Über Spionage aus China und eine konservative Konferenz in Budapest

Der Fall Jian G.: Dass Krah nicht informiert wurde, ist ungewöhnlich und erklärungsbedürftig

von Hans-Georg Maaßen (Kommentare: 4)

„Die meisten Staaten des Westens haben die gleichen Probleme mit der Bedrohung durch den totalitären Wokismus und Neosozialismus wie wir.“© Quelle: privat

Hans-Georg Maaßen über einen chinesischen Spion im Büro des EU-Abgeordneten Maximilian Krah (AfD) und über eine Reise nach Budapest ins Herz eines neuen europäischen Konservatismus samt Hoffnungen, die Dr. Maaßen mit Viktor Orbán verbindet.  

Der Fall eines mutmaßlichen China-Agenten im Büro des EU-Abgeordneten Maximilian Krah hält eine Reihe von Fragen an den Geheimdienstexperten Dr. Maaßen bereit: Kann es sein, dass so jemand bei den Diensten einfach durchs Raster fällt und deshalb das Büro Krah nicht informiert werden konnte? Kann so ein Fall verloren gehen seit 2007?

Das kann ich ohne Aktenkenntnis nicht sagen. Normalerweise wird jemand, der als Agent oder Informant aufgefallen ist, auch in geheimdienstlichen Registern geführt. Und insoweit ist sein Name gespeichert. Es gibt natürlich Löschungsfristen bei der Datenhaltung. Vermutlich hatten die Sicherheitsbehörden Erkenntnisse über Jian G., die damals wohl nicht so durchgreifend waren, dass sie zu einem Strafverfahren gegen ihn führten. Herr Krah war zur damaligen Zeit kein Mandatsträger auf Bundes-, Landes- oder Europaparlamentsebene, so dass die Behörden vermutlich zu dem Ergebnis kamen, dass eine Unterrichtung zu unterbleiben hat.

Aber als Maximilian Krah dann Mandatsträger und Jian G. in seinem Büro angestellt wurde, hätte da nicht jemand automatisch auf ein Knöpfchen drücken müssen, oder ist das zu simpel gedacht?

Wenn Daten über eine Einzelperson beim Verfassungsschutz gespeichert sind, dann bedeutet es nicht, dass er ewig als Informant oder Agent geführt wird und dass bei jeder Stellenbesetzung irgendwo in Deutschland die Daten abgefragt werden. Da muss es schon einen konkreten Anlass geben, dass dann die Daten abgerufen werden und eine Ansprache stattfindet. Aber diese China-Beziehung – wenn ich die Medienberichte richtig verstanden habe – wird ja schon seit längerem öffentlich diskutiert.

Und auch der Name des Jian G. wird scheinbar schon seit längerem in der Öffentlichkeit im Zusammenhang mit Chinalobbyismus genannt. Dass sein Chef oder die Parteiführung über die Verdachtsgründe zu Jian G. dem Vernehmen nach nicht offiziell von den Diensten informiert wurden, ist ungewöhnlich und erklärungsbedürftig.

Was können Sie Positives sagen über die Sicherheitsarchitektur der Bundesrepublik Deutschland mit Blick auf die Dienste und ihre Vernetzung?

Grundsätzlich hat sich diese Zusammenarbeit wesentlich verbessert. Eine Lektion hatte man gezogen aus 9/11, dem islamistischen Terroranschlag auf das World Trade Center 2001, wonach wir in Deutschland das gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum GTAZ eingeführt hatten, um die Zusammenarbeit zwischen Nachrichtendiensten und Polizeien zu verbessern. Und in Folge des NSU-Debakels sind vergleichbare Zusammenarbeitsformen auch für andere Arbeitsbereiche etabliert worden, so auch für den Bereich der Spionageabwehr.

Mitarbeiter der deutschen Dienste, des Bundeskriminalamts und der Generalbundesanwaltschaft treffen sich regelmäßig im Verfassungsschutz in Köln, um sich über aktuelle Fälle auszutauschen. Darüber hinaus gibt es gemeinsame Datenbanken, auf die die betreffenden Behörden Zugriff haben. Ich denke, dass sich in den letzten zehn Jahren vieles in der Zusammenarbeit verbessert hat.

Allerdings muss man auch feststellen, dass das Thema Spionageabwehr viele Jahre nicht oben auf der politischen Agenda stand. Die Politik meinte, wir leben in Zeiten des ewigen Friedens, und wir profitieren von der Friedensdividende und sparen im Bereich der Spionageabwehr Personal und Strukturen ein. Die Spionageabwehr wurde über viele Jahre nach der Wiedervereinigung stiefmütterlich behandelt. Und wenn einmal das fachkompetente Personal mit seinem Knowhow verloren gegangen ist, dann ist es schwer das Knowhow und die früheren Strukturen wieder aufzubauen.

Wie sieht das mit Wirtschaftsspionage aus?

