Selenskyj im Oval Office

Denkbares Szenario: Selenskyj wird ausgetauscht und der Kurs der europäischen Kriegstreiber erschwert

von Corinne Henker (Kommentare: 4)

Ein potentieller Nachfolger muss sich gegenüber Trump aufgeschlossener zeigen.© Quelle: Youtube/ Tagesschau, Screenshot

Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis Selenskyjs Konkurrenten diese Gelegenheit nutzen, um selbst - eventuell mit US-amerikanischer Unterstützung - nach der Macht zu greifen.

In den meisten Medien kursieren nur die letzten zehn Minuten des gestrigen Treffens von Trump und Selenskyj im Oval Office, doch es lohnt sich, das ganze Video anzuschauen.

Es heißt, Selenskyj habe selbst darum gebeten, dass das Treffen vor zahlreichen Journalisten aus aller Welt stattfindet. In den drei Jahren des Krieges genoss er ganz offensichtlich seine zahlreichen Propaganda-Auftritte im In- und Ausland und sonnte sich im Wohlwollen westlicher Politiker und Medienvertreter.

Jetzt, wo sich das Kriegsgeschehen immer mehr zu Ungunsten der Ukraine entwickelt – nicht einmal mehr die BILD-Zeitung kann über ukrainische Erfolge berichten –, ist Selenskyj mehr denn je von westlicher Unterstützung abhängig.

Die Trump-Administration hat allerdings schon vor Regierungsantritt mehrfach deutlich ausgesprochen, dass sie nicht mehr bereit ist, diese bedingungslos zu liefern. Vermutlich erhoffte sich Selenskyj bei diesem Treffen, mit Unterstützung der internationalen Presse Trump und den Westen weiter vor sich her zu treiben.

Schaut man sich die ersten Reaktionen an, scheint seine Strategie durchaus gewisse Erfolge zu verzeichnen: Trudeau, Macron, Kallas, Scholz, Merz und von der Leyen konnten gar nicht schnell und energisch genug ihre immerwährende Solidarität für Selenskyj bekunden.

Auch unsere Mainstreammedien sind sich weitgehend einig, dass man nach Trumps „Erpressung“ jetzt erst recht gegen den Aggressor Putin zusammenstehen müsse. Nachdem ich mir das ganze Video des Treffens angesehen hatte, ist mein Eindruck allerdings ein ganz anderer als der, den uns die „Qualitätsmedien“ vermitteln wollen: Nicht Trump war der respektlose Rüpel in diesem Gespräch, sondern Selenskyj.

Wolodomyr Selenskyj wurde mit allem gebührenden Respekt von Donald Trump vor dem weißen Haus empfangen und ins Oval Office begleitet. Die meisten Videos des Empfangs unterdrücken jedoch ein kleines Detail, das hier leider auch nur schlecht zu verstehen ist: Trumps sarkastischen Kommentar über Selenskyjs Kleidung.

Tatsächlich erschien Selenskyj anlässlich dieses bedeutsamen Treffens nicht in seiner üblichen Khaki-Kriegskluft, sondern immerhin in Schwarz. Dennoch wirkte sein Kleidungsstil gegenüber den versammelten Anzugsträgern und chic gekleideten Journalistinnen unangemessen und respektlos. Tatsächlich wagte es auch einer der anwesenden Journalisten, den glorreichen Kriegshelden Selenskyj darauf anzusprechen und zu fragen, ob er denn überhaupt einen Anzug besitze. Dieser reagierte sichtlich ungehalten darüber, dass sein unverkennbares Markenzeichen derart infrage gestellt wurde.

Im Oval Office drückte Trump zunächst seine Freude darüber aus, Selenskyj in Washington willkommen zu heißen. Er lobte den Mut und die Opferbereitschaft des ukrainischen Volkes und wies gleichzeitig auf die Notwendigkeit hin, den Krieg endlich zu beenden. Dabei hob er erwartungsgemäß auch die Bedeutung des anstehenden Rohstoffdeals hervor, der noch am selben Tag unterschrieben werden sollte. Im weiteren Gespräch verdeutlichte Trump mehrfach, wie dieser Vertrag die Sicherheit der Ukraine langfristig gewährleisten solle.

Doch das reichte Selenskyj nicht aus. Gleich bei seiner ersten Wortmeldung betonte er, dass dieses Abkommen nur ein erster Schritt auf dem Weg zu echten Sicherheitsgarantien durch die USA und die EU sein könne. Zudem betonte er, dass er auch weiterhin die Unterstützung der USA nicht nur für den Schutz gegen die russischen Invasoren, sondern auch beim Wiederaufbau der Infrastruktur erwarten würde.

