Die meisten deutschen Auswanderer zieht es in die Gegend um Playa del Carmen

Auswandern – Mexiko

von Corinne Henker (Kommentare: 1)

Für (wohlhabende) Rentner und Selbständige ist es recht einfach, eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten© Quelle: privat

Mexiko ist eine Herausforderung – und ich liebe Herausforderungen. Obwohl Mexiko im Mexikanisch-Amerikanischen Krieg (1846-48) fast die Hälfte seines Territoriums an die USA verlor, gehört es mit einer Fläche von knapp zwei Millionen Quadratkilometern zu den fünf größten Staaten des Doppelkontinents.

Mexiko verfügt nicht nur über vielfältige Landschaften und klimatische Bedingungen, sondern auch über eine faszinierende Geschichte und Kultur. Während unsere Vorfahren vor 3.000 Jahren noch in Hütten hausten, blühte an der Golfküste bereits die Kultur der Olmeken. Später folgten Teotihuacán, Zapoteken, Tolteken, Maya und Azteken. Zur Zeit der spanischen Eroberung 1517/18 lebten in der Region Tenochtitlán (heute Mexico City) bereits 200.000 Menschen.

Die spanische Kolonisierung beendete die Phase der indigenen Hochkulturen, die erzwungene Symbiose zwischen Spaniern und Ureinwohnern entwickelte sich jedoch zu einer ganz eigenen, ebenso faszinierenden Kultur. 1821 erlangte Mexiko die endgültige Unabhängigkeit von Spanien. Das folgende Jahrhundert war erschüttert von Kriegen und Rebellionen. Von 1864-66 gab es mit Maximilian kurzfristig einen Kaiser aus dem Geschlecht der Habsburger, sein Domizil kann man im Bosque de Chapultepec in Mexico City bewundern.

Auch die letzten 100 Jahre waren schwierig: gewaltsame Unruhen, Korruption und Drogenkriminalität. In Sachen Korruption und Drogenkriminalität hat sich bis heute nicht viel geändert. Die Gewalt ist lokal sehr unterschiedlich ausgeprägt und steht meist mit den Drogenkartellen in Verbindung. Neben Morden finden auch Entführungen und Raubüberfälle deutlich häufiger statt als in den USA.

Die wirtschaftliche Entwicklung ist vielversprechend. 2020 lag das Bruttoninlandsprodukt pro Kopf auf ähnlichem Niveau wie in China, Brasilien oder der Türkei. Der IWF sagt der mexikanischen Wirtschaft für 2023 ein Wachstum von 2,6 Prozent voraus – während die deutsche Wirtschaft um 0,3 Prozent schrumpfen soll. Mexiko gehört zu den Staaten, die ein Interesse am BRICS-Beitritt geäußert, aber noch keinen offiziellen Antrag gestellt haben.

Ich war bisher dreimal in Mexiko. Es gehört zweifellos zu den krassesten Ländern, die ich je besucht habe. Man findet extremen Reichtum, eine vielfältige Kultur, das beste Essen zwischen Alaska und Feuerland – aber auch zehnjährige Kinder, die sich als Schuhputzer oder Souvenir-Verkäufer verdingen müssen, oder indigene Frauen, die im Teenageralter verheiratet werden und über keinerlei Rechte verfügen.

Unsere Rundreise im Mai/Juni 2021 von Mexico City nach Yucatán war ein Ergebnis der Corona-Politik: Mexiko gehörte zu den wenigen Ländern, die ihre Grenzen für ausländische Touristen ohne Test- oder Impfschikanen öffneten und in denen man sich auch recht frei bewegen konnte. Dummerweise fanden Anfang Juni die Präsidentschaftswahlen statt, was insbesondere in Oaxaca und Chiapas zu größeren Demonstrationen und Straßenblockaden führte. In San Cristóbal de las Casas (Chiapas) konnten wir erleben, wie der lokale Wahlkampf mit der Schusswaffe ausgetragen wurde – zum Glück nur in den lokalen Nachrichten, nicht als direkt Beteiligte.

Die Corona-Politik in Mexiko war durchwachsen. Es gab auch einen längeren strengen Lockdown, aber deutlich kürzer als hierzulande - oder in Argentinien. Masken und Temperaturmessungen waren in städtischen Regionen lange üblich, auch im Freien. Noch im November 2022 herrschte im Mexikanischen Konsulat in Frankfurt Maskenpflicht und im Januar 2023 im INM in Mexico City.