Die Dienste können die Unternehmen vor Wirtschaftsspionage nur warnen und sie sensibilisieren. Ihre Firmengeheimnisse müssen sie grundsätzlich selbst schützen. Chinesische Wirtschaftsspionage war oftmals auch nicht notwendig, denn die Merkel-Regierungen hatten es China leicht gemacht, deutsche Weltklasseunternehmen zu kaufen und das Knowhow mitzunehmen.

Man braucht keine Wirtschaftsspionage, wenn man auf legalem Weg und dann auch noch mit relativ kleinem Aufwand die Unternehmen kaufen kann. Ich denke da an den Roboterhersteller Kuka, der trotz Warnungen der Dienste, dieses wichtige Unternehmen in deutscher Hand zu behalten, an China verkauft wurde. Die Merkel-Regierungen haben durch ihre Wirtschaftspolitik maßgebend dazu beigetragen, dass es einen legalen Knowhow-Transfer nach China gab und dass die deutsche Wirtschaft in eine Abhängigkeit vom kommunistischen China gebracht wurde.

Nicht zuletzt auch der Einstieg des chinesischen Staatskonzerns Huawei in die deutsche kritische Infrastruktur – nämlich der 5G-Infrastruktur – war auf den ganz besonderen Wunsch der damaligen CDU-Chefin hin ermöglicht worden, obwohl sich die Sicherheitsbehörden damals dagegen aussprachen.

Themenwechsel: Sie waren in der vergangenen Woche bei der CPAC-Konferenz von konservativen Politikern des Wahlkampfs in Budapest. Was erwidern Sie, wenn Ihnen jemand sagt, das war ein Treffen rechter Bösewichter?

Es war ein Treffen von Politikern, gesellschaftlichen Gruppen und von Wissenschaftlern aus ganz Europa und vielen Teilen der Welt, die konservative und freiheitliche Werte teilen und die den Neosozialismus und Wokismus als Gesellschaftsform ablehnen. Vor allem, die es ablehnen, dass wir in totalitäre Gesellschaften umgewandelt werden, in denen uns vorgeschrieben wird, wie wir zu leben, zu sprechen und wie wir unsere Kinder zu erziehen haben.
Wir hatten festgestellt, dass die meisten Staaten des Westens die gleichen Probleme mit der Bedrohung durch den totalitären Wokismus und Neosozialismus haben wie wir, aber in unterschiedlichem Ausmaß, und dass die abendländische freiheitliche Zivilisation in Gefahr ist.

Vor allem stellten wir fest, dass die Mehrheit der Bürger offensichtlich ähnlich denkt wie wir, dass aber die linken Ideologen mit allen Tricks eine demokratische Politikwende in unseren Ländern verhindern wollen. Budapest ist mittlerweile das europäische Hauptquartier der Normalen. Während in Brüssel die Ideologen regieren.

Was haben denn die „Neo-Sozialisten“, wie Sie sie nennen, übersehen, was da in Ungarn entstehen konnte? Was machen die Ungarn anders? Das ist ja erst einmal ein Wunder, dass diese Insel der Glückseligen überhaupt entstehen konnte ...

Ein Hauptgrund ist, dass Viktor Orbán, der in den 1990er Jahren schon einmal Ministerpräsident war und dann abgewählt wurde, erkannt hatte, dass die Medien, vor allem die Staatsmedien, von Linken und Linksextremen unterwandert waren. Orbán schlussfolgerte daraus, dass ohne eigene Medien und ohne eine Neutralität der Staatsmedien, Wahlen nur schwer gewonnen werden können. Ihm gelang es, die Medien ein Stück weit zur Ausgewogenheit zu zwingen und auch eigene Medienkanäle aufzubauen. Ihm war es dadurch gelungen, Anfang der 2000er Jahre wiedergewählt zu werden.

Orbán ist ein Fels in der Brandung in Europa. Er weigert sich, diese Repression aus Brüssel und Berlin, diesen ganzen woken und neosozialistischen Unsinn mitzumachen und gegenüber der Klimasekte Demutsbekundungen abzugeben.

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Welche Wertschätzung erfährt da ein Hans-Georg Maaßen oder eine Werteunion in Budapest? Wird das wahrgenommen dort?

Ich war der einzige Deutsche, der als Redner zu dieser Veranstaltung eingeladen war. In den Gesprächen vor Ort wurde mir vermittelt, dass viele Partner in Europa und in den USA froh sind, mit der Werteunion einen Partner in Deutschland gefunden zu haben. Ich habe den Eindruck gewonnen, dass auf der Werteunion und auch auf mir als Person große Hoffnungen ruhen, dass Deutschland als größter Staat der EU endlich wieder normal wird.

