Tucker Carlson explodiert mit Millionen von Viewern via Twitter, in Deutschland durchbrechen neue Talkformate wie „Achtung Reichelt“ regelmäßig die Schallmauer. Wer auf ein baldiges Ende der sozialen Medien gesetzt hat, der muss seinen Wetteinsatz abschreiben.
Und der Schub ist noch lange nicht vorbei, Jens Lehrich hat sich in seinem Talkformat „Fair Talk“ jetzt die Aufarbeitung der Corona-Zeit vorgenommen und dabei auf die Neuen Medien geschaut. Gemeinsam mit vier Medienleuten beleuchtet Lehrich die Entwicklung der letzten drei Jahre im Talk auf Youtube. Mit dabei zwei „Aussteiger“ aus den Öffentlich-Rechtlichen und zwei Gewächse der Neuen Medien.
Aus der Hauptstadt in die Welt: Fair gesprochen
Los geht’s in den Studios der Berliner Musikbrauerei in der Greifswalder Strasse. Hier wird „Fair Talk“ mit dem Format „Auf Augenhöhe“ aufgezeichnet. In der Hauptstadt ist das eine perfekte Location für die Neuen Medien. Die Gäste von Jens Lehrich talken über „Das Leben der Anderen – Wieviel Nachrichten braucht der Mensch?“ Und weil neu eben auch modern bedeutet, ist die Sendung auf YouTube abrufbar.
Wie schon angedeutet, sind zwei von Lehrichs Gästen gefallene Engel der Öffentlich-Rechtlichen: Katrin Seibold, vorher Moderatorin und Redakteurin bei 3 sat-Kulturzeit, hat sich jetzt dem Yoga verschrieben. Der zweite Aussteiger ist Ludger Kusenberg, er hat seine öffentlich-rechtlichen Redakteurserfahrungen als Kabarettist verarbeitet.
Von den Neuen Medien kam Christoph Pfluger, Journalist, Buchautor und Schweizer Verleger, der schon 1992 die Zeitschrift zeitpunkt.ch gründete und mit Fug und Recht bei den Eidgenossen als Vorreiter der Neuen Medien durchs Land ziehen darf.
Vergebung für die Corona-Verheerungen?
Pfluger macht rasch klar, dass er Politik und Medien die Verheerungen des Coronaregimes vergeben will. Folgerichtig formulierte er die Idee, die aktuelle Medienkrise zur Analyse nutzen und sich auf zukünftige Krisen vorbereiten zu wollen. Übrigens unabhängig davon, ob die andere Seite sich an der Aufarbeitung beteiligen will.
Mit am Tisch auch Giovanna Winterfeldt, Moderatorin bei „Achtung Reichelt!“, ein ganz frisches Gesicht der Neuen Medien. Ist sie gekommen, um die bis heute vakante Rolle der Scharnierfunktion von den alten zu den neuen Medien erfolgreich zu besetzen? Folgendes viral gegangene Statement jedenfalls könnte diese Begabung unterstreichen: „Ich bin nicht rechts, ich bin nur nicht mehr links.“
Lehrich kommt am Tisch sofort zur Sache: Die Rolle der Medien in der Corona-Zeit, das Komplettversagen der Vierten Gewalt und die ausstehende Aufarbeitung.
Einseitige Überwindung der Spaltung
Auch innerhalb der Neuen Medien gibt es unterschiedliche Ansätze. Der Vorschlag von Pfluger ist versöhnlich:
„Wie willst du die Spaltung überwinden, wenn die andere Seite es nicht will? (…) Ich finde, wir sind nicht in der Lage, derzeit Forderungen zu stellen, weil sie nicht erfüllt werden, und wir wollen doch vorwärtskommen“.
Fast schon erleichtert klingendes Lachen im Publikum, als er seine Aussage einschränkt:
„Ich denke, ich würde jetzt nicht bedingungslose Vergebung für alle Lauterbachs einfordern. Aber es sind doch sehr viele Konflikte in Familien, an Arbeitsplätzen, in Freundeskreisen, (…) , und ich finde irgendwann muss Schluss sein, ich will nicht in fünf Jahren eben noch über die Impfung und COVID-19 sprechen.“
Giovanna Winterfeld ist Julian Reichelts neues Fernsehgesicht. Sie hält Christoph Pfluger entgegen, das könne ja nicht die Lösung sein, „dass man einen Fehler macht und danach einfach in eine kollektive Amnesie verfällt. Also ich muss schon sagen, mich triggert das tatsächlich“.
