Die Vorwürfe gegen RBB-Intendantin Patricia Schlesinger wurden immer lauter, zu dreist und offensichtlich waren Vorteilsnahmen, Klüngelei und ungehemmter Privilegienmissbrauch. Und das alles von GEZ-Zwangsgebühren. Jetzt tritt sie als ARD-Vorsitzende zurück. Ist das genug?
Mit sofortiger Wirkung legt Schlesinger, Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB), ihr Amt als ARD-Vorsitzende nieder. Um es gleich vorab zu sagen, ihren Job als RBB-Chefin, den sie offenbar nutzte für gute Geschäfte in ihrem Umfeld und eigene großzügige Vorteilsnahmen, behält sie – soweit jedenfalls bis heute die Information.
Der ARD-Job war sowieso eine Interimsveranstaltung, alle zwei Jahre übernimmt ein anderer Intendant dieses Zwangsgebühren-Moloch mit seinen Zuschauerzahlen in Schwindsucht.
Damit dürfte sie auch ihr aktuelles Intendantensalär in Höhe von unfassbaren 303.000 Euro jährlich behalten, das erst vor Kurzem durch einen Gehaltssprung von 16 Prozent auf Bundeskanzler-Niveau aufgestockt wurde. (Lesen Sie hier auf alexander-wallasch.de über die aktuelle krisenanachronistische Diätenerhöhung der Regierung).
Schlesingers Kleben am Sessel der Macht bar jeden moralischen Kompasses ist schon der nächste Skandal am Ende einer ganzen einer Reihe von vielen, die so ungeniert, dreist und offensichtlich waren, dass die 61-Jährige sie nicht mehr länger unter den Teppich kehren konnte.
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Die Liste der erhobenen Vorwürfe und untersuchten Vorgänge ist lang:
Die RBB-Intendantin nutzt einen extrem teuren Luxus-Dienstwagen zum Preis von 145.830 Euro, Audi räumte ihr einen 70-prozentigen Rabatt ein. Das 435 PS starke Protzmobil verfügt über eine Sonderausstattung im Wert von über 40.000 Euro, zu dieser zählen unter anderem Massagesitze.
Die allerdings gibt es auch bei Skoda schon in der Mittelklasse. Interessanter sind da schon die kleinen Luxus-Perversitäten, die die Frankfurter Allgemeine in Schlesingers Bling-Bling-Audi entdeckt hat.
Zwei Fahrer chauffieren die RBB-Chefin rund um die Uhr, als Vorwurf stehen auch private Fahrten im Raum, der Großkotz-Audi soll sich irgendwann zur Familienkutsche in Bereitschaft gemausert haben.
Selbstbedienungsmentalität und Intransparenz auch bei den Abrechnungen: In ihre privaten Räume, also zu sich nach Hause, lud sie, wohl zur besseren Vernetzung, Meinungsführer und Multiplikatoren zum Dinner und rechnete Kosten für Essen und Getränke für 69,20 Euro brutto je Person ab, war aber nicht bereit, Auskunft über die Anwesenden zu geben. Dieses Dinner-Affärchen hat zwar auch sein Geschmäckle, ist aber eher eine Erdnuss obendrauf und nichts im Vergleich zu dem, was hintenrum an Sendersumpf zutage kam.
Wie zuerst vom Business Insider enthüllt, gab es Verstrickungen, die bei Untersuchungen bei der Messe Berlin zutage kamen und Fragen aufwarfen: Ermittler fanden einen Beratervertrag in Höhe von 100.000 Euro zwischen der Messe und Patricia Schlesingers Ehemann, einem ehemaligen „Spiegel“-Journalisten. Diese unheilvolle Verknüpfung zwischen privaten und Zwangsgebührenmedien sei hier also exemplarisch vorgeführt.
Der Aufsichtsratschef der Messe Berlin, Wolf-Dieter Wolf, ist gleichzeitig Verwaltungsratschef des RBB. Als Aufsichtsratschef ist er unter anderem für die Kontrolle und Überwachung auch von Intendantin Schlesinger zuständig – stattdessen gab es den hochdotierten Beratervertrag für ihren Gatten.
Aber auch damit nicht genug: Teil des Sumpfes sind auch intransparente Beraterverträge, die über die „gute Beziehung“ zum umtriebigen Geschäftsmann Wolf mit mehreren Immobilien-Experten zustande kamen. Wofür? Ausgerechnet für ein Bauprojekt des RBB, das neue "Digitale Medienhaus" des Senders und ein weiteres undurchsichtiges Mietprojekt zwischen der Messe Berlin und der Rundfunk-Orchester und -Chöre gGmbH Berlin. Hier liegt inzwischen der Verdacht nahe, das von allen Seiten abkassiert oder zumindest Vorteile angenommen wurden.
Wolf-Dieter Wolfs Aufgabe als Verwaltungsratsvorsitzender des RBB ruht seit Mitte Juli, jetzt, nach ziemlich langem Sträuben, gibt also auch Patricia Schlesinger, die selbst lange als Panorama-Journalistin Missstände aufgedeckt hatte, ihren Posten als ARD-Chefin vor dem turnusmäßigen Wechsel auf.
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Den hatte die 61-Jährige seit Anfang 2022 inne. Im RBB-Chefsessel, in dem sie seit 2016 sitzt, will sie offenbar kleben bleiben – der hat zwar keine Massagefunktion, aber die monatliche Überweisung wird hier zum vergoldeten Brain-Fucker.