Die anderen Europäer haben längst begriffen, dass Deutschland die Lokomotive des Wokismus und des Neosozialismus in Europa ist und damit ein Zerstörungswerk an sich selbst und an Europa durchführt. Und diese Politik in Berlin hat direkt oder über die EU unabsehbare negative Auswirkungen auf andere europäische Staaten.

Deutschland ist einfach zu groß und zu bedeutend, als dass unsere europäischen Partner die Verrücktheiten der deutschen Politik einfach als deutschen Irrweg abtun könnten. Wenn Deutschland wirtschaftlich, gesellschaftlich und politisch kollabiert, kollabieren die EU und die europäischen Staaten. Die Werteunion wird deshalb als der einzige konservative Ansprechpartner in Deutschland wahrgenommen. Und das, obwohl wir als Partei noch ein Startup sind.

Ist man denn in Ungarn wirklich unter sich, oder haben sie das Gefühl, dass bestimmte Dienste dort auch zuschauen?

Ich kann mir vorstellen, dass die ungarischen Nachrichtendienste auch sehr sorgfältig sind, was jedenfalls eine Unterwanderung durch Russland angeht. Aber ich muss sagen, ich fühle mich in Ungarn sehr sicher. Sicher, was die allgemeine Kriminalitätslage angeht, aber auch sicher, was geheimdienstliche Nachstellungen und die Verfolgung politischer Oppositioneller angeht, wie wir sie derzeit in manchen europäischen Staaten erleben.

Ich erinnere daran, dass in manchen EU-Staaten Menschen wegen ihrer nichtwoken politischen Überzeugung oder wegen der Mitgliedschaft in einer nichtlinken Partei ausgegrenzt und diffamiert werden, ihren Job verlieren oder vom Geheimdienst verfolgt werden. In Brüssel war es vor wenigen Wochen kaum möglich, die konservative NatCon durchzuführen, weil der Veranstalter aus politischen Gründen keinen Raum bekam und der sozialistische Bürgermeister sie verbot, obwohl an der Veranstaltung sogar einige Regierungsmitglieder aus verschiedenen Staaten teilnahmen.

Was wir derzeit in Westeuropa erleben, gibt es in Ungarn nicht. Insofern ist Ungarn tatsächlich eine Insel der Normalität mitten in einem woken und verrückt gewordenen Europa. Orbáns Rede war kämpferisch und er machte klar, dass Ungarn nicht mehr bereit ist, nach der Brüsseler oder Berliner Pfeife zu tanzen.

Sie waren vor Ort. Sie haben auch eine Videobotschaft von Donald Trump gehört. War das ein Show-Act, eine Pflichtveranstaltung oder hatte der Amerikaner etwas zu sagen gehabt?

Dieses Grußwort von Donald Trump ist begeistert aufgenommen worden. Und das, obwohl mancher von den zahllosen Teilnehmern der CPAC Trump vermutlich durchaus kritisch sieht. Aber mit Trump wird der unbeugsame Wille gegen den Wokismus, gegen die Zerstörung unserer abendländischen Zivilisation und gegen den Neosozialismus verbunden.

Das, was dort als „progressive liberals“ bezeichnet wird, ist weitgehend deckungsgleich mit der Ideologie des Neosozialismus bei uns. Unser gemeinsames Ziel besteht darin, dass es in Washington zu einer Politikwende kommen muss, weil die Demokraten als „progressive liberals“ für den Wokismus stehen. Nur durch eine Politikwende in Washington und bei uns kann die Zerstörung unserer Gesellschaft gestoppt und rückgängig gemacht werden.

In Budapest saßen also auch Konservative, die Hoffnungen in einen Donald Trump setzen, dass das, wenn er wiedergewählt wird, auch Auswirkungen auf ein konservatives Europa hat?

Ja, sicher. Sehr viele haben die Erwartung, dass die Konservativen bei den Europaparlamentswahlen ein gutes Ergebnis erzielen. Und das im zweiten Schritt dann Trump wieder das Weiße Haus zurückholt, damit dieser woke Irrsinn, diese Kriegshetze, die Einschränkung der Menschenrechte und die Aggressivität dieser amerikanischen Biden-Administrationen aufhört und man in den USA wieder zur Normalität zurückfindet und damit letztendlich auch den Europäern ermöglicht, ohne den wokistischen Druck aus den USA ihren eigenen Weg zu gehen.

Wie beurteilen sie aktuell die Chancen der Werteunion? Wie soll der Angriff auf die Etablierten laufen? So viel Zeit bleibt ja nicht mehr bis zu den Landtagswahlen ...

Wir hatten die mediale Windstille der letzten Wochen genutzt, um unsere Parteistrukturen aufzubauen. Wir haben jetzt eine ganze Reihe von Landesverbänden aufgebaut und bereiten die Wahlkämpfe vor. Jetzt geht es darum, dass wir die mediale Schweigemauer durchbrechen und zu unseren Zielgruppen vorstoßen und uns bei ihnen bekannt machen.

Danke für das Gespräch!

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