Aufarbeitung: „Sie schulden das nicht uns, aber der Gesellschaft!“
Winterfeldt sagt, dass sie wirklich frustriert war, weil jener Punkt immer wieder überschritten wurde, „an dem man ein bisschen Menschlichkeit erwartet hat, und da war einfach eine Wand!“ Und weiter: „Und ich finde, dann muss tatsächlich was kommen, und die schulden uns das nicht, aber sie schulden das der Gesellschaft!“ Damit man sich wieder versöhnen könne.
Pfluger, der seit Frühling 2020 Corona Transition aufgebaut hat und das Zeitpunkt-Magazin herausbringt, stimmt zu: „Natürlich, das Ding ist so noch nicht gegessen, es braucht Aufarbeitung und ich bin nicht dafür, dass Ungerechtigkeiten und Verbrechen einfach nicht weiter verfolgt und gesühnt werden.“
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Ihre Unterstützung zählt
Jetzt aber würden „wichtige, neue, große Themen“ kommen. Und umso mehr wir in der ganzen Coronageschichte verharrten, desto weniger seien wir in der Lage, uns mit neuen Themen zu befassen: „Ich denke beim Geld, auch wenn das für viele Menschen schwer zu verstehen ist, da bereiten sich unglaubliche Dinge vor, die sehr schnell zu einer Enteignung führen können.“
Beim Geld? Pfluger publiziert seit Jahren über das Geldsystem. Er bringt auch diesen Aspekt in Bezug auf die Neuen Medien kurz zur Sprache: „Eigentlich leben wir in einer Welt des Überflusses. Das Geld macht daraus eine Welt des Mangels.“
Die neuen Medien und das liebe Geld
Geld spiele aber auch in der Welt der Neuen Medien eine große Rolle: „Da ist noch Luft.“ Seine Idee ist, mehr Schlagkraft zu erreichen, indem man auch an diesem Punkt, dem pekuniären, bessere Allianzen schmiedet.
Jens Lehrich will wissen, ob die überbordende Vielzahl der Nachrichten das Problem seien oder doch die fehlende Medienkompetenz. Zunächst aber diskutiert die Runde die grundsätzliche Frage, ob Menschen informiert werden wollen oder ob sie Geschichten hören wollen. Katrin Seibold, die erfahrene Ex-3-Sat-Mitarbeiterin ist nicht geizig mit Einblicken in ihre öffentlich-rechtliche Berufserfahrung. In ihren Anfängerjahren, so erzählt sie, galt sie an der Berliner Journalistenschule bereits als „Schwurblerin“ unter den auszubildenden Journalisten, als Seibold, wie sie es nennt, „Kultur in die journalistische Sprache“ hineinleuchten wollte.
Das hätte damals als so etwas wie ein Synonym für „nicht auf den Punkt kommen“ gegolten. Heute wird „Schwurblerin“ zur Diffamierung Andersdenkender benutzt. Lehrichs Fazit ging dann so:
„Ich bin gerne Schwurbler, ich finde, das klingt fast nach einem schönen Getränkenamen: ‚Das ist schon einen Schwurbler wert‘.“
Im Anschluss der offiziellen Fair-Talk-Sendung folgte eine Fragerunde mit dem Publikum, die allerdings nicht im Video der Sendung zu sehen ist, dafür muss man live dabei gewesen sein, sie wird noch separat auf Youtube veröffentlicht.
Der Journalismus funktioniert nicht mehr wie zuvor
Die Fragen gingen ans Eingemachte. Die beiden Ex-Öffentlich-Rechtlichen Seibold und Ludger K. sollten erklären, was denn hinter den vielen Diffamierungen und offensichtlichen und nachgewiesenen Falschinformationen von Tagesschau & Co stecken würde, ob die Journalisten diese wissentlich verbreiten, im vollen Bewusstsein, dass diese Fake News sind oder ob sie es eben nicht besser wissen? Oder kurz zusammengefasst: Warum machen alle mit?
Die Antworten darauf waren allerdings alles andere als eindeutig. Es war von familiären Verpflichtungen die Rede. Es wurde darüber berichtet, welche Verflechtungen es gebe und dass man all das nicht sagen könne bei diesen ganzen verquickten Strukturen und Interessen.
War das ein quod erat demonstrandum? Jedenfalls blieben die Zuschauer mit der Erkenntnis zurück, dass die Neuen Medien noch Luft nach oben haben. Nichts scheint schwerer zu sein, als die Dinge klar zu benennen. Das allerdings ist elementar wichtig für die eingangs geforderte Aufarbeitung.
Wer aus dem System ausgestiegen ist, der wird eine Weile herumgereicht, als sei er ein Exot. Aber irgendwann ist dieser Bonus verbraucht, dann will das Publikum Cochones sehen – denn die sind immer noch das untrüglichste Kriterium der Neuen Medien, zu denen manche noch „Alternative Medien“ sagen, als wären die Öffentlich-Rechtlichen eine Alternative.
