Von Rechtsanwalt Dirk Schmitz M.A.
Das Strafgesetzbuch der DDR drohte in § 106 („Staatsfeindliche Hetze“) an:
(1) Wer mit dem Ziel, die sozialistische Staats- oder Gesellschaftsordnung der Deutschen Demokratischen Republik zu schädigen oder gegen sie aufzuwiegeln, Schriften …, die die staatlichen, politischen, ökonomischen oder anderen gesellschaftlichen Verhältnisse der Deutschen Demokratischen Republik diskriminieren, … herstellt, verbreitet oder anbringt; … ; Repräsentanten … der Deutschen Demokratischen Republik oder die Tätigkeit staatlicher oder gesellschaftlicher Organe und Einrichtungen diskriminiert; … wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren bestraft.
An diese traurigen Rechtszeiten scheint das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) mit einer aktuellen, bislang kaum beachteten Entscheidung (Az. 2 WD 11.22) erneut anzuknüpfen.
Was ist passiert?
Corona-Leugnung und Staatskritik werden in dem Urteil auf eine Stufe mit Rechtsextremismus gestellt. Wer eine solche Gesinnung an den Tag lege, kann seine Position im Staatsdienst oder Teile seines Gehaltes verlieren. Sei es als Lehrerin, als Polizistin oder auch als Soldat; das gilt auch für Pensionäre. Schon das Beklagen einer „aufkommenden Diktatur" ist im grün-roten Deutschland disziplinarrechtlich gefährlich. Die entsprechende Entscheidung des BVerwG ist bereits im Juni 2023 ergangen, aber unbeachtet geblieben und erst jetzt in der Juristenzeitung breiter kommuniziert worden. In dem Fall geht es um einen pensionierten Hauptmann der Bundeswehr.
„Ich schäme mich für diesen Staat, dem ich über 30 Jahre treu gedient habe", hatte der Mann im April 2020 bei Facebook gepostet, angesichts von politischen Maßnahmen zur Pandemie-Eindämmung, zum Beispiel Versammlungs- und Kontaktverboten. „Was lassen wir mit uns machen? Das ist das wahre Gesicht einer aufkommenden Diktatur."
„Wie wahr", möchte man sagen.
Das Bundesverwaltungsgericht - konkret: der 2. Wehrdienstsenat - hat nun entschieden, dass solche und ähnliche Kritik einen Verstoß gegen die dienstliche Pflicht zur Verfassungstreue darstellen würden. Der Staat dürfe den Ex-Offizier sanktionieren, indem er dessen Ruhegehalt kürzt. Dies gilt auch für die Frage, ob eine Äußerung feindseliger Art vorliegt, d. h. auf eine Diffamierung, Delegitimierung oder Demontage eines demokratisch legitimierten Staatsorgans gerichtet ist.
Dabei äußert das Gericht ziemlich offen feuchte Träume eines woke-grünen Realsozialismus. Der „innere Erich“ der Herren in Karmesinrot lässt grüßen: Unter den Talaren Muff von 1000 Jahren, nein von nur rund 40 Jahren (1949 – 1989).
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Die Ansicht der DDR-Erben beim BVerwG:
„Überzeugte Demokraten in der Bevölkerung, die den Vorwurf (der sukzessiven Errichtung einer Diktatur, Anm. des Verfassers) ernst nehmen, stehen vor der Frage, ob sie moralisch verpflichtet und nach Art. 20 Abs. 4 GG berechtigt sind, Widerstand gegen die Abschaffung der Demokratie zu leisten und gegen die Bundesregierung vorzugehen. Damit wird eine Delegitimierung der Bundesregierung bewirkt. Dies ist auch als objektiv feindselige Betätigung zu werten ..“ (Rdnr. 32 des Urteils)
Dabei ist gerade eine solche Argumentation der Verwaltungshengste Delegitimierung unsere Demokratie vom Feinsten. Was die Herren getrunken haben, ist unklar. Aber es ist bestimmt zu viel und schlechter Fusel. Denn eine „Delegitimierung der Bundesregierung“ als objektiv feindselige Betätigung gegen die Demokratie zu werten, ist abwegig.
