Immer mehr Holz wird aus deutschen Wäldern geklaut – mittlerweile schon ganze LKW-Ladungen!

Der Holzklau geht um: Aus Angst vor dem Frieren geht’s in der Dämmerung in den Wald

von Gaia Louise Vonhof

Es kann also durchaus sein, dass ihnen neben der Oma mit der prallen Tüte Tannzapfen als knisterndes Anmachholz und die jungen Männer mit dem Buchenstamm bald auch jemand mit einer Flinte oder gleich mit einem Reh auf dem Rücken begegnet in diesem vollkommen verrückt gewordenen Deutschland 2022.© Quelle: Pixabay/ jplenio

Für viele, die in den Wald gehen, um zu sammeln, geht’s allerdings nicht darum, den Reibach zu machen mit den Wiederverkäufen des Diebesgutes oder darum, ein schickes Eigenheim zu bauen, sondern hier wollen Bürger halbwegs warm über den Krisen-Winter kommen.

Wer eine Baustelle hat, vielleicht gerade ein Haus baut, hatte schon vor einem Jahr und länger sprunghaft ansteigende Kosten für Bauholz zu beklagen – auch wenn die Holzpreise sich nach einer Verachtfachung inzwischen wieder stabilisiert haben und „nur noch“ beim doppelten Preis von April 2020 liegen.

Das Hoch der Holzpreise auf dem Weltmarkt war im Mai 2021, dann im Sommer der Preisrutsch, als Inflation und Zinserhöhung für Zurückhaltung beim Bauen sorgten, zumindest in den USA, worauf die Nachfrage nach Bauholz sich reduzierte. Was aber beständig steigt, ist der Bedarf an Brennholz. Grund dafür: Die Preise für Gas, Strom und Heizöl sind auf einem Allzeithoch.

In Anbetracht der erwarteten, utopischen Heizkosten schätzt sich jeder glücklich, der zu Hause die Gelegenheit hat, die Heizung herunterzudrehen, weil er einen Kamin oder Kaminofen als Alternative hat, in die er einen Holzscheit werfen kann, um die Hütte nicht nur warm, sondern bezahlbar warm zu halten.

Aber auch Holz zum Heizen wird immer teurer. Und genau das scheint zu immer mehr Holzklau in deutschen Wäldern zu führen. Sie haben richtig gelesen: 2022 gehen wieder Deutsche auf leisen Sohlen in die Wälder und stehlen dort Holz aus Angst vor Kälte und Kosten.

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Viele Händler beliefern aktuell nur noch ihre Stammkunden, währenddessen die Preise weiter steigen. Die Nachfrage ist höher als die Produktion. Während der Festmeter Holz im vergangenen Jahr noch bei 60 bis 70 Euro lag, muss man jetzt dafür bis zu 200 Euro zahlen. Brennholz ist im deutschen Markt innerhalb eines Jahres um 86 Prozent teurer geworden.

Nicht nur die Angst vor den hohen Kosten treibt also Menschen zum Klauen in den Wald, auch die Angst vor Nicht-Verfügbarkeit von Holz treibt sie um. Der Waldeigentümerverband AGDW in Berlin spricht von Schäden in Millionenhöhe durch Holzdiebe.

Nicht nur Privatpersonen schleichen in den Wald, ganze Lasterfuhren werden heimlich abtransportiert. So hatte laut agrarheute.de der Landesforstbetrieb Sachsen-Anhalt berichtet, wo jährlich Schäden von 300.000 bis 500.000 Euro allein in diesem Bundesland zu verzeichnen sind.

Für viele, die in den Wald gehen, geht’s, wie eingangs erwähnt, nicht um Reibach, sondern darum, halbwegs warm über den Krisen-Winter zu kommen. Holzraub als eine Art „Mundraub“, möchte man meinen. Aber das Aufsammeln und Mitnehmen von Holz bleibt auch fast 80 Jahre nach Kriegsende weiter illegal, auch wenn es vielen nicht bewusst ist. Das Holz gehört den privaten und kommunalen Waldbesitzern. Mitunter bekommt man allerdings ab 10 Euro pro Monat einen Holzsammelschein. Fragen lohnt sich.

