Wem der Schuh drückt, der sollte ihn ausziehen, bevor der Schmerz zu groß wird

Das große letzte Rennen

von Toddn Kandziora (Kommentare: 10)

Ja, ich fühlte mich so viel besser in meinen neuen Schuhen. Inmitten meiner vielen Mitläufer vorneweg in diesem Rennen. Dem finalen Endsieg so nah.© Quelle: Pixabay / kinkate

Der Schuh drückt. Jeder Schritt vor die eigene Haustür ist ein schmerzvoller. Für Andersdenker wird in heutiger Zeit ein jeder Gang unter Menschen bedrückender, verängstigender als noch am Tag zuvor.

Der drückende Schuh. Ein Synonym für die Qual, als Abweichler unter Menschen zu leben, die meinen, alles richtigzumachen, da sie die ausgebende Meinung verinnerlicht haben. Der Andersdenker muss unter recht habenden Menschen wandeln, die sich, im Glauben an das Gute verhaftet, womöglich bald mit der bösen Realität auseinandersetzen müssen.

Was heute gut und rechtens ist, galt gestern als verwerflich und böse. Gestern zogen die Grünen mit dem Slogan „Keine Waffen in Kriegsgebiete“ in den Wahlkampf. Sie siegten allerorten und zogen als zweitstärkste Kraft in die Regierung.

Heute, wo Außenministerin Baerbock aus eigenem Mund zugibt, dass die Meinung ihrer Wähler ihr egal wäre und es jetzt gelte, den Krieg zu nähren, sind die Grünen zur kriegstreibenden Kraft im Bundestag mutiert.

Andersdenkende Politikerinnen wie Frau Wagenknecht oder Frau Weidel, die dem Eskalationskurs einer tollwütig agierenden Regierung in den totalen Krieg zu widersprechen versuchen, werden dieser Tage als fünfte Kolonne Moskaus, als Putin-Unterstützer, westliche Demokratiefeinde und Schlimmeres von Politik, Medien und Kriegsbefürwortern beschimpft und abgestempelt.

Ein großer Teil der deutschen Bevölkerung, so scheint es mir, ist wieder einmal bereit, für die Interessen anderer in den Krieg zu ziehen. Erst töten zu lassen. Bald vielleicht selbst töten zu müssen. Dass im Krieg Menschen sterben, scheint vielen kaum noch von Bedeutung. Ist es ja nicht das eigene Leben, das in Gefahr zu bringen ist. Noch ist es der feige Gratismut im sicheren Hinterland, der nach mehr Kriegsmaterial an die ukrainische Ostfront gegen den Russen schreit.

Heute war aus einer Studie unter Welt-Online zu erfahren, dass im Falle eines militärischen Angriffs jeder zehnte Bürger (und die Bürgerin?) Deutschland mit der Waffe in der Hand „verteidigen“ würde. Wenn er denn dazu gezwungen würde. Denn freiwillig würden sich im Ernstfall lediglich fünf Prozent für den Kampfeinsatz melden. Weiter ergab die Studie, dass fast jeder vierte Deutsche (24 Prozent) im Kriegsfall so schnell wie möglich das Land verlassen würde.

Nun, das würde ich auch so halten. Versuchen aus dem untergehenden Land zu kommen, bevor es kracht. Dafür gibt es mehr als einen Grund. Grund eins: Das ist nicht meine Regierung, für deren Interessen und Politik ich gewillt wäre, meinen Allerwertesten hinzuhalten. Grund zwei: Nicht mein Krieg. Kurz und knapp. Ich habe nicht indirekt mit meinem Wahlkreuz für einen solchen gestimmt, noch befürworte ich ihn. Und ich gehöre nicht zu denjenigen, die nach deutschen Leopardpanzern an die Ostfront gegen Russland schreien oder geschrien haben. Über die letzte rote Linie hinweg, Sie wissen schon.