SPDGRÜNEFDP delegitimieren sich nicht erst seit den Corona-Maßnahmen täglich selbst. Und die Gleichsetzung dieser Regierung mit „der Demokratie“ ist gelebter Faschismus
Das Leipziger BVerwG – in nicht nur räumlicher Nähe zur Karl-Marx-Universität mit kommunistischen Bekenntnisfächern und „gesellschaftlicher Arbeit“ – moniert schließlich „Appelle, die der frühere Soldat an die Internetnutzer und an seine Kameraden richtet, die Freiheitsrechte zu verteidigen, sich von dieser Diktatur nicht unterkriegen zu lassen, sich an den Soldateneid zu erinnern und einen Krieg zu führen, den man mit Mut gewinne …“ (Rdnr. 30 des Urteils)
„Bravo“ möchte man dem Ex-Hauptmann zurufen. Denn „Krieg“ bedeutet für ihn nicht, die Bundesregierung zu erschießen. Denn auch die „Tötung auf Verlangen“ ist strafbar.
Der Betroffene meint natürlich einen politischen Krieg gegen Schwachsinn und Selbstbereicherung unfähiger Politiker; „Kakistokratie“, Herrschaft der Schlechtesten. Das ist zwischenzeitlich auch der Mehrheit der Deutschen klar. Nur noch 23 Prozent der befragten Wähler unterstützen den Schwachsinn – und das BVerwG, lebendiger Teil dieser „Kakistokratie“.
Nochmal das BVerwG:
„Diese Aussagen des früheren Soldaten lassen sich nicht auf eine polemisch-überspitzte Kritik an der Corona-Politik der Bundesregierung reduzieren. Denn sie enthalten darüber hinaus den Vorwurf, die Bundesregierung strebe unter Bruch der Verfassung eine Diktatur an. Dass dieser Vorwurf mehr als eine einmalige überspitzte Polemik ist, ergibt sich schon aus der ständigen Wiederholung seiner These, man stehe am Anfang einer Diktatur.“ (Rdnr. 27 des Urteils)
Genau das ist der Kern der derzeitigen Auseinandersetzung, einer ernstzunehmenden Diskussion über Meinungsfreiheit in Deutschland. Es geht indem Diktaturvorwurf (noch) nicht um Gefängnis, sondern Ausschluss von Teilhabe, Beförderungen, Schöffenämtern, staatlichen Leistungen – und nun Ruhegehaltskürzungen.
Man erinnere sich: Die DDR war echte Demokratie, sozialistische.
Das BVerwG:
„Für die Ernsthaftigkeit seiner Diktatur-These spricht auch deren Begründung mit einer im Internet kursierenden Verschwörungstheorie. Danach wird die an sich nicht besonders gefährliche COVID-19-Pandemie genutzt, die Bevölkerung einzuschüchtern und zu überwachen, die Demokratie auszuschalten …“ (Rdnr. 28 des Urteils)
Ja, das ist völlig an den Haaren herbeigezogen. Nur dank Lauterbach und Spahn leben wir noch – und haben teil an Berliner Minister-Villen.
Die Lösung. Wie meinte Berthold Brecht?
Nach dem Aufstand des 17. Juni
Ließ der Sekretär des Schriftstellerverbands
In der Stalinallee Flugblätter verteilen
Auf denen zu lesen war, daß das Volk
Das Vertrauen der Regierung verscherzt habe
Und es nur durch verdoppelte Arbeit
zurückerobern könne. Wäre es da
Nicht doch einfacher, die Regierung
Löste das Volk auf und
Wählte ein anderes?
Natürlich unter Beachtung des demokratischen Wahlrechtes. Darüber wacht schließlich das BVerwG.
Dirk Schmitz M.A., seit 1991 Rechtsanwalt, langjähriger ehrenamtlicher Richter, Kommunikationswissenschafter, engagierter Verteidiger, derzeit im Kryptowährungsprozess “Onecoin” vor dem Landgericht Münster. Schmitz sieht durch den Zeitgeist Meinungsfreiheit und körperliche Unversehrtheit gerade in Masken- und Impfzeiten in Gefahr. Als “alter Liberaler” ohne FDP-Hintergrund steht Schmitz für Bürgerrechte und “die Freiheit des Andersdenkenden”. Sein dem Philosophen Voltaire zugeschriebener Leitspruch lautet: „Obwohl ich völlig anderer Meinung bin als Sie, würde ich mein Leben dafür geben, dass Sie Ihre Meinung frei aussprechen dürfen.“
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Kommentar von Stefan Milch
Leider gibt es ein wirkliches Problem mit der Gewaltenteilung in Deutschland. Kein Wunder, wenn Richter, die das verkündete Narrativ in Frage stellen mit Existenzverlust rechnen müssen. Es ginge uns wohl besser, wenn Richter wirklich unabhängig wären und die Staatsanwaltschaft nicht weisungsgebunden.
