Von Gregor Leip
Die drei Landtagswahlen haben dem BSW durchweg zweistellige Wahlergebnisse eingebracht. Aber selbst politische Laien kämen wohl kaum auf die Idee, diese Erfolge jemandem anderem zuzurechnen als Sahra Wagenknecht selbst.
Aber wie nähert man sich dem BSW an, will man verstehen, wer und was sich tatsächlich dahinter verbirgt? Bestimmend in der öffentlichen Wahrnehmung bleiben die von der Parteivorsitzenden gesetzten Themen von Rente bis Ukraine. Wagenknecht nimmt fleißig auf, was sich tagesaktuell anbietet. Die Bienenkönigin fliegt höchstselbst die dicksten Blüten an. Der so gewonnene Honig schmeckt manchmal neutral, oft auch giftig. Aber er wurde den medialen Schleckermäulern dafür um so dicker auf die Butterstullen geschmiert.
Lösungen bietet Frau Wagenknecht in ihren Einlassungen kaum an. Um im Bild zu bleiben: Da wird nichts nachhaltig bestäubt. Insbesondere während der Pandemiejahre hatte sich die Linkspolitikerin als Protestsprachrohr ihrer damaligen Partei etabliert. Wer mehr wissen will, der muss hinter den roten Vorhang schauen. Dort stolpert man zuerst über Wagenknechts Ehemann. Oskar Lafontaine spielt zweifellos eine gewichtige Rolle in der politischen Ausrichtung des BSW. Er ist weit mehr als nur der stille persönliche Berater der Ehefrau.
In der Geburtsstunde des BSW hat sich Lafontaine geschickt hinter seiner Frau weggeduckt und mit dem Politrentnerleben kokettiert. Später wurde zeitgleich mit den vielversprechenden Prognosen sein Eintritt in das BSW bekanntgegeben.
Die wenigen Mitglieder und der Parteivorstand bestehen überwiegend aus Überläufern der geschredderten Linkspartei. Niemand kann der Partei beitreten, der keine Fürsprecher hat und freiwillig einen komplizierten Initiationsritus durchläuft. Da ist es fast einfacher, Mitglied eines Rockerclubs zu werden, als die Kutte von Wagenknecht zu tragen. Jene in den Medien geäußerte Distanz, die Wagenknecht programmatisch zu den Linken aufbauen musste, um sich breiter für die Wählerschaft aufzustellen, lässt sich am Parteiprogramm des BSW auch mit viel gutem Willen nicht ablesen.
Lohnt ein Blick auf die Mitglieder? Mit der Friedensdemonstration am vergangenen Donnerstag ist BSW-Mitglied Ralf Krämer ins Blickfeld geraten. Er war einer der beiden als Verantwortliche genannten Organisatoren der Friedensdemonstrationen.
Das Brandzeichen „BSW“ war lediglich über die professionell in Auftrag gegebenen und via pfiffigem Patent gefalteten Hochhalte-Plakate erkennbar. Es blieb Ralf Krämer als Organisator. Der hatte sich eine illustre Runde weiterer Gäste dazu gebeten, unter ihnen auch Lafontaines Spezi Peter Gauweiler. Der ebenfalls eingeladene Vertreter der SPD, Ralf Stegner, wurde von Wagenknecht nach seiner Rede ob seiner Aussagen mit dem Florett filetiert.
Wer ist Ralf Krämer vom BSW, der seiner Parteichefin diese perfekte Bühne unter die Siegessäule hingestellt hat? Krämers Vita ähnelt der von Wagenknecht und Lafontaine: Auch er beherrscht die rauschhafte Fahrt auf dem Parteienkarussell. Und wenn er auch nicht vorweg reiten darf, so fährt er doch auf dem Kutschbock mit.
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Ralf Krämer schaffte es, von der SPD zur PDS über die WASG zum BSW zu wechseln. Er war einer der Initiatoren des WASG, der auch Oskar Lafontaine 2005 beitrat. Bei der SPD schaffte es Krämer am Anfang seiner politischen Karriere immerhin bis zum Landesvorsitzenden der Jusos in Nordrhein-Westfalen. Das ist nicht gar nichts. Und wie Lafontaine wollte er irgendwann einfach kein Sozialdemokrat mehr sein.
