Toddn Kandzioras Wochenrückblick 51/2021

Das Beste kommt zum Schluss und die Hoffnung stirbt zuletzt

von Toddn Kandziora (Kommentare: 1)

Die positiven Gefühle unseres Kolumnisten Toddn Kandziora speisen sich aus Erinnerungen seiner Jugend und den Jahren vor Corona. Das Leben von heute verschafft ihm kein gutes Gefühl.© Quelle: Screenshot: YouTube / rbb Doku

Heiligabend morgens um halb acht. Also eigentlich ja eher Heiligmorgen. Im Radio wird in diesem Moment Steinmeiers Weihnachtsansprache gelobhudelt. In dieser dankt er der großen, stillen Mehrheit im Land. Derer die alles mitmachen.

Entblödet sich nicht, einem von den Seinen herbei gerufenen Geist unserer neuen Zeit entsprechend auf einen kleineren Teil der Bevölkerung zu schimpfen. Was ich zwischen seinen Sätzen heraushöre empfinde ich als zutiefst verstörend, befremdlich und auch gefährlich.

Ich verstehe sehr gut, was dieser nicht von mir gewählte Bundespräsident mir in seiner Weihnachtsansprache mitteilen will. Dass ich mich der guten, von ihm erwähnten stillen Mehrheit im Lande anzuschließen habe, indem ich mich endlich auch spritzen lasse. Nicht einmal. Nicht zweimal geimpft. Nicht einmal geboostert, nein, mindestens noch zweimal nachgespritzt. Denn gestern hat Herrn Drosten erklärt, dass erst die vierte Spritze mich vom kranken Elend erretten wird, mich wahrhaftig zu schützen vermag. Vier Spritzen, die es braucht zur Glückseligkeit. Auch zu meiner.

Lasse ich mich endlich spritzen, dann werden mir Freiheits- und Menschenrechte zurückgegeben. Natürlich nicht alle, die ich vor 2020 hatte. Das wird nie wieder möglich sein. Zumindest wird mir das Recht eines Friseur- oder Restaurantbesuches gewährt. Ich werde, sollte nicht gerade ein weiterer Lockdown ausgerufen werden, mir eine Kinokarte kaufen oder ein Konzert besuchen können.

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Vor allem aber und das ist die Gnade dieser Zeit, mich als Mensch fühlen dürfen. Als ein wertiges Mitglied der guten Gemeinschaft. Ich werde, bin ich mehrfach gespritzt, nicht länger als Gefährder eingestuft. Bin weder dumm noch asozial. Nicht weiter ein Querulant und Querdenker. Dann, ja dann werde ich nicht mehr als terrorisierendes Element in die rechte Ecke gestellt. All das wäre ich nicht mehr. Nach den Spritzen bin ich erst Mensch. Darf ich wieder sein.

Und nun ist aber auch gut mit allem Schlechtem für dieses Kolumnenjahr. Ich will jetzt aufhören mit meiner lästigen Unkerei. 2021 hat sich in wenigen Tagen erledigt. In das neue Jahr, das dritte Jahr Corona, werden wir wiederholt ohne Raketen und Böller eintreten. Weil es besser für die Umwelt ist und weil wir nicht zusammenfinden sollen. Weil es so gefährlich ist, Silvester zu feiern. Auf der Straße, um Mitternacht mit einem Walzer in das neue Jahr zu tanzen oder einfach nur gemeinsam spazieren zu gehen.

Fünfzig Mal habe ich in diesem Jahr jetzt über den täglichen Irrsinn im neuen Normal geschrieben. Meinen kruden Gedanken und sorgenreichen Empfindungen versucht mit Worten Luft zu machen. Ich habe nicht wenig Freunde durch meine Schreibe verloren, aber auch neue gefunden. Wie viele von euch.

Ich habe gelacht, geweint, gewütet und war fast am Verzweifeln ob der verordneten Maßnahmen und Drohungen seitens der alten wie der neuen Regierung und ihrer Medien. Manch Zeitungsartikel oder Radiomeldung ließ den Blutdruck in gefährliche Höhen schießen und das Herz durch perfide, medial erzeugte Angsterzeugung schneller schlagen, als es sollte. Körper, Geist und Seele stehen seit fast zwei Jahren tagtäglich unter Dauerbeschuss eines, so scheint es mir, unbezwingbar erscheinenden, allmächtigen Gegners. Diesem namenlosen, nicht zu erklärenden Etwas ohne Gesicht, das mir und uns allen nicht guttut. Das viel zu lange schon das Gute verspricht jedoch das Böse nährt.