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Kommentar von Karl Eduard
Eigentlich unfassbar in welcher Weise sich die heutige Diktatur selbst entlarvt. Man kann nur hoffen dass es noch nicht das letzte Wort in diesem Prozess war und der tapfere Hauptmann noch weitere Instanzen anrufen kann und wird.
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Kommentar von Perry Moppins
Wie bereits gesagt, bieten Prof. Rainer Mausfelds Analysen einen exzellenten Schlüssel, um die Herrschaftstechniken der Machteliten durch permanente (mediale) Angsterzeugung zu entzaubern.
Mausfeld weist uns in "Angst und Macht" www.google.com/search?&q=mausfeld+angst+und+macht darauf hin, daß sich Machteliten im Kapitalismus aus rein logistischen und Kostengründen gezwungen sehen können, ein von ihnen aufgeführtes "Demokratie"-Theater zu benutzen, um die (politischen, wirtschaftlichen) Kosten und ggf. Folgen (Revolten) offener Repression zu vermeiden. Mausfeld weist ebenso auf die Erkenntnis Huxleys hin, daß "die Menschen ihre Versklavung lieben müssen", wie auf Neil Postman, der schon in den 80er Jahren darauf hinwies, daß sich die Gesellschaft mit belanglosen Affekten zum Hirntod schwatzt. Der tägliche Aufguß allen möglichen affektiven Geschwätzes wird heute systematisch durch "soziale Medien" wieder zurück in den Mainstream gekippt, ein toxisches Recycling von Instinkt-Triggern und der niedersten Triebe, zur Unten-Haltung ("Unterhaltung"). Kontrolle durch Social Engineering, durch Angst und Geschwätz schützt die Machteliten inzwischen sehr zuverlässig davor, daß die Massen überhaupt noch Gedanken entwickeln, die jenseits des reinen Affektes und dem Drang nach Zustimmung in diesem Affekt (*kreisch, Klima*, *kreisch - Natzies*) liegen. Ich würde die '"tagesschau" zb auch "Affekt-Show" nennen. Die Folge ist, die wahre Macht die die Massen ("das Volk" steht völkerrechtlich über der Regierung, wir erinnern uns dunkel an diesen Grundsatz) haben, nämlich Widerstand gegen Autokratie, wird durch diese Psycho-Herrschaftstechniken wirkungsvoll beseitigt, was auch die neuesten Ergebnisse der Pisa-Studie zeigen: die Menschen kommen gar nicht mehr auf den Gedanken, überhaupt eigene Gedanken zu entwickeln, weil sie allein die Notwendigkeit dafür gar nicht mehr erkennen können. Blind und taub, dumm durch Angst und Geschwätz-Kanonade.
Wir sind also effektiv beim "Massen-Farmvieh" angekommen, und die herrschende Politik samt den korporatistischen (globalistischen) Medienlakaien der Machteliten agiert jeden Tag in exakt diese Richtung, die Gehirne der Menschen durch widersprüchliche Meldungen (Trance-Effekt) und aufgeblasenes Geschwätz zu neutralisieren. Lesen hilft.
Verlagstext zum Buch:
"Macht und Angst gehören in der politisch-gesellschaftlichen Welt eng zusammen. Macht hat für den, der sie hat, viele Vorteile und für diejenigen, die ihr unterworfen sind, viele Nachteile, denn Macht erzeugt bei den ihr Unterworfenen Angst. Da die Angst selbst wiederum Macht über die Geängstigten ausübt, haben diejenigen, die es verstehen, Angst zu erzeugen, eine sehr wirkungsvolle Methode, auf diese Weise ihre Macht zu stabilisieren und zu erweitern. Angsterzeugung ist ein Herrschaftsinstrument, und Techniken zum Erzeugen von gesellschaftlicher Angst gehören zum Handwerkszeug der Macht. Diese Einsicht ist so alt wie die Zivilisationsgeschichte. Rainer Mausfeld, der bereits mit "Warum schweigen die Lämmer" ein fulminantes Aufklärungswerk veröffentlichte und damit auf den Bestsellerlisten landete, liefert mit dem vorliegenden Buch eine extrem wichtige Erweiterung, die mehr denn je vonnöten ist.