Auch in Mexiko gibt es Blockwartmentalität: in den Maya-Ruinen von Bonampak (Chiapas) waren wir die einzigen Besucher, aber man lief uns hinterher und ermahnte uns, den Lappen im Gesicht zu tragen. In Chichen Itzá (Yucatán) galt die Maskenpflicht für Besucher, aber nicht für die einheimischen Händler, die sich in Massen auf dem Gelände tummelten. In Chamula (Chiapas) besuchten wir eine offiziell katholische Dorfkirche, deren Boden mit Nadeln und Reisig bedeckt war. Es brannten massenhaft Kerzen, bei privaten Zeremonien wurde gegessen, getrunken, Hühner geopfert und niemand trug eine Maske. Herr Lauterbach hätte sich gefreut: Tierquälerei, Feinstaub, Brandgefahr und totale Missachtung der Corona-Regeln.

Am schlimmsten waren vermutlich die Auswirkungen der „Maßnahmen“ auf die Bildung. In Mexiko besitzen die Lehrergewerkschaften einen großen Einfluss. Nach Aussage unseres Guides werden Lehrerstellen direkt von den Gewerkschaften gekauft, eine umfassende Ausbildung ist keine zwingende Voraussetzung.

Streiks sind häufig, der Lohnausgleich ist für mehrere Wochen pro Jahr eingeplant. Während der „Pandemie“ nutzten die Lehrergewerkschaften die Gelegenheit für eine sehr lange komplette Arbeitsverweigerung. Wenn überhaupt, wurden die Schüler über Bildungsprogramme im Fernsehen unterrichtet - in vielen ländlichen Regionen also gar nicht. Bekannte von uns, die wegen der hiesigen Corona-Schikanen Anfang 2022 nach Mexiko umgesiedelt sind, unterrichten ihre Kinder selbst. In den großen Städten gibt es auch gute Privatschulen.

Erwähnenswert sind außerdem die Erdbeben- und Tropensturm-Gefahr, erstere mehr in den westlichen Berg- und Küstenregionen, letztere mehr auf der Yucatán-Halbinsel. Auch längere Stromausfälle sind keine Seltenheit - nicht verwunderlich, wenn man sich Chaos der Leitungen selbst in guten Wohnvierteln anschaut. Wer noch immer nicht abgeschreckt ist, findet hier nähere Informationen. Für Arbeitnehmer ist Mexiko weniger interessant, ein Arbeitsvisum erhält man nur mit Jobangebot und hier werden Mexikaner bevorzugt.

Für (wohlhabende) Rentner und Selbständige ist es recht einfach, eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten. Man braucht „nur“ einen gewissen Kontostand, den man durch Kontoauszüge der letzten 12 Monate nachweisen muss, Aktiendepots werden auch anerkannt, nicht aber Firmenbeteiligungen, Immobilien etc. Für die Residencia Temporal muss derzeit ein durchschnittlicher monatlicher Saldo von 41.316 €, für die Residencia Permanente von 165.264 € nachgewiesen werden.

Diese Angaben gelten für den Hauptantragsteller, wenn Familienmitglieder mit auswandern, wird es nur unwesentlich mehr. Allerdings wird die Residencia Permanente ab diesem Jahr nur noch an den Hauptantragsteller vergeben, der Rest der Familie erhält die Residencia Temporal.

Die Residencia Temporal gilt für vier Jahre, muss aber nach einem Jahr in Mexiko verlängert werden. Nach vier Jahren kann sie in die Residencia Permanente umgewandelt werden. Eine mexikanische Staatsbürgerschaft erhält man nach frühestens fünf Jahren als Resident, wobei man in den letzten zwei Jahren in Mexiko gelebt haben muss. Ansonsten sind keine Aufenthaltsbedingungen an die Residencia gebunden, ein großer Vorteil z.B. gegenüber Kanada.

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Neben dem Vermögensnachweis benötigt man nur einen Reisepass und den ausgefüllten Visumantrag (englisch). Man vereinbart einen Termin in der mexikanischen Botschaft oder dem Konsulat, verbringt dort mehrere Stunden und erhält dann ein Visum im Reisepass, auf dem die Art der Aufenthaltsgenehmigung vermerkt ist.

Danach hat man 180 Tage Zeit, um in Mexiko den „CANJE“-Prozess zu erledigen: den Umtausch des Visums im Pass gegen eine Plastikkarte. Bereits bei der Immigration am Flughafen muss man darauf aufmerksam machen, dass man nicht als Tourist, sondern als Resident einreist. Dies muss im Pass vermerkt werden („CANJE“).

Innerhalb von 30 Tagen nach Ankunft muss man sich bei einer lokalen Einwanderungsbehörde (INM) vorstellen, um die Resident-Karte zu beantragen. Dafür braucht man ein sogenanntes FMM-Formular, dass meist nur online ausgefüllt werden muss. Und hier wird’s kompliziert: mein Antrag wäre fast an einem Punkt im Reisepass (geb.) gescheitert. Es empfiehlt sich deshalb, einen lokalen Migrationsberater zu engagieren.