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Kommentar von Carl Peter
“Moral aus der Buyx”, wie ein verstorbener Komiker, dessen Name mir entfallen ist, mal schrieb - wo und wann, ist mir auch entfallen.
Vergeben, Vergessen, Vergangen. Dazu kommt aber vorher noch das Entfallen.
Wie im Theater, wenn das Stück entfällt, weil man vor Toten nicht auftreten will.
Wer war’s, wie geschah’s, was war los? Wie ein billiges Kriminalstück, bei dem man mitraten darf.
Aufklärung als Unterhaltung, weil man nicht den tristen Ernst des Gerichtssaals erträgt.
Nein, jetzt nicht noch die drei Affen, oder der Mantel des Schweigens.
Vielleicht der Hase, über den der Maaßen stolperte, oder der tote Hase von Beuys, dem er die Bilder erklärte:
„Ich wollte, dass die Menschen, die in ihrem egoistischen Fehlverhalten gegenüber der Wirklichkeit sich so sehen, wie sie eben sind, mal zeigen, dass sogar ein toter Hase noch viel mehr von diesem Wirklichkeitszusammenhang weiß – also zum Beispiel die Bilder der modernen Kunst besser versteht, als der Mensch mit seinem verkorksten, so genannten rationalistischen Intellekt. In dieser Sondersituation wollte ich die Menschen nicht hereinlassen, weil sie diesen reinen, heiligen Vorgang mir im Moment nicht stören sollten. Aber ich wollte es natürlich für die Menschen machen, nicht für die Hasen.“
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Kommentar von hans
@T.S.: 'Das Ansinnen der einseitigen Vergebung entspricht dem christlichen Ansinnen dem Zuschlagenden auch die andere Wange hinzuhalten.
In anderen Kulturen wird das als Zeichen unterwürfiger Schwäche gelesen und wirkt somit zur Wiederholung ermunternd.'
… nun werte/r T.S.. Das ist so nicht richtig. … aaaber vorn weg, wenn mir jemand in echt auf die Wange haut, bekommt er eine Doublette return. Wenn er fragt warum, noch eine. Das darf ich als Christ.
In der Historie, in den Schriften, meint der Schlag ins Gesicht keine buchstäbliche Verletzung. Die Schrift meint die Beleidigung, die eine Konfrontation provozieren soll. Daher; Matthäus 5:39 'Ich aber sage euch, dass ihr nicht widerstreben sollt dem Bösen, sondern: Wenn dich jemand auf deine rechte Backe schlägt, dem biete die andere auch dar.'
… s.h. auch Paulus in Röm 12,17: 'Vergeltet niemand Böses mit Bösem! Seid allen Menschen gegenüber auf Gutes bedacht!'
… kurz geschrieben, lasst dich nicht provozieren. ;-)
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Kommentar von .TS.
Das Ansinnen der einseitigen Vergebung entspricht dem christlichen Ansinnen dem Zuschlagenden auch die andere Wange hinzuhalten.
In anderen Kulturen wird das als Zeichen unterwürfiger Schwäche gelesen und wirkt somit zur Wiederholung ermunternd.
Der Stand der heutigen Gesellschaft ist allerdings kaum so ehrbar und gereift daß der christliche neutestamentarische Weg erfolgsversprechend wäre, ganz im Gegenteil.
Der Behauptung daß eine weitere Abarbeitung am Coronoia-Regime die Kräfte für wichtigere Zukunftsthemen absorbiert muß man vehement widersprechen: Alles was damit erstmalig an roten Linien überschritten und einst vertrauten vermeintlichen Sicherheiten zerstört wurde wird auch in zukünftigen Krisen fundamental entscheidend sein, und wo kann man eine Bekämpfung derartiger Umtriebe wirkungsvoller bestreiten als an deren Anfang?
Coronoia war Testlauf und Initialzündung für das Vorgehen skrupelloser Krisengewinner, und es werden dieselben Kreise sein die auch in Energiekrise, Ost-West-Konflikt, "Klima"krise, Massenmigration usw. durch vorsätzliche Eskalation ihren Profit maixmieren werden: Wehret den Anfängen!
Nein, es kann kein Verzeihen ohne Gegenleistung geben - ein Voranschreiten im Sinne einer besseren Zukunft ist sinnvoll, aber wer keine Einsicht zeigt auf den muß dabei auch keine Rücksicht genommen werden: Wer nicht will der hat schon, und sollte fürderhin ignoriert werden.