Von oben diktiertes Gut und Böse

Die Demokratie als kollektive Halluzination

von Bertolt Willison (Kommentare: 4)

„Auch wenn die Demokratie kaum demokratisch ist, war sie den Eliten stets zu demokratisch."© Quelle: Pixabay / aitoff

Der österreichische Schriftsteller Thomas Glavinic setzt sich mit dem Zustand der Demokratie in der EU auseinander.

In seinem Artikel in der Welt am Sonntag mit der Überschrift „Demokratie ist nur noch eine kollektive Halluzination" beleuchtet Glavinic die politische Lage in Österreich und der EU kritisch, insbesondere die geringe Bedeutung nationaler Wahlen im Vergleich zur Macht der EU-Institutionen. Der Autor untersucht, wie technokratische Eliten ihre Macht ausüben und welchen Einfluss rechtspopulistische Bewegungen dabei spielen.

Der Autor beschreibt Demokratie als eine „kollektive Halluzination“, die den Bürgern eine Mitbestimmung vorgaukelt, obwohl ihre Stimme faktisch kaum Einfluss hat. Die Wahlplakate zeigen „Gesichter uninteressanter Personen“, die glauben, das Glück der Menschen definieren zu können.

Wesentliche Entscheidungen werden nicht von nationalen Regierungen, sondern von der EU-Kommission getroffen: „Über Flüchtlingsquoten, Zinssätze und die Massenüberwachung der Bevölkerung entscheidet die EU-Kommission“. Diese Institution besteht aus 27 Personen, die nicht gewählt werden, sondern durch ein Netzwerk ernannt, dem die Regierungsmitglieder ihre Karrieren verdanken.

Die Neutralisierung von 445 Millionen EU-Bürgern durch die nicht gewählten EU-Kommissare sei „ein einmaliges machiavellistisches Meisterstück“, wobei durch die Kontrolle von „Desinformation“ und „Hassrede“ Kritiker mundtot gemacht werden können.

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Rechtspopulistische Parteien wie die FPÖ oder AfD funktionieren für die Eliten als nützliche Werkzeuge, um Kritik an ihnen zu delegitimieren: „Jede Form von Kritik [wird] als embryonale Form des Rechtsextremismus pathologisiert.“ Die Strategie besteht darin, komplexe gesellschaftliche Debatten auf „Gut und Böse“ zu reduzieren, um die Unzufriedenheit der Bevölkerung zu kanalisieren.

Glavinic kritisiert, dass linke Positionen als „progressive Stimme der Moderne“ gefeiert werden, während konservative Ideen „in den düsteren Katakomben des rechtsextremen Schreckens“ verortet werden. Er sieht darin eine Manipulation, die öffentliche Debatten in moralische Schablonen zwängt. „Wer Ausländerfeinde hasst, weil sie Ausländer hassen, hat sich nur eine andere Ausrede gesucht, um ein Arschloch zu sein."

Der Streit zwischen „rechts und links“ werde bewusst gefördert, um den Aufstieg autoritärer Strukturen zu ermöglichen: „Je länger wir uns über rechts oder links streiten, desto autoritärer wird die Welt von morgen sein“.

Ein zentraler Fehler der etablierten Parteien bestehe darin, legitime gesellschaftliche Probleme wie Migration oder soziale Ungleichheit der FPÖ zu überlassen. Diese „politische Lethargie“ erlaube es der FPÖ in Österreich, sich als einzige Alternative zu profilieren: „Indem sie […] legitime Missstände ignorieren, ermöglichen sie es der FPÖ, sich als einzige Alternative zu profilieren.“

Für Thomas Glavinic ist die Demokratie in der EU eine reine Scheinveranstaltung, in der es technokratischen Eliten gelungen ist, den Einfluss der Bürger zu minimieren. Durch die Instrumentalisierung des Rechtspopulismus und die Moralisierung des Diskurses wird jede echte Systemkritik erstickt und damit eine autoritäre Entwicklung gefördert.

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