Selenskyj verbreitete dabei wie gewohnt das Narrativ, dass er und das ukrainische Volk an vorderster Front für die Verteidigung westlicher Werte, Freiheit und Demokratie stünden, und dass Putin seine Aggression gegen die westliche Welt immer weiter fortsetzen würde, wenn man ihn nicht jetzt endgültig stoppen würde.

Im weiteren Gesprächsverlauf wurden die Differenzen zwischen Trump und Selenskyj immer deutlicher. Trump betonte mehrfach, dass es jetzt das vorrangige Ziel sei, das Gemetzel so schnell wie möglich zu beenden: zunächst ein Waffenstillstand, dann Verhandlungen mit dem Ziel eines dauerhaften Friedens, der für alle Seiten annehmbar ist. Über Sicherheitsgarantien könne man später noch reden.

Trump wäre nicht Trump, wenn er diese Gelegenheit nicht nutzen würde, um erneut darauf hinzuweisen, dass dieser Krieg unter seiner Präsidentschaft niemals ausgebrochen wäre. Er als Deal-Maker habe immer ein gutes Verhältnis mit Putin gehabt, aber andererseits auch auf Stärke gesetzt und die Ukraine während seiner ersten Präsidentschaft mit mehr Waffen unterstützt als Obama. Schließlich berichtete Trump auf Nachfrage kurz über seine bisherigen Telefonate mit Putin und betonte dabei, dass man auf einem guten Weg sei.

Selenskyj dagegen tat sein Bestes, um Putin als unberechenbaren Aggressor darzustellen, mit dem man nicht verhandeln könne. Er berichtete davon, wie Russland wiederholt Verträge gebrochen habe und beschrieb detailliert die russischen Gräueltaten (inklusive Fotos). Die eigenen Kriegsverbrechen waren für ihn natürlich ebensowenig Thema wie die Diskriminierung der russischen Minderheit in der Ukraine. Oder für Trump die US-amerikanische Rolle bei der Eskalation des Russland-Ukraine-Konflikts.

Selenskyj beharrte weiterhin darauf, dass er dem „Killer“ in Moskau kein ukrainisches Territorium überlassen würde, und verlangte, dass Russland für den Wiederaufbau der Ukraine zahlen müsse. Dabei könne man mit den eingefrorenen russischen Vermögen beginnen, doch das würde nicht ausreichen. Zudem forderte er immer wieder eine militärische Sicherheitsgarantie.

Zur Eskalation kam es etwa ab Minute 40 des Gesprächs. Zuvor hatten eine CNN-Journalistin und ein polnischer Journalist Trump darauf angesprochen, wie er genau denn die ukrainischen Rohstoffvorkommen gegen russische Angriffe verteidigen wolle und auf wessen Seite er eigentlich stehe.

Trump beharrte darauf, dass das Abkommen selbst ein ausreichender Schutz wäre und dass er die Interessen des Friedens, damit auch der ganzen Welt und Europas vertrete. Sein Ziel bestünde darin, den 3. Weltkrieg zu verhindern und so Millionen Menschenleben zu retten. Hier schaltete sich Vizepräsident J.D. Vance in die Diskussion ein und betonte, dass nach drei Jahren Krieg nun endlich die Zeit für Diplomatie gekommen sei.

Selenskyj erwiderte daraufhin erneut, dass Putin ein Aggressor sei, mit dem man nicht verhandeln könne - wobei er den amerikanischen Vizepräsidenten respektlos mit „J.D.“ anredete. An diesem Punkt hatte er offensichtlich die rote Linie überschritten. Vance ließ alle diplomatischen Formalitäten fallen und sprach Klartext: Die USA setzten sich mit ihren Verhandlungen für die Rettung der Ukraine ein und würden dafür Respekt und Kooperation erwarten.

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Vance wies darauf hin, dass die Ukraine den Krieg gerade verliert, dass ihr nicht nur die Waffen, sondern insbesondere auch die Soldaten ausgehen und das Sterben deshalb schnellstmöglich ein Ende finden müsse. Er erinnerte auch an Selenskyjs Propaganda-Touren und dessen Unterstützung für Kamala Harris im US-Wahlkampf.

Als Selenskyj dann auch noch auf sein altes Narrativ zurückfiel, dass die USA jetzt zwar noch durch den Ozean geschützt seien, aber in Zukunft selbst die russische Aggression zu spüren bekämen, wurde es auch Trump zu viel. Er wies Selenskyj sehr eindeutig daraufhin, dass es ihm nicht zustünde, den Amerikanern zu erklären, was diese zu fühlen hätten, und dass er absolut nicht in der Position sei, irgendwelche Forderungen zu stellen.

Selenskyj bedankte sich daraufhin zwar für die westliche Unterstützung, behauptete aber gleichzeitig, dass die Ukraine in ihrem Kampf von Beginn an „alleine stehen“ würde - und erntete damit eine erneute Zurechtweisung durch Trump. Er wies Selenskyj darauf hin, dass die USA durch ihren „stupid President“ (Biden) 350 Milliarden Dollar an die Ukraine überwiesen hätten und dass der Krieg ohne die militärische Unterstützung der USA sehr schnell beendet gewesen wäre.