Die Dauer bis zum Erhalt der Plastikkarte variiert stark von Ort zu Ort. In Mexico City stellte sich ein Mitarbeiter unserer Beraterin nachts beim INM an, wir erhielten einen Termin am Folgetag und hatten nach etwa 4 Stunden die Karten in der Hand. In Playa del Carmen (Quintana Roo) kann der Prozess drei Wochen dauern. Während dieser Zeit darf man das Land nur mit Genehmigung in dringenden Fällen verlassen - oder man muss wieder von vorn anfangen. Auch bei der Ausreise muss man einen speziellen INM-Schalter am Flughafen aufsuchen, um seine Aufenthaltsgenehmigung nicht zu verlieren. Das funktioniert immerhin schnell und unkompliziert.

Und wo kann man sich niederlassen?  Das ist - wie immer - Geschmackssache. Umfassende Informationen zum Leben als Ausländer in Mexiko findet man u.a. hier.
Die meisten deutschen Auswanderer zieht es in die Gegend um Playa del Carmen (Quintana Roo): sie ist über den Flughafen Cancun von Deutschland aus recht gut zu erreichen. Die Region ist stark touristisch geprägt und bietet die entsprechenden Annehmlichkeiten https://mexicorelocationguide.com/playa-del-carmen/ .

Allerdings sind die Strände an der Riviera Maya in der Realität nicht mehr so schön wie auf den Fotos: zumindest in der Regenzeit (Mai bis Oktober) sind sie voll von stinkenden Algen, die das Baden im Meer praktisch unmöglich machen.

Schöne Strände ohne Algen gibt es zum Beispiel nördlich von Mérida (Yucatán) , am Pazifik (z.B. Puerto Vallarta, Jalisco oder Mazatlan, Sinaloa)
oder auf der Baja California.

Mexico City ist ein Moloch mit mehr als 20 Millionen Einwohnern, aber es hat seine Reize: das historische Zentrum mit den Überresten des Templo Mayor, den Bosque de Chapultepec, die hübschen und sicheren Viertel Polanco (hier befindet sich das INM), Roma und Roma Norte, Condesa und Coyoacán (mit dem Geburtshaus von Frida Kahlo). Auch ein Bummel durch die unzähligen Museen (zum Teil kostenlos), eine Bootsfahrt mit Mariachi-Begleitung durch die Kanäle von Xochimilco oder ein Besuch beim Lucha Libre https://www.youtube.com/watch?v=TEJXe2t3tPs sind interessante Freizeitbeschäftigungen.

Auch die Umgebung hat einiges zu bieten, u.a. die Pyramiden von Teotihuacán oder die Kolonialstadt Puebla. Nur die Fahrt aus der Stadt ist deprimierend: nicht nur wegen des chaotischen Verkehrs, sondern auch wegen der riesigen Slumviertel, die sich in jeder Himmelsrichtung an die Berghänge kleben. Die bunte Bemalung hilft da auch nicht weiter. Auch die Umweltverschmutzung ist ein Problem.

Wer es nicht ganz so riesig mag, findet hübsche Kolonialstädte mit angenehmem Klima im Hochland: Santiago de Querétaro (Querétaro), San Miguel de Allende (Guanajuato), Oaxaca (Oaxaca), San Cristóbal de las Casas (Chiapas) oder Guadalajara (Jalisco).

Guadalajara ist mit 5,4 Millionen Einwohnern nicht gerade gemütlich, aber dafür hat es kulturell sehr viel zu bieten. In der Nähe befindet sich der Lago de Chapala, an dessen Ufern es sich auch ganz gut leben lässt. Zum Baden ist er allerdings nicht geeignet. Außerdem ist es von Guadalajara nicht weit bis nach Tequila. Wer Mezcal bevorzugt, findet diesen (mit und ohne Wurm) am besten in der Provinz Oaxaca.

Wer nach Mexiko auswandert, sollte keine europäischen Lebensbedingungen erwarten. Die Uhren ticken hier langsamer, „mañana“ heißt nicht unbedingt „morgen“, sondern eher “irgendwann, aber nicht heute“. Es gehört zum guten Ton, mit Handwerkern erst einmal ein Schwätzchen über die Familie zu halten, statt gleich Arbeitsanweisungen zu geben. Auf keinen Fall sollte man den arroganten Gringo heraushängen lassen, sondern sich an die örtliche Kultur anpassen, lokal einkaufen, wenn möglich, auch die Gemeinde mit seinen Fähigkeiten unterstützen.

Auch wenn man in einer Region mit vielen (englischsprachigen) Migranten lebt, sollte man unbedingt Spanisch lernen. Das Erlernen der Landessprache und die Anpassung an die lokale Kultur empfiehlt sich natürlich immer, wenn man sich längere Zeit im Ausland aufhält. Deutschland ist vermutlich das einzige Land der Welt, in dem Integrationsverweigerung als besondere Lebensleistung anerkannt wird.

Auswandern – Eine Serie

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