Toddn Kandzioras Wochenrückblick 10/2021

Alles was bleibt: Musik und eine Grillwurst

von Toddn Kandziora (Kommentare: 1)

Mit guter Musik kann ein traurig gestimmter Mensch besser über den Tag kommen. Musik gibt uns Lebensmut. Musik hilft uns über den Berg, wenn wir einmal unten sind.© Quelle: Pixabay / blitzmaerker

Rockt das Leben! Dafür ist es nämlich da. Zum Spaß haben. Zum Lieben. Zum Feiern. Zum Leben eben. Wir sind doch nicht für diesen so kurzen Moment auf der Erde erschienen, um uns über Jahre hinweg in Angst halten zu lassen. Uns von gewählten Personen verbieten zu lassen, uns zu vertrauen, als Menschen zu umarmen, uns zu lieben. Whatever. Wenn wir uns unsere Menschlichkeit nehmen lassen, dann haben wir uns das Recht, Mensch zu sein nehmen lassen.

„Das sind jetzt noch drei, vier schwere Monate, März, April, Mai, Juni.“ Diese interessanten Worte sprach vor einigen Tagen Angela Merkel. „Viele Menschen sind müde.“ Das sagte Frau Marie-Luise Anna Dreyer, die seit 2013 für die SPD die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz spielen kann und am Sonntag sehr wahrscheinlich für eine weitere Saison von den Wählern ihres Bundeslandes verpflichtet wird.

Sicher nicht nur aus dem Grunde, weil sie solch emotionalen Sätze zu verkünden in der Lage ist. Und ja, ich stimme Frau Malu Dreyer zu, auch ich bin inzwischen müde geworden. Müde und recht mürbe. Wie ich von heute an weitere drei, vier Monate unter Frau Merkel und ihrer durchgeknallten Bagage durchstehen soll? Keine Ahnung. Muss ja. Aber nicht jammern und klagen. Nicht lang schnacken, Kopf in Nacken und den großen Frust, meine Wut und die Sorgen hinuntergeschluckt.

Dann halt noch einmal drei, vier Monate ohne Fußfessel in der Wohnung abgesessen. Und dann? Im Juni dann. Was wird dann sein? Wird dann alles wieder gut sein? Werde ich in diesem Jahr mit ein paar Kumpels im Garten meinen Geburtstag ohne Maske und ohne Abstand in Freiheit feiern dürfen? Ohne das wir Angst haben müssen, für die Wurst auf dem Grill verpfiffen und verhaftet zu werden? Werden wir uns nach Merkels Ansage weiterer, schwerer Monate nach diesen endlich wieder umarmen dürfen? Ohne das uns nicht nur das schlechte Gewissen bestraft?

​Stehe ich eigentlich allein mit diesem zur Abnormität verurteilten Gefühl im heutigen falschen Leben, dass ich mich wieder menschlich verhalten will? Mich menschlich fühlen will? Vielen wird es heute wohl ähnlich gehen. Sie haben fast vergessen, wie es sich anfühlt, einen Freund (oder Freundin) sorglos in die Arme zu nehmen. War es das alles wert, derart entmenschlicht worden zu sein? Ihre Bestimmungen befolgt und Entscheidungen mitgetragen zu haben? Ich zweifle mehr denn je.

​Musik hilft mir dieser Tage über den täglichen Frust. Ich höre seit einem Jahr wieder viel Musik. Aus der Konserve. Die alten CDs oder Vinylscheiben. Auch bei YouTube gibt es Tausende guter Liveshows und Song zu genießen. Dafür ist diese Musiktube recht gut. Aber echte, richtig gute Livekonzerte? Nun, die gibt es wohl auch in diesem Jahr kaum zu erleben. Weder die großen Festivals noch bessere Klubkonzerte.

Die großen Festivals waren eh nie so mein Ding und einige der größten, die wurden diese Woche zum zweiten Mal, wegen der großen Gefahr, sie wissen schon - abgesagt. Die Tickets des letzten Jahres sollen ihre Gültigkeit aber auch für das nächste Jahr behalten. Und für 2022? Das Virus wird es dann ja noch geben. Das ist nun einmal da. Aber Livekonzerte, ob es die dann noch geben wird? Möglich ja. Aber sicher weniger. Viel weniger Livekonzerte wird es in der Zukunft geben. Aus Gründen.

Viele Klubs, Läden, Hallen, überhaupt Auftrittsmöglichkeiten haben schon für immer geschlossen oder werden noch dichtmachen. Die wird es definitiv nicht mehr geben. Auch die Zahl der Bands wird sich zwangsläufig im letzten Jahr verringert haben. Selbst ein gemeinsames Proben war über so viele Monate verboten. Viele der kleineren bis mittelgroßen Bands haben sich wegen finanzieller Notlage erledigt. Doch die großen, die bekannten Bands, die mit den fetten Rücklagen und Verträgen, die wird es nächstes Jahr noch geben. Hoffen wir dann mal, dass diese in die Jahre gekommenen Kapellen nach zweijähriger Zwangspause noch fit genug zum Rocken sind, bzw. genug derer Bandmitglieder die verordnete Langeweile überlebt haben.