Aus dem Chefsessel heraus drückte Schlesinger ihren RBB-Mitarbeitern gleich mal unverhohlen ihre Missbilligung aus. Denen nämlich war das Luxuslotterleben ihrer Chefin aus dem Magen in den Hals hochgekrochen und es ergaben sich angesichts solch großzügiger Auftragslagen im Schlesinger-Netzwerk Fragen.
Die Mitarbeiter würgten also und wandten sich an die private Presse. Schlesingers Kommentar dazu: „An die Presse zu gehen, an die Öffentlichkeit, ist ein Akt der Illoyalität.“ Dazu fällt einem spontan nur noch Marlon Brando in „The Godfather“ ein: „Irgendwann, möglicherweise aber auch nie, werde ich Dich bitten, mir eine kleine Gefälligkeit zu erweisen …“
Mitte Juli dann erschien Schlesinger nicht zu einer Sondersitzung des Landtages Brandenburg, wo sie zu den Vorwürfen befragt werden sollte. Auch Wolf ließ sich entschuldigen. Fast frech anmutend im Gesamtbild, wie Schlesinger ihr Fehlen, was quasi als Aussageverweigerung gewertet werden kann, begründete, nämlich mit „Respekt vor dem laufenden Compliance-Verfahren“.
Diese Selbstbedienungsmentalität muss jetzt umgehend dahingehend überprüft werden, ob hier nicht längst ein strukturelles Problem besteht. Denn all diese Schlesinger-Privilegien, die weitergereichten Kosten und Aufträge, selbst die privaten Netzwerk-Partys werden von zwangsweise eingezogenen Gebühren finanziert.
Die Öffentlich-Rechtlichen, die auch scherzhaft – besser: „sarkastisch“ – von vielen abfällig als Rentenversorgung mit angeschlossenem Sendebetrieb betrachtet werden, verzeichneten gerade erst in 2022 Rekordeinnahmen in Höhe von 8,42 Milliarden Euro.
Dieses Allzeithoch der im Zweifelsfall mit Inkasso eingetriebenen Zwangsgebühren, auch euphemistisch „Beiträge“ genannt, kam durch eine Erhöhung (seit Juli 2021) auf 18,36 Euro zustande. Und das mitten in der losgaloppierenden Krise mit startender Inflation und ausbleibender (fairer) Berichterstattung durch die ÖR über die wachsenden Proteste. Das nur nebenbei.
Schon die Zwangsbeiträge alleine mögen viele, bei gleichsam sinkenden Quoten und schwindendem Vertrauen in die Öffentlich-Rechtlichen, stören. Aber dass dann von diesen Geldern noch ein korrupter und sich offenbar keines Unrechtes bewusster Filz à la Selbstbedienungsladen gemästet wird, dürfte noch mehr Menschen zum Nachdenken bringen.
Auch Quatsch, zum Kotzen. Es gibt Worte für den Moment nach der Übelkeit, also benutzen wir sie auch. Ist dieser Korruptionsskandal die Sahnehaube auf die immer offensichtlicher werdende einseitige Berichterstattung bei gleichsam lauter werdenden Protesten aus der Bevölkerung auch gegen die aktuelle Politik?
Aber vielleicht ist es doch nicht die Krönung, sondern einfach nur das Problem einer dysfunktionalen Organisationsstruktur. Denn wie sollen (hier die öffentlich-rechtlichen) Medienbetriebe ihre eigentliche Funktion ausführen als Vierte Gewalt, den Mächtigen auf die Finger schauen und Kritikwürdiges an die Öffentlichkeit bringen, wenn sie selbst vor allem mit dem Selbsterhalt und Ausbau ihrer vom Staat verordneten Privilegien beschäftigt sind? Wie sollen diese Schlesingers ernsthaft die Korruption von Politikern aufdecken, wenn sie selber im Glashaus nebenan sitzen und aus ihren vergoldeten Wasserhähnen Milch und Honig fließt?
Wie soll ein Medienbetrieb, der vom Kopf her schon den Verwesungsmief eines anstands- und verantwortungslosen Korruptionswillens ausstrahlt, verantwortungsvoll mit seiner eigentlichen Aufgabe umgehen: Neutral und mit Bildungsauftrag vielseitig und umfassend berichten?
Dieses „System aus gegenseitigen Gefälligkeiten“ (The Godmother) muss bei den Öffentlich-Rechtlichen (ÖR) so etwas wie ein Grundprinzip sein. Jetzt übernimmt erst einmal WDR-Intendant Tom Buhrow den nun vakant gewordenen ARD-Vorsitz. Mit einer Grundsumme von 413.000 Euro Jahresgehalt ist er der derzeit am besten bezahlteste ARD-Senderchef. Allein um Buhrow zu finanzieren, müssen tausende Familien jedes Jahr ihre Rundfunkabgabe entrichten.
Und wenn wir schon beim eigentlichen ÖR-Godfather angekommen sind, zum Schluss noch ein Blick ins Reich der Fantasie, nach Hollywood. Im Klassiker der halbseidenen Anzüge, bei „Scarface“, stellt sich Al Pacino alias „Tony Montana“ einen vergoldeten Brunnen mitten in seine Protzvilla, aus drei Grazien, welche die Weltkugel tragen mit der Aufschrift „The World is Yours“. Montana hatte diesen Slogan zuvor auf einem Fesselballon gesehen:
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