Wer ohne Erlaubnis einfach mitnimmt, was in der Natur liegt, oder gar Bäume fällt, begeht keinen Kavaliersdelikt. Diebstahl wird laut Bußgeldkatalog mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren geahndet, was im Falle von Holzklau allerdings bisher noch nicht ausgeschöpft wurde.

Und dafür müsste man die Diebe erst einmal überführen. So wurde, nach einem agrarheute.de-Bericht, ein Mann für den Diebstahl von Brennholz aus einem Wald in Osthessen beispielsweise zu einer hohen Geldstrafe verurteilt. Der Wert des bei Nacht gestohlenen Holzes lag bei rund 30 Euro – das Urteil lautete 20 Tagessätze à 50 Euro, also 1.000 Euro.

Um die zunehmenden Diebstähle zu verhindern oder eben aufzuklären, setzen die Landesforstbetriebe verstärkt auf Mikrochips im Holz bzw. GPS-Tracker-Technik. Damit lässt sich der Weg des Holzes nachvollziehen und Diebesgut kann später identifiziert werden.

Trotz des vermehrten Holz-Trackings werden kaum Täter ermittelt. Beispiel: Seit 2018 wurden von Hessen-Forst 81 Strafanzeigen gestellt. Nur vier Taten davon konnten aufgeklärt werden. Im Frühjahr wurde hier erst eine Diebstahlsanzeige erstattet, eine Lastwagenladung im Wert von 4.000 Euro.

Aber das bleibt ein Sonderfall, es verschwindet zwar immer mehr Holz, aber eben in kleinen Mengen, was dafürspricht, dass viele Kamin-und Ofenbesitzer als Krisenvorsorge Holz-Prepping in heimischen Wäldern veranstalten.

Holz ist eine nachwachsende Ressource, deswegen, betonen Waldbesitzer und Holzwirtschaft, ist diese Energiequelle nachhaltig. Transportwege sind kurz, Lagerung schädigt weder Mensch noch Natur. Auch das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) vertritt diese Auffassung: „Holz ist nachhaltig. Bei seiner Verbrennung wird nicht mehr klimaschädliches Kohlendioxid freigesetzt, als beim Pflanzenwachstum vorher gebunden wurde.“

Aber natürlich kommen auch hier die Klimaretter auf den Plan: Diese Kritiker vom Heizen mit Holz sagen, das sei nicht wirklich CO2-neutral, denn durch die Verbrennung wird das im Holz über viele Jahre gebundene CO2 in sehr kurzer Zeit wieder freigesetzt. Zusätzlich würde durch die Verbrennung eine Menge Feinstaub entstehen, so das Hauptargument.

Angesichts kalter Wohnzimmer, einem zu erwartenden Gasnotstand und explodierender Energierechnungen werden all diese Argumente wohl eher in den Hintergrund rücken bei denjenigen, die sich bei Mutter Natur aushelfen wollen, um die mensch- bzw. regierungsgemachte Krise halbwegs warm zu überstehen. Wer friert, dem wird die politische Korrektheit egal sein, und vielleicht auch, dass es nicht erlaubt oder sogar strafbar ist, Holz im Wald für den Eigenbedarf zu sammeln.

Und damit sind wir zwar dort angekommen, wo die Knie schlottern, aber noch lange nicht, wo der Magen knurrt, der Hahn gespannt und das Schrot aus dem Rohr geschossen kommt. Der Deutsche Jagdblog berichtet tatsächlich Besorgniserregendes:

„Skandalöse Abgründe offenbarten sich uns bei einer Reviererkundung in Sachsen-Anhalt. Was wir in diesem Ausmaß in Deutschland lange nicht für möglich gehalten haben, wurde uns schonungslos vor Augen geführt. Organisierte Wilderei, die wir selbst nur aus Berichten kennen, ist in Deutschland schlimmer, als mancher Jäger vermutet.“

Es kann also durchaus sein, dass Ihnen neben der Oma mit der prallen Tüte Tannzapfen als knisterndes Anmachholz und den jungen Männer mit dem Buchenstamm bald auch jemand mit einer Flinte oder gleich mit einem Reh auf dem Rücken begegnet in diesem vollkommen verrückt gewordenen Deutschland 2022.

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