In der Vita des Friedensdemo-Organisators und BSW-Mitglieds sind seine politischen Stationen hinterlegt: www.Ralfkraemer.de
Weiteren Erkenntnisgewinn verspricht ein Artikel Krämers zur Parteigründung des BSW auf Telepolis vom Oktober 2023. Hier bespricht er in aller Ausführlichkeit, welches Programm sich die Partei von Sahra Wagenknecht geben sollte. Wie schon als Initiator beim WASG fühlte sich Krämer hier aufgefordert und war ambitioniert genug, an der Programmgestaltung mitzuarbeiten.
Im Artikel nimmt er gegenüber taktischen Manövern eine erstaunlich offene Position ein. So schreibt er:
„Es ist daher klar, dass sich eine neue Partei nicht als „links" oder auch als „sozialistisch" öffentlich präsentieren sollte, wenn sie erfolgreich sein will.“
Weiter schreibt Krämer:
„Ich halte es für notwendig ,dass möglichst viele vernünftige Leute mit fundierten, auch marxistisch qualifizierten Positionen und politischen Erfahrungen aus der Linken und anderen sozial orientierten Parteien, den Gewerkschaften und anderen Verbänden und Vereinen sowie aus Kultur , Medien und Wissenschaften in einer neuen Partei mitmachen oder sie im Umfeld unterstützen.“
Krämer ist sich sicher, dass ohne solche Genossen als harter Kern (marxistisch qualifiziert und mit politischen Erfahrungen aus den Linken) eine erfolgreiche und politisch vernünftig orientierte Partei auf Dauer nicht machbar sei.
Die Friedensdemo bestätigt die gewichtige Rolle Krämers in der Partei. Seine Ideen haben bisher weder Wagenknecht noch Lafontaine gegen ihn aufgebracht. Er dürfte also einer der wenigen geduldeten Spindoktoren des BSW sein. Versüßen hier alte Bekanntschaften die Einschlagsgenauigkeit der politischen Geistesblitze?
Wer das BSW verstehen will, der muss solche Figuren wie Ralf Krämer genauer studieren. Der lange Schatten der Grand Dame mag den einen oder anderen verdunkeln. Das Wirken beim BSW ist für Krämer und andere deshalb noch lange nicht verschattet:
„Denn die einen sind im Dunkeln. Und die anderen sind im Licht. Und man siehet die im Lichte. Die im Dunkeln sieht man nicht.“
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Kommentar von Alfonso Kerner
Hier ein interessanter Artikel zur BSW:
Eine neue grüne Volkspartei ist da !
eike-klima-energie.eu/2024/08/24/eine-neue-gruene-volkspartei-ist-da/
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Kommentar von Alfonso Kerner
Interessante Beobachtung im Zusammenhang mit Wagenknecht und der BSW:
Vor den Wahlen in Thüringen und Sachsen wurde von fast allen "sogenannten" alternativen Medien Wagenknecht hochgelobt und promotet.
Jetzt plötzlich kommt dort die Erkenntnis, wer Wagenknecht wirklich ist, wo ihre politische Herkunft ist, wie sie politisch geprägt ist?
Sehr merkwürdig.
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Kommentar von Carl Peter
Für mich macht das keinen Unterschied, ob die Diktatur von links oder von rechts kommt - das Gleiche wandelt nur in verschiedenen Gestalten.
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Kommentar von Ego Cogito
Wieso hat der Autor Zweifel, was hier passiert? Rosa Luxemburg ist wieder auferstanden, unmissverständlich. Der Kommunismus feiert fröhliche Urstände, und hier wird nach den Gründen, Wurzeln und Strategien gefragt. Die Landesfürsten machen schon Männchen, SPD und CDU können es gar nicht erwarten, die SED wieder ins Boot zu holen. Macht ist doch so was Tolles, da kann man das Volk und den Wähler nicht berücksichtigen. Die Altparteien sind korrumpiert bis unter die Halskrause. Der Parteienstaat ist der Totengräber des Grundgesetzes und der Demokratie.