Grund drei und für mich Hauptgrund: Mehrere Manöver der Nato seit den Achtzigerjahren haben offengelegt, dass unsere westlichen Verbündeten ohne Skrupel Atombomben über ausgesuchten deutschen Städten zu zünden gewillt sind, einzig um einen eventuellen russischen Vormarsch über den Rhein zu stoppen. Ohne Rücksicht auf die deutsche Zivilbevölkerung. Wenn das kein guter Grund ist, so schnell wie möglich das Land zu verlassen, auf das Freund wie Feind im Ernstfall wenig Wert legen, dann weiß ich auch nicht.

Letztendlich aber habe ich keinerlei Einfluss. Dieses verrückte Weltenspiel wird von nur wenigen mächtigen Playern ausgepokert. Von Subjekten, die das Spiel zu spielen verstehen. Seit langer Zeit schon. Wir Milliarden unbedeutender Menschen sind nicht mehr als sich selbst replizierendes Humankapital. Wir sind die Jetons auf den Spieltischen, die einfach nur hin und wieder den Besitzer wechseln. Die demjenigen zugeschanzt werden, der das bessere Blatt ausspielt. Oder die an denjenigen gehen, der am besten zu bluffen versteht.

Und im Bild zu bleiben: Dies erkennend, wäre es nicht ratsamer, auf den letzten Metern des schon verlorenen Rennens anzuhalten und sich endlich der zu engen, schmerzenden Treter zu entledigen? Nur kurz einmal durchatmen und am Seitenrand in die angebotenen Schnelltreter geschlüpft. Diese weicheren, viel bequemeren Schuhe. Solche, wie sie einem von der Seitenlinie aus von woken Sponsoren feilgeboten werden.

Wir müssen nur zugreifen und bereitwillig hineinschlüpfen. Dann müssen wir nicht länger dem Hauptfeld hinterherhinken. Werden nicht länger mehr zum Verliererfeld gezählt.

In meinen neuen Schuhen fällt mir vieles leichter. Zu den Schuhen habe ich auch ein neues Trikot erhalten. Von einem der vielen, woken Sponsoren des stattfindenden letzten Rennens auf deutschen Boden.

Auf dem neuen Shirt ist in regenbogenbunten Farben zu lesen, dass ich für Diversität bin und gegen Rassismus. Auf meinem Kopf schützt ein Cape in Tarnfarben meine Augen vor der Sonne. Ein weiteres Geschenk an mich, dafür, dass ich mich letztendlich besonnen hatte.

Meins erhielt ich von der Rheinmetall AG. Auf diesem ist ein Leopard-2 Panzer gestickt und zu lesen: „Es rasseln die Ketten – es dröhnt der Motor – Deutsche Panzer ins Ukrainekorps!“ Nun, wenn es gut für den Frieden ist und viele Menschenleben rettet. Ja, warum denn auch nicht!?

Mein Handgelenk ist von einer 5G-sendefähigen Smartwatch umschlossen, die in Echtzeit meine Körperfunktionswerte wie auch den Grad von Stress, Wut oder Angst an die Zentrale für Gesundheit in Berlin überträgt. Zu wissen, dass sich an höherer Stelle um meine Gesundheit gesorgt wird, tut gut und gibt mir ein Gefühl von Geborgenheit.

Derart neu ausstaffiert kann ich schnell zum Hauptfeld aufholen. Dort angekommen fühlte mich gut aufgehoben. Wir alle, die vorneweg liefen, wir bildeten eine verschworene Einheit. Schauten wir uns um, sahen wir hinter uns die Abgehängten taumelnd und hinkend. Die Verlierer in den schlechten, sie schmerzenden Schuhen. Ohne Sponsoren. Ohne Beistand und Hilfe hatten sie kaum eine Chance. Wir konnten hören, wie sie ausgebuht und beleidigt wurden. Sollte es trotzdem jemand geschafft haben, ein wenig aufzuschließen, so wurde er von außen aus dem Rennen genommen. Schnell und effektiv. Wie es sich gehört. In heutiger Zeit.

Ja, ich fühlte mich so viel besser in meinen neuen Schuhen. So viel besser ausgestattet, versorgt und umsorgt von den guten Menschen. Inmitten meiner vielen Mitläufer vorneweg in diesem Rennen. Dem finalen Endsieg so nah.

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