An diesem Punkt meldete sich Vance noch einmal zu Wort und versuchte, die Wogen zu glätten und zumindest den öffentlichen Streit zu beenden. Doch Trump behielt das letzte Wort. Er betonte, wie wichtig es war, dass die amerikanische Öffentlichkeit sieht, vor welchen Problemen die Friedensverhandlungen stehen: Auf der einen Seite Selenskyj, der keinen Millimeter von seinen Maximalforderungen abweichen will. Auf der anderen Seite Putin, der in den letzten Jahren immer wieder von westlicher Seite diffamiert und für alle Fehlentwicklungen verantwortlich gemacht wurde, wodurch es schwierig sei, eine neue Vertrauensbasis herzustellen.

Zum Schluss verdeutlichte Trump, dass Selenskyj nur zwei Optionen bleiben: Entweder er nutzt die amerikanische Unterstützung, um einen guten Deal mit Putin auszuhandeln - oder er verweigert weiterhin jeden Kompromiss, verliert damit endgültig die Unterstützung der Amerikaner und muss allein weiterkämpfen.

Noch scheinen Selenskyj und die EU die zweite Option zu bevorzugen.

Der geplante Rohstoffdeal wurde nicht unterzeichnet, Selenskyj verweigerte Trump eine Entschuldigung und reiste wieder zurück nach Kiew. Die Staatschefs der EU überschlagen sich mit ihren Solidaritätsbekundungen für Selenskyj und planen bereits einen Sondergipfel, um über die weitere Aufrüstung der Ukraine zu beraten. Am Kampfeswillen unserer EU-„Eliten“ besteht also kein Zweifel: Schließlich bietet sich damit eine gute Gelegenheit, Schuldenbremsen aufzuweichen und uns Steuerzahler weiter auszuplündern.

Aber inwieweit ist es realistisch, den Krieg gegen Russland ohne US-amerikanische Unterstützung fortzusetzen? Mit einer Bundeswehr ohne Soldaten und Material dürften die Chancen eher schlecht stehen.

Insgesamt scheint man in den meisten EU-Ländern zwar bereit, die Ukraine weiter aufzurüsten, schreckt aber vor der Entsendung eigener Soldaten (noch) zurück. Großbritannien und Frankreich erklärten sich zwar bereit, nach dem Ende des Konflikts Friedenstruppen in die Ukraine zu entsenden, erwarten dafür aber amerikanische Unterstützung - die es unter den gegebenen Umständen sicher nicht geben wird.

In Anbetracht der wirtschaftlichen Lage und innenpolitischen Probleme sind auch die europäischen Bürger immer weniger bereit, ihr Steuergeld in die Ukraine zu transferieren.

Eine aktuelle INSA-Umfrage ergab zum ersten Mal eine relative Mehrheit (46 vs. 43 Prozent) dafür, jegliche Unterstützung für die Ukraine einzustellen.

Interessant dabei: Während 72 Prozent der Grünen-Wähler die Ukraine weiterhin mit Waffen und Geld unterstützen wollen, ist dies bei den CDU/CSU-Wählern nur noch ein Drittel. Die Zeiten, in denen man innenpolitische Probleme mit Kriegstreiberei überdecken konnte, sind offensichtlich vorbei.

Realistisch betrachtet, dürfte Selenskyj gestern sein eigenes Ende besiegelt haben. Vieles deutet darauf hin, dass seine Stellung in der ukrainischen Korruptokratie bei weitem nicht so sicher ist, wie allgemein behauptet, und hin und wieder liest man sogar in hiesigen Medien einen Anflug von Kritik. Selbst im ukrainischen Parlament gibt es eine erste Forderung nach Absetzung von Selenskyi .

Offiziell endete Selenskyjs Amtszeit als Präsident der Ukraine bereits am 20. Mai 2024 und wurde nur durch Verhängung des Kriegsrechts verlängert. Nach dem gestrigen Eklat ist mehr als offensichtlich, dass Selenskyj die US-amerikanische Unterstützung verloren hat. Es dürfte also nur eine Frage der Zeit sein, bis seine Konkurrenten diese Gelegenheit nutzen, um selbst - eventuell mit US-amerikanischer Unterstützung - nach der Macht zu greifen.

Und wenn Selenskyj erst einmal durch einen Nachfolger ersetzt wurde, der sich gegenüber Trumps Friedensbemühungen aufgeschlossener zeigt, dürfte es auch für die europäischen Kriegstreiber deutlich schwieriger werden, ihren Kurs fortzusetzen: schließlich handelt man ja dort immer nur im „Interesse der Ukraine“…

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