Vor vielen Jahren Ende der Siebzigerjahre, als das Land, ja die ganze Welt eine andere war und noch vier Milliarden Menschen weniger auf dieser herum wuselten, zu leben und zu überleben versuchten, da ging ich am Heiligabend durch Wolfenbüttel. Diese kleine Stadt am Rande des Vorharzes war im Zweiten Weltkrieg fast gänzlich von Bomben verschont geblieben. Aus gutem Grund wurde in Wolfenbüttel unter anderen die Neuverfilmung der Feuerzangenbowle gedreht.

Am damaligen Heiligabend glich die Stadt Lessings der Kulisse eines Weihnachtsmärchen von Walt Disney. Es hatte schon Tage zuvor ordentlich geschneit und weißer Schnee lag Zentimeter hoch auf den Ziegeldächern und gepflasterten Straßen. Die Innenstadt aus Jahrhunderte altem Fachwerk war festlich geschmückt und während ich meine Weihnachtseinkäufe tätigte, die ich schon damals bis auf den letztmöglichen Tag aufschob, wurde ich von diesem Weihnachtszauber eingefangen. Einem Zauber, den ich bis heute in meiner Erinnerung wie einen kleinen Schatz verwahre. Diesen so besonderen Heiligabend, an dem alles zu stimmen schien. Heiligabend in einer Märchenkulisse aus Schnee, funkelnden Sternen, Lichtergirlanden und den Gerüchen, die der mittelalterliche Weihnachtsmarkt aufzubieten hatte. Inclusive mehrere Glühweine mit Schuss, die ich mit meinen damaligen Freunden aus der Schule in geselliger Runde trank. Ohne 2G. 3G. 1G+ sonstwas G´s. Ohne Mundschutz. Ohne mRNA Impfschutz. Ohne Ängste haben zu sollen. Vor seinen Nächsten. Den Menschen an sich.

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Schaue ich am heutigen Heiligabend aus dem Fenster, sehe ich Grau in Grau. Weder Schnee noch festlich beleuchtete Straßen oder bunte Fenster. Viele Menschen, so scheint es, haben nur wenig Interesse, Häuser oder Fenster noch bunt-festlich zu schmücken. Warum auch und für wen denn noch? Weihnachtsmärkte haben wegen der neuen „Virusvariante“ aus Afrika seit Tagen wieder geschlossen. Es regnet. Draußen hat es fünf Grad über null, es ist feucht, klamm und nasskalt und wir Menschen haben uns angepasst. Nicht nur an das Wetter. Alles, was ich heute an guten Gefühl in mir finden kann, ist die besondere Erinnerung an diesen einen Heiligabend meiner Jugend.

Das Land, in dem ich lebe, ist ein anderes als das meiner Jugend. Es hat sich verändert. Wie die ganze Welt nun auch. Fahre ich - und das immer seltener - in eine Stadt, so erkenne ich diese nicht wieder. Die Menschen, die heute in den Städten leben, diese kommen aus vielen anderen Ländern und sie wissen sich in unseren ehemaligen Städten gut einzurichten.

Diese Menschen haben ihre ganz eigenen Bräuche und Sitten und eine andere Religion. Sie brauchen unser altes christliches Weihnachtsfest nicht. Die Menschen, die heute in den Städten leben, sie feiern ihre eigenen Feste. Welche immer das sein mögen. Mögen sie in Einigkeit, mit Recht und in Freiheit feiern.

Alles, was ich heute an positiven Gefühlen in mir finden kann, das sind die guten Erinnerungen meiner Jugend und unserer letzten freien Jahre vor Corona. Das Leben, das ich vor mir vor uns allen sehe, was ich denke, von diesem zu erwarten zu haben, verschafft mir kein gutes Gefühl.

Ich wünsche allen einen guten, besinnlichen ersten und zweiten Weihnachtstag und Hoffnung, Kraft und ein nicht zu brechendes Rückgrat im nächsten Jahr. Das Jahr drei Corona.

Schauen wir mal was es uns bringen mag.

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