Stimmen zu seinem Bestseller "Warum schweigen die Lämmer":
"Eine so schmerzhafte wie brillante Endoskopie des gegenwärtigen politischen Systems. Mausfeld ist ein Volksaufklärer in der Denktradition Humboldts, Deweys und Chomskys ... ein Weckruf zur rechten Zeit."(NZZ)
"Mit seinem neuen Buch beflügelt Rainer Mausfeld die Sehnsucht nach Veränderung."(Rubikon)
"Mausfeld deckt die Systematik dieser Indoktrination auf und macht uns sensibel für die vielfältigen psychologischen Beeinflussungsmethoden."(NachDenkseiten)
"In dem Buch geht es insbesondere um Täuschung und Illusionen, was den Begriff der Demokratie und den Zustand der Gesellschaft angeht."(Telepolis)
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Kommentar von Marcus Thiemann
<b>Das BVerwG - ein Sargnagel der Demokratie</b>
Aus meinem Verständnis, sind es die Richter, denen jetzt der Prozess gemacht gehört. Wegen Beschädigung der Demokratie und Meinungsfreiheit. Und da sie alle Beamte sind, können wir uns über eine schöne Ersparnis bei den Ausgaben der öffentlichen Haushalte freuen. Die Idee der Rentenkürzung hat meine volle Sympathie nur die
Täter sind noch nicht korrekt identifiziert.
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Kommentar von .TS.
Gefälligkeitsurteile die selbst für kleine und berechtigte "Vergehen" empfindliche Strafen vorsehen sind deutliche Symptome dafür daß ein Regime am Werk ist.
Wie sollte es auch anders sein wenn die juristische Karriere vom guten Willen der Regierenden abhängt und als Belohnung ein Dinner mit der Kanzlerin lockt?
Der Vorwurf der Delegitimierung ist irrelevant, was schon wiederholt dauerhaft als untragbar schädlich, schändlich und fehlkompetent erwiesen hat kann man nicht mehr weiter delegitimieren.
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Kommentar von Hans-Joachim Gille
Lauterbach ist Wahlbeamter. Der wäre doch jetzt eigentlich dran. Jay Battacharyas harsche, demütigende Kritik an Lauterbach ging jetzt durch den Blätterwald. Das Problem bei diesem Gericht ist doch, daß die Kaschberl selbst keine Ahnung haben.
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Kommentar von Malka
Ich hatte als junge Frau nach dem Mauerfall lange überlegt, ob ich Alija machen sollte. Als DDR Bürger machte einem doch plötzlich so vieles Angst in den Neunzigerjahren.
Mit einem kleinen Kind bleibt man dann halt doch in der vertrauten Umgebung mit Großeltern und so.
Was für ein kapitaler Fehler aus heutiger Sicht.
Wäre ich damals nur gegangen als junger Mensch.
Ich kann nur jedem empfehlen, gehen Sie: Ich bin mittlerweile zu alt..
Dieses Land ist zum Abschuß freigegeben…
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Kommentar von Ben Diekmann
Hmmmm, ich grübel grade darüber, ob das Gericht hier nicht versteckt aufruft, das wahre Demokraten (und dafür halte ich mich) den Art. 20 Abs. 4 GG auszurufen, klingt doch so, oder?
So wie damals:
Zitat: Auf die Frage eines Korrespondenten, wann die neue Reiseregelung in Kraft tritt, sagt Schabowski: "Sofort - unverzüglich". Da ist es kurz vor 19:00 Uhr. Die Journalisten stürmen in ihre Büros und informieren ihre Redaktionen. Die Sensationsmeldung geht in Minutenschnelle um die Welt: Die Mauer ist offen, die Menschen in der DDR können in den Westen fahren!