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​Zurück zur Musik. Mit guter Musik kann ein traurig gestimmter Mensch besser über den Tag kommen. Musik gibt uns Lebensmut. Musik hilft uns über den Berg, wenn wir einmal unten sind. Wir tanzen zu Musik im Regen, wenn wir verliebt sind und sie begleitet uns bis zum Tode. Seit Jahrhunderten. Musik ist so wichtig, dass manch einer von uns sich zu Lebzeiten Gedanken darüber macht, in welcher Reihenfolge welche Lieblingslieder auf seiner Beerdigung gespielt werden. So wird manch letzter Gang von im Leben geliebten und verehrten Musikern und Musikerinnen begleitet.

Eher selten wird es jedoch vorkommen, dass sich jemand eine politische Rede zu seiner Beerdigung wünscht. Da müsste dieser Jemand entweder zu Lebzeiten ein recht sonderbarer Mensch gewesen sein oder einfach nur pervers. Ich meine jetzt mal im Ernst, stellt euch vor, ihr geht auf eine Beerdigung und zum Abschied erklingt die letzte Neujahrsrede von Frau Merkel. Unvorstellbar oder? Das zeigt doch klar auf, was wirklich wichtig war, einen Wert hatte. Musik ist wichtig, weil sie uns berührt. Frau Merkel oder jeder andere Politiker hat letztendlich wenig bis keine Bedeutung für uns. Jedenfalls nicht im Guten. Eher im bösen Leben. Und in diesem bösen Leben, nun, da berührt mich derzeit Frau Merkel. Und dies ist jetzt der Zeitpunkt, diese Frau aus der Kolumne zu schmeißen.

​Egal wie hart es die letzten Monate kam. Egal wie korrupt sich wieder einige unser gewählten „Volksvertreter“ im Masken-Business offenbarten. Egal wie all die entseelten Eliten aus Wirtschaft, Politik und Medien agieren mögen. Wenn ich eine Scheibe meiner hochverehrten RAMONES auflege, dann bekomme ich die Extraportion „Power", um all das besser ertragen zu können. So schlecht mancher Mensch und die Situation auch sein mag, so gut kann die Musik sein. Es müssen ja nicht gerade die RAMONES für alle sein. Für mich darf es beizeiten auch eine Symphonie von Edvard Grieg in C-Moll sein. Eine Kantate von Bach. Eine Komposition von Debussy. Eine Ouvertüre von Tschaikowsky. Oder Lemmy von MOTORHEAD, der mir den nötigen Tritt in den Arsch gibt, den es braucht, um den Tag zu bestehen. Die BEACH BOYS, die ich gerne höre, wenn im Juni die Apfelbäume im Garten blühen. Einen alten Country Song von HANK WILLIAMS, wenn die Sonne hinter den Bergen untergeht und das gut gekühlte Bier zum Grillen lockt. Musik kann, nein, Musik ist ein Heilmittel gegen vieles, was uns schlecht und mies erscheint. Was uns krank machen kann.

Musik kann geradezu ein göttliches Geschenk in der gegenwärtigen Depression sein. Dieser weltweiten großen Trübsal, die wir alle erdulden müssen. Egal ob jemand nun die Klassik bevorzugt, den Jazz, Blues, Country, Hip-Hop, Rock-n-Roll oder Death Metall. Was auch immer. Völlig egal. Hauptsache, es ist gute Musik. Legt eine eurer Lieblingsscheiben auf den Teller und vergesst für kurze Zeit all den ganzen Scheiß um euch herum. Rockt das Leben! Dafür ist es nämlich da. Zum Spaß haben. Zum Lieben. Zum Feiern. Zum Leben eben. Wir sind doch nicht für diesen so kurzen Moment auf der Erde erschienen, um uns über Jahre hinweg in Angst halten zu lassen. Uns von gewählten Personen verbieten zu lassen, uns zu vertrauen, als Menschen zu umarmen, uns zu lieben. Whatever. Wenn wir uns unsere Menschlichkeit nehmen lassen, dann haben wir uns das Recht, Mensch zu sein nehmen lassen.

​Wenn irgendwann einmal, wenn es uns alle schon lange nicht mehr geben wird, eine unbekannte Spezies mit einem echt schnellen Raumschiff auf dieser Erde landen sollte. Nur einmal so angenommen. Und diese Wesen werden (wie immer geartete) gesicherte Aufzeichnungen über uns finden, die von den letzten Menschen für genau so eine Begegnung deponiert wurden, damit diese die Geschichte der Menschheit erfahren. Was werden sie wohl über uns, die Menschen denken mögen? Das der Mensch großartig darin war sich gegenseitig umzubringen um letztendlich die eigene Spezies zu vernichten? Dass er die meiste Zeit seines Lebens damit verbrachte, etwas zu bekommen und zu vermehren, was sich Geld nannte, damit er sich Dinge kaufen konnte, die er meistens nicht brauchte? Dass er Gott und Götter anbetete, nicht aber die Schöpfung? Sicher wird sich unser unbekannter Besucher seine Gedanken darüber machen, warum wir miteinander so böse und böse mit den Dingen waren.

Doch ich denke, am meisten wird er sich wundern, dass der Mensch so etwas Großes, so etwas wunderbar Schönes wie Musik erschaffen konnte. Trotzdem.

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