau-Klau, nicht wahr.)
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Kommentar von Carl Peter
Da spring ich doch glatt zurück in meine Jugend 1981, als jeder Nazi der totale Depp war über den man sich lustig machte und ich niemals geglaubt hätte, wir würden mal zu einer totalen Deppennation:
https://m.youtube.com/watch?v=8dLYdY1PUIs
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Kommentar von Bernhard Kopp von Brackel
Das alkoholisierte Gegröle in Kampen war vielleicht unschön, aber belanglos. Die Empörung der Staatselite bis zum Bundespräsidenten, und alle Wiederholungen auf allen Kanälen, haben die Belanglosigkeit erst richtig Reichweite verschafft. Die individuelle Verfolgung/Bestrafung/öffentliche Diskreditierung einiger Beteiligten, und die Gewaltdrohungen gegen den Lokalbesitzer werden weniger breit besprochen. Man will nicht zugeben, dass die offizielle Reaktion auf den belanglosen Vorfall alle Weiterungen erst ausgelöst haben. Man hätte besser geschwiegen. Weil sie dies nicht taten, und alle den moralischen Zeigefinger erheben, und lang und breit ihren Senf dazu geben mußten, haben sie wahrscheinlich tausende Wiederholungen des Tabubruchs in naher Zukunft erst provoziert. Es ist bleibt mir ein Rätsel warum die Staatseliten dies nicht wissen, oder nicht wissen wollen. Wenn jemand, zu welcher Melodie auch immer, " Ausländer raus ", oder derartiges grölt, dann ist dies eine grobschlächtige Mißfallensmetapher über die Immigrationspolitik und deren finanziellen und sozialen Kosten seit ca. 10 Jahren. Nicht nur Abgehängt, sondern auch mehr oder weniger privilegierte Wohlstandsbürger können so denken. Auch wenn einem der Ton mißfällt, es ist eine nicht unbegründete, politische Meinungsäußerung. Die Instrumentalisierung des materiell belanglosen Vorfalls zum regierungsamtlichen " Kampf gegen rechts" intensiviert die vergiftete Polarisierung und die Spaltung